Wie kann der CO₂-Fußabdruck der Digitaltechnik vermindert werden? Antworten liefert der Innovationswettbewerb „Green ICT“. Zehn Forschergruppen sind dafür in den Wettbewerb um die beste Lösung gegangen. Nun stehen die drei Sieger des Wettbewerbs fest.
Hierzu erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek:
„Digitale Technik und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen. Deshalb arbeiten wir schon heute an Lösungen zur Frage nach „energieeffizienter Digitaltechnik“. Der Ressourcenverbrauch der fortschreitenden Digitalisierung nimmt immer größere Dimensionen an. Wir müssen durch Forschung und Entwicklung dafür sorgen, dass die Digitalisierung beim Kampf gegen den Klimawandel ein Teil der Lösung wird und nicht ein Teil des Problems. Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind zwei Seiten derselben Medaille. Ich möchte Deutschland zum Leitmarkt von nachhaltigen Technologien der Digitalisierung machen. Moderne Rechenzentren, das Internet der Dinge und KI-Anwendungen sind unverzichtbar für die Digitalisierung – verbrauchen aber auch eine Menge Energie. Hier sind dringend Innovationen gefragt. Das gilt insbesondere für die drahtlose Datenübertragung, die immer wichtiger wird, aber auch energieintensiv ist. Dazu haben die Wettbewerbsteilnehmerinnen und -teilnehmer aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf beeindruckende Weise beigetragen. Alle zehn Teams der Finalrunde, allen voran die drei Sieger des Wettbewerbs, haben hervorragende, neue Elektronik entwickelt und deren Potenzial für die Einsparung von Treibhausgasemissionen fundiert berechnet. Die Innovationen reichen von neuartigen Rechnerarchitekturen über adaptive KI-Prozessoren bis zu neuen Materialien und Schaltungen für die Hochfrequenz-Leistungselektronik. Die Lösungsansätze der drei Siegerprojekte versprechen in der praktischen Umsetzung Einsparungen von bis zu einer Million Tonnen CO2-Äquivalente an Treibhausgasemissionen pro Jahr in der Informations- und Kommunikationstechnik in Deutschland. In der zweiten Phase gilt es daher nun, die Lösungen in Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit Industriebeteiligung rasch weiterzuentwickeln und den Technologiereifegrad voranzutreiben. Dafür stellt mein Haus den drei Siegerprojekten bis zu 12 Millionen Euro an Fördermitteln bereit. Für die Umsetzung wünsche ich den Sieger-Teams viel Erfolg!“
Hintergrund:
Der Innovationswettbewerb „Elektronik für energiesparsame Informations- und Kommunikationstechnik“ gehört zur Initiative „Green ICT“ im Aktionsplan „Natürlich.Digital.Nachhaltig.“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und ist Baustein des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung. Die Projekte werden aus dem Rahmenprogramm „Mikroelektronik. Vertrauenswürdig und nachhaltig.“ gefördert. Die Preisträger wurden gestern in einer virtuellen Abendveranstaltung ausgezeichnet.
Am 1. Oktober 2020 waren zehn Forschergruppen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen in den Wettbewerb mit neunmonatiger Laufzeit gestartet, um ihr Konzept auszuarbeiten und dessen Einsparpotenzial für Energie und Treibhausgasemissionen auch unter Berücksichtigung von Reboundeffekten zu berechnen, soweit dies im jetzigen Stadium der Forschungsprojekte wissenschaftlich fundiert analysiert werden kann. Die Konzepte wurden am 30. Juni 2021 eingereicht und von einem Fachgremium begutachtet. Die nun ausgezeichneten Gewinner erhalten die Möglichkeit, ihre Ideen in von BMBF geförderten Projekten gemeinsam mit Industriepartnern umzusetzen.
Die Sieger:
1. Platz E4C:
- Koordinator : Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Gerhard Fettweis
- Organisation: Technische Universität Dresden - Professur für mobile Nachrichtensysteme
Inhalt
Das Projekt E4C entwickelt ein innovatives Konzept für eine neuartige, skalierbare Computerarchitektur, die aus spezialisierten Rechenknoten und einer neuartigen Datenbusstruktur (Datenübertragung zwischen Rechenkernen und –modulen) aus optischen und drahtlosen Kommunikationsverbindungen besteht. Sie kann in Edge-Servern in virtualisierten 5G-Funkzugangsnetzen eingesetzt werden und besitzt ein Energieeinsparpotenzial von bis zu 90 Prozent. Damit schlägt das Vorhaben eine innovative Lösung für eine Kernproblemstellung von 5G-Basisstationen vor, die zukünftig einen erheblichen Energieaufwand für die Verteilung von Rechenlast in den virtualisierten Funkzugangsnetzen tragen müssen.
Projektpartner: TU Dresden (Vodafone Stiftungslehrstuhl für Mobile Nachrichtensysteme, Institut für Aufbau- und Verbindungstechnik, Professur für Compilerbau, Professur für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie, Professur für Hochfrequenztechnik), eesy-IC GmbH, ficonTEC Service GmbH, First Sensor Microelectronic Packaging GmbH, GCD Printlayout GmbH, Micro Systems Engineering GmbH, VI-Systems GmbH, Nokia Bell Labs (assoziiert), Vodafone (assoziiert), Globalfoundries (assoziiert), Cloud&Heat (assoziiert), National Instruments (assoziiert)
2. Platz EdgeLimit:
- Koordinator : Prof. Dr. Rüdiger Quay
- Organisation: Fraunhofer Institut für Angewandte Festkörperphysik (IAF) Freiburg i. Br.
Inhalt:
Das Vorhaben EdgeLimit legt ein Konzept zum Einsatz neuartiger Leistungshalbleiter für Hochfrequenzverstärker in 5G-Basisstationen auf Basis von AlScN (Aluminium-Scandium-Nitrid) vor. Das Material erlaubt durch seine hohe Stromtragfähigkeit gegenüber etablierten Halbleitern wie Silizium, GaAs und AlGaN/GaN potenziell eine höhere Leistungsdichte und Verstärkung. Das Vorhaben strebt mindestens eine Verdopplung der Leistungseffizienz auf Verstärkerebene und eine Halbierung der Verluste in Leistungswandlern an. Ergänzend soll durch eine intelligente Vernetzung von Sendemodulen mit bedarfsgerechter Steuerung weitere Energie eingespart werden.
Projektpartner: Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik, Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen, Nokia Bell Labs, United Monolithic Semiconductors, Universität Freiburg, Deutsche Telekom AG (Assoziiert), Nokia Solutions and Networks
3. Platz DAKORE:
- Koordinator: Prof. Dr. sc. techn. habil. Dipl. Betriebswissenschaften Frank Ellinger
- Organisation: Technische Universität Dresden - Professur für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie
Inhalt
Das Konzept des Wettbewerbsprojekts DAKORE möchte den Energieverbrauch zukünftiger 5G-Funkzugangsnetze durch die bedarfsgerechte Optimierung auf stark variierende Performanz-Anforderungen um bis zu 60% reduzieren. Hauptanteil daran hat die Reduzierung des Energieverbrauchs der Leistungsverstärker in Mobilfunkbasisstationen um 30%. Dazu wird ein Ansatz entwickelt, der erstmals die ganzheitliche und dynamische Adaptivität von sowohl Elektronikkomponenten als auch Software, von globalen Algorithmen bis hin zur Transistorsteuerung, unter Beibehaltung der Dienstgüte, verfolgt.
Projektpartner: TU Dresden (Professur für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie, Deutsche Telekom Professur für Kommunikationsnetze, Professur für Adaptive Dynamische Systeme), IMST GmbH, Xilinx Dresden GmbH, CampusGenius GmbH, A.N. Solutions GmbH, brown-iposs GmbH, atesio GmbH, Deutsche Funkturm GmbH, National Instruments Dresden GmbH, Telekom (Assoziiert), Ericsson (Assoziiert), Vodafone (Assoziiert), United Monolithic Semiconductors (Assoziiert), X-Fab (Assoziiert), Infineon (Assoziiert), Cloud & Heat (Assoziiert)