Pflege durch interaktive Technologien verbessern : , Thema: Forschung
Forschung kann helfen, die Pflege zu verbessern. Nötig sind neben menschlicher Zuwendung auch technische Innovationen. So werden Pflegekräfte und pflegende Angehörige bei ihrer Arbeit entlastet und die Lebensqualität der Patienten verbessert sich.
Die Sicherstellung der Pflege von Menschen ist eine der größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft. Täglich sind mehrere Millionen Menschen in Deutschland auf Pflege angewiesen. Und die Zahl der Pflegebedürftigen steigt weiter. Damit kommen neue Herausforderungen auf die Pflege zu. Dies betrifft gleichermaßen Akutkrankenhäuser und Reha-Einrichtungen, die stationäre und ambulante Altenpflege, und auch die Pflege im eigenen Haushalt. Der wichtigste Teil guter Pflege ist die Achtung der Würde jedes einzelnen Menschen, seiner individuellen Möglichkeiten und die Selbstbestimmung und damit die Stärkung der Lebensqualität.
Zu einer guten Pflege können interaktive Technologien einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie informell und professionell Pflegende im Alltag physisch und psychisch entlasten und die Arbeitsqualität in den Pflegeberufen nachhaltig verbessern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert deshalb die Entwicklung und Erforschung von Pflegeinnovationen. Technik soll dabei nicht die Pflegenden ersetzen, sondern dort, wo es Belastungen gibt, begleiten, unterstützen und den Alltag erleichtern. Im Blickfeld sind dabei nicht nur beruflich Pflegende, sondern das gesamte Sorgenetzwerk. Eine wichtige Rolle spielen hier auch pflegende An- und Zugehörige wie Familie, Nachbarinnen, Nachbarn oder Freunde.
Cluster Zukunft der Pflege: Pflegeinnovationen in die Praxis bringen
Sensorik, Robotik und virtuelle Realität halten zunehmend Einzug in unseren modernen Alltag. Viele innovative technologische Entwicklungen wurden im Bereich der Pflege bereits vorangetrieben. Im nächsten Schritt gilt es, diese Innovationen in die Breite zu tragen und für Betroffene und Pflegende verfügbar zu machen. Der Einsatz neuer Technologien in der Pflegepraxis kann nur gemeinsam mit pflegebedürftigen Personen und ihren Angehörigen sowie den Pflegenden in den Pflegediensten, den Pflegeeinrichtungen und Kliniken erfolgreich erprobt und eingeführt werden. Das BMBF hat daher bereits 2017 das Cluster „Zukunft der Pflege“ gestartet. Im Cluster werden soziale und technische Innovationen in der Pflege zusammengebracht: Forschung, Wirtschaft und Pflegepraxis arbeiten gemeinsam an neuen Produkten, die den Pflegealltag in Deutschland erleichtern und verbessern können. Als erster Baustein des Pflegeclusters nahm im Juni 2017 ein bisher in Deutschland einmaliges Pflegeinnovationszentrum (PIZ) in Oldenburg seine Arbeit auf. Hier erforschen Ingenieurinnen und Ingenieure gemeinsam mit Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern neue Technologien. Seit Anfang 2018 gibt es ergänzend die Pflegepraxiszentren (PPZ) in Berlin, Freiburg, Hannover und Nürnberg, in denen neue Pflegetechnologien im pflegerischen Alltag erprobt werden. Die vier Zentren überprüfen die Praxistauglichkeit unterschiedlicher neuer Technologien in klinischen, stationären und ambulanten Pflegebereichen. Die Pflegepraxiszentren vermitteln ihr Know-how auch in die pflegerische Aus- und Weiterbildung und sichern damit die Innovationskraft der Branche. Insgesamt stellte das BMBF dafür bis 2022 bundesweit 20 Millionen Euro bereit.
Raum für Fürsorge schaffen
Mithilfe von interaktiven Pflegetechnologien werden Pflegefachpersonen und pflegende Angehörige zu Hause entlastet. Durch das Wiedergewinnen von Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit verbessert sich die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen. Dies gelingt aber nur dann, wenn Technik die individuellen Anforderungen und spezifischen Bedarfe der Einzelnen im Pflegealltag berücksichtigt. Nur wenn Pflegetechnologien als sicher, hilfreich und vertrauenswürdig eingestuft werden, kann sie akzeptiert werden und findet Einsatz im Pflegealltag.
Technische Innovation müssen deshalb auch Hand in Hand gehen mit sozialen Innovationen, also neuen Modellen für die Gesellschaft und Lösungen in Form von Produkten, Dienstleistungen, Handlungsweisen oder Vereinbarungen für unser gemeinsames Leben. Angesichts einer stetig steigenden Anzahl pflegebedürftiger Menschen bei gleichzeitigem Mangel an Pflege(fach)personal gilt es auch in der Zukunft den zeitlichen und persönlichen Handlungsspielraum für Fürsorge zu schaffen und zu sichern sowie einer Überlastung von allen Pflegenden – in den Einrichtungen und im privaten Umfeld – entgegenzuwirken. Hier können neben Entlastungs- und Beratungsangeboten interaktive Technologien eine wertvolle Unterstützung bieten. Dazu gehören Assistenzsysteme ebenso wie smarte digitale Anwendungen wie Datenbrillen. In der Erforschung und Entwicklung von Technologien arbeiten interdisziplinäre Forschungsteams daran, dass die Anwendungen ethischen, rechtlichen und sozialen Grundsätzen folgen.
Robotische Systeme in der Pflege
Der Deutsche Ethikrat hat im April 2020 eine Stellungnahme zum Thema „Robotik für gute Pflege“ veröffentlicht. Darin wägt er Chancen und Risiken beim Einsatz von Robotern in der Pflege ab und kommt zum Schluss: Die Robotik birgt das Potenzial, die Lebensqualität von Pflegebedürftigen zu verbessern und kann Pflegenden eine Hilfe bei ihrer täglichen Arbeit sein. Genau wie der Deutsche Ethikrat ist auch das BMBF jedoch der Ansicht, dass psychosoziale, gesellschaftliche und ethische Aspekte bei der Entwicklung robotischer Systeme für die Pflege besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Deshalb fördert das BMBF seit 2020 zehn Verbundprojekte, die den Einsatz von Robotik in der Pflegepraxis erforschen. Die Projekte folgen dabei dem Ansatz der integrierten Forschung, das heißt, sie beziehen ethische, rechtliche und soziale Aspekte von Anfang an mit ein. Dabei orientieren sie sich eng an den Bedürfnissen der in die Forschung eingebundenen Zielgruppen. Begleitet werden die Forschungsverbünde von dem Projekt „BeBeRobot“, das international eine bislang einmalige Rolle einnimmt: Es entwickelt Kriterien für die Bewertung des Robotik-Einsatzes in der Pflege und leistet so einen wichtigen Beitrag zur fachlichen Stärkung der Pflegewissenschaften sowie zum praktischen Einsatz von Robotern in der Pflege.