Zwei Monate in der Arktis – und kein Eisbär in Sicht : Datum: , Thema: Forschung
Zwei Monate verbrachte Polarforscherin Heidemarie Kassens auf einem russischen Forschungseisbrecher in der Arktis. Dort machte sie eine besorgniserregende Beobachtung: Während der Expedition erblickte sie keinen einzigen Eisbären auf dem Treibeis.
Seit 25 Jahren unternimmt Arktisforscherin Heidemarie Kassens vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel regelmäßig Expeditionen in die sibirische Arktis. Gerade erst ist die erfahrene Forscherin, die für ihre Verdienste um die deutsch-russische Arktisforschung sogar mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, von einer Expedition zurückgekehrt. Doch diese war anders als alle vorherigen: "Wir haben auf dem Treibeis nicht einen Eisbären gesehen“, berichtet sie bestürzt. „Selbst nahe dem Nordpol sind wir nur auf morsche Eisschollen aus dem letzten Winter gestoßen. Es ist erschreckend, wie deutlich sichtbar der Klimawandel ist.“
Zwei Monate verbrachte Kassens mit 45 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Bord des russischen Eisbrechers AKADEMIK TRYOSHNIKOV in der sibirischen Arktis. Im Projekt CATS nahmen die Forschenden Eis- und Wasserproben an 137 verschiedenen Messstationen. „Wir haben viele wertvolle neue Daten über die aktuellen Veränderungen des Arktischen Ozeans und der Eisbildung dort gewonnen“, sagt Kassens, die die Expedition von deutscher Seite geleitet hat.
Die sibirische Arktis spielt eine Schlüsselrolle für die Eisbildung in der gesamten Arktis, da die sogenannte Eisdrift hier ihren Ursprung hat. Im Frühling und Sommer bringen die sibirischen Ströme außerdem große Mengen an Süßwasser in diese Region. Die unterschiedlich salzigen Wassermassen beeinflussen den sogenannten zirkumarktischen Randstrom – eine Ozeanströmung, die warmes Wasser aus dem Atlantik transportiert. Dieses warme Wasser könnte potenziell das gesamte arktische Meereis zum Schmelzen bringen, wenn es ins Oberflächenwasser dringen würde.
Das Jahr 2018 war auch in der Arktis außergewöhnlich warm, weshalb die Forscherinnen und Forscher besonders gespannt auf die erhobenen Daten sind. „Sogar noch Ende September befand sich der Eisrand extrem weit im Norden und die Luft- und Wassertemperaturen lagen weit über den Durchschnittswerten der letzten vierzig Jahre“, erklärt Kassens. Die Auswertung der Daten wird die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die nächsten Jahre beschäftigen.