Zwischen Lötkolben und Robotern : Datum: , Thema: Bildung
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek will mit dem MINT-Aktionsplan junge Menschen für mathematisch-technische Fächer begeistern. Wie das funktionieren kann, zeigt der Besuch der Ministerin in einem Berliner Experimentierlabor.
Naomi verpasst ihren Einsatz. Eigentlich sollte die kleine Roboter-Dame die prominente Besucherin mit einem fröhlichen „Hallo, Frau Karliczek“ empfangen – doch zunächst ist nichts, als das Blinken der Augen zu sehen. Auch Roboter haben Lampenfieber, so scheint es. Erst nach ein paar Sekunden ist Naomi wach und gibt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek artig die Hand. „Das hat ja schon mal geklappt“, freut sich die Ministerin.
Trotz des etwas eigenwilligen Charakters ist Roboter Naomi derzeit die Attraktion im „dEIn Labor“, einer Einrichtung der Technischen Universität Berlin, an der Schulklassen in Experimentierkursen an naturwissenschaftliche Berufe herangeführt werden. Diesen Ort hat die Ministerin gewählt, um ihren MINT-Aktionsplan vorzustellen, ein 55 Millionen Euro schweres Förderprogramm.
Viele Kinder wissen nichts von ihrem Talent
„MINT-Bildung ist unerlässlich, um selbstbestimmt leben zu können und die Chancen zu nutzen, die vor uns liegen“, sagte die Ministerin. Ihr sei wichtig, dass jeder Mensch seinen Beruf nach persönlicher Neigung und Talent auswählen kann. MINT-Fächer, das steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Doch viele Menschen wissen überhaupt nichts von ihrem Talent. Das oberste Gebot des Plans lautet deshalb: die Aufgeschlossenheit der gesamten Gesellschaft zu erhöhen. „Ich wünsche mir mehr Begeisterung“, so Karliczek.
Im „dEIn Labor“ kommt die von ganz alleine auf. Karliczek legt selbst mit Hand an: Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern aus der achten Klasse eines Brandenburger Gymnasiums lötet sie einen kleinen Synthesizer zusammen, also ein elektronisches Musikinstrument. Mit Erfolg: Am Ende gibt das Gerät Töne von sich.
Karliczek nimmt sich viel Zeit für die Klasse, fragt nach, während sie bastelt. Sie will wissen, wie die Einstellung der Schülerschaft zu den MINT-Fächern ist. Und was die Politik noch verändern sollte. „Ich habe nicht gedacht, dass es mich interessiert, aber es macht riesigen Spaß“, erzählt etwa Schülerin Lili, „So etwas selbst zu bauen ist viel einfacher, als ich gedacht hätte“. Und ihre Klassenkameradin Luisa, die sich eigentlich immer sicher war, dass sie Schauspielerin werden will, sagt: „Wenn wir nicht hierhergekommen wären, hätte ich nie erfahren, dass mir Löten und Bauen so viel Freude macht“.
Solche Sätze fallen andauernd an diesem Tag. Viele Kinder ahnen nichts von ihren schlummernden Interessen, sind aber begeistert angesichts der vielen Möglichkeiten. Trotzdem, so merkt die Ministerin an, klafft noch immer eine Lücke zwischen den erfolgreichen Programmen für Kinder wie dem „Haus der kleinen Forscher“ und den älteren Jugendlichen. Das Feuer für die Technik ist mit 14 Jahren oftmals einfach erloschen. Auch deshalb richtet sich der MINT-Aktionsplan an alle jungen Menschen von der Kita bis zur Uni, aber vor allem an die Altersgruppe zwischen zehn und 16 Jahren.
Dabei ist die Entwicklung der letzten Zeit schon jetzt als Erfolg anzusehen, auch wenn es sicher noch einiges zu verbessern gibt. Rund eine Million Studierende waren zuletzt in einem MINT-Fach an Universitäten eingeschrieben, immerhin 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr.
Wissen in die Fläche tragen
Trotzdem bleibt noch viel zu tun, zum Beispiel bei der Förderung von Mädchen und Frauen. Nur etwa 28 Prozent der Studierenden in MINT-Fächern sind weiblich – obwohl sich auch die Zahl der Anfängerinnen mehr als verdoppelt, im Vergleich zu den 90er-Jahren sogar vervierfacht hat. Das BMBF fördert schon lange Projekte, in denen gezielt Schülerinnen angesprochen werden und mit praxisnahen Projekten für MINT-Fächer begeistert werden sollen. Das Programm „Smile“, das im norddeutschen Raum erfolgreich läuft, ist dafür nur ein Beispiel.
Auch deshalb sagt Ministerin Karliczek: „Wir müssen nicht alles neu machen, sondern die vielen guten Sachen besser vernetzen“. Etwa 40 Zusammenschlüsse sollen von dem Geld aus dem Pakt gebildet werden, damit das Wissen über MINT besser in die Fläche gebracht werden kann.
Im Labor an der TU Berlin ist die Begeisterung jedenfalls spürbar. Einige Schülerinnen und Schüler erkundigen sich nach dem Kurs, ob sie noch einmal wiederkommen dürfen. Natürlich, heißt es.