Wissenschaftsjahr 2020 - Bioökonomie : Datum: , Thema: Bioökonomie
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat im Berliner Futurium das Wissenschaftsjahr 2020 eröffnet. Es dreht sich um die Bioökonomie. Damit sollen Ökonomie und Ökologie verbunden und Rohstoffe durch nachwachsende Stoffe ersetzt werden.
Schon die Namensschilder machen deutlich, dass sich etwas verändern soll. Rund 30 Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland sind ins Berliner Futurium gekommen, um über eines der wichtigsten Forschungsfelder der Zeit zu diskutieren: die Bioökonomie. Es ist das Thema des Wissenschaftsjahres 2020, das Ministerin Anja Karliczek am Abend eröffnen wird, und die jungen Menschen erarbeiten zuvor in Workshops Szenarien für die Bioökonomie der Zukunft. Und wo, wie bei Konferenzen üblich, sonst Wegwerf-Plastikkarten mit Wegwerf-Bändseln auf die Teilnehmenden warten, liegen nun parat: Holzscheiben in Apfelform, die Namen wurden mit dem Laser eingebrannt. Der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit beginnt also im ganz Kleinen.
Einer der jungen Menschen, die sich dem etwas sperrigen und abstrakten Thema Bioökonomie nähern wollen, ist Lukas. Er ist 13 Jahre alt und geht auf ein Gymnasium in Pinneberg. Was das jetzt ist, mit der Bioökonomie, kann Lukas auch nicht so genau erklären. Er besucht zwar die Umwelt-AG seiner Schule, auch nimmt er an einem Förderprogramm zum Thema „Zukunft der Mobilität“ teil. Aber das Kernziel der Bioökonomie auf den Punkt bringen? „Das ist schwierig“, sagt er. „Deshalb ist es gut, dass wir uns treffen, und dass das Thema jetzt mehr in die Öffentlichkeit getragen und erklärt wird“. Denn darum geht es ja bei den Wissenschaftsjahren: Die oft bahnbrechenden Ergebnisse aus der Forschung zu den Menschen bringen und sie für die Chancen begeistern.
Am Abend ist es dann soweit: Ministerin Karliczek eröffnet das Wissenschaftsjahr bei einer großen Feier mit rund 300 Gästen. Die Ministerin macht schnell deutlich, dass die Stärkung der Wissenschaftskommunikation ihr ein Herzensanliegen ist. „Das Wissenschaftsjahr feiert sein 20. Jubiläum. Es ist eine hervorragende Initiative, um Forschung und Wissenschaft näher an die Menschen zu bringen und sie für Zukunftsthemen zu begeistern“, sagte Karliczek, und hob die Möglichkeiten der Bioökonomie hervor. „Bislang ist die Bioökonomie erst wenigen Menschen vertraut. Das wollen wir mit dem Wissenschaftsjahr ändern. Es gilt, das enorme Potenzial bioökonomischer Forschung aufzuzeigen – auch im Hinblick auf die Herausforderungen des Klimawandels“, sagte sie.
Wissenschaftsjahre verstehen sich als Treiber für die Weiterentwicklung der Wissenschaftskommunikation. So werden in diesem Rahmen insbesondere solche Projekte gefördert, die die Wissenschaftskommunikation auch in ihrer Methodenvielfalt voranbringen. Das Thema für 2020 ist natürlich nicht zufällig gewählt. Denn: In Zeiten von menschengemachtem Klimawandel, begrenzter landwirtschaftlicher Nutzfläche bei einer gleichzeitig wachsenden Weltbevölkerung, einer stetig steigenden Umweltverschmutzung und einem erheblichen Rückgang der Artenvielfalt steht die Menschheit vor großen Herausforderungen.
Und genau hier setzt die Bioökonomie an. Eines ihrer wichtigen Ziele ist es, den Verbrauch von fossilen Ressourcen wie Kohle und Erdöl zu reduzieren und einen Wandel zu einer Wirtschafts- und Lebensweise auf der Grundlage nachwachsender Rohstoffe zu fördern. Menschen haben schon immer biologische Ressourcen wie Pflanzen und Tiere genutzt, um Nahrung zu gewinnen, Kleidung zu produzieren oder Häuser zu bauen. Wissenschaft und Forschung in der Bioökonomie setzen darauf auf: Sie verknüpfen neueste natur-, technik- und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse, um möglichst effiziente Wege der Produktion und Nutzung nachwachsender Rohstoffe zu entwickeln und dadurch die Grundlagen für eine nachhaltigere Wirtschaftsform zu schaffen.
Auch im Foyer des BMBF in Berlin kann man das jetzt sehen – und sogar anfassen. Eine Dauerausstellung begleitet das Wissenschaftsjahr und ist für jedermann zugänglich. Ob veganes Leder aus Pilzen oder Kleidung aus Holz: Nachhaltiger Konsum liegt im Trend, wie einige Exponate in der Ausstellung zeigen. Die Bioökonomie kann dazu beitragen, Rohstoffe möglichst vollständig und sogar mehrfach zu nutzen. Auf Basis von Methoden und Verfahren der Bioökonomie verwendet die Modeindustrie bereits biologische Reststoffe und Abfälle für innovative Materialien – zum Beispiel für Textilien aus Holz oder Schuhe und Taschen aus Pilzfasern.
Die Ausstellung zeigt auch, wie die Bioökonomie die Mobilität der Zukunft verändern könnte. Klar ist: Im Kampf gegen den Klimawandel kommt dem Verkehr eine Schlüsselrolle zu. Ein entscheidender Faktor für den Energieverbrauch und Kohlendioxidausstoß von Verkehrsmitteln ist das Gewicht. Ein Fahrrad aus Bambus beweist, dass nachwachsende Rohstoffe als neuartige Leichtbaumaterialien genutzt werden können! Es ist stabil wie Stahl, leicht wie Aluminium – und der Rohstoff wächst schnell nach.
Ein weiteres Highlight der Ausstellung ist Papier aus Gras. Damit lässt sich sowohl Energie als auch Wasser sparen. Während für eine Tonne herkömmliches Papier aus Holz 6.000 bis 8.000 Liter Wasser verbraucht werden, sind für die gleiche Menge Graspapier nur etwa zwei Liter Wasser notwendig! Grund hierfür ist Lignin, ein Stoff in Bäumen, der diese hart und stabil macht. Um es herauszulösen, wird viel Wasser benötigt. Die Grasfaser dagegen enthält nur wenig Lignin und kann leichter als Holz weiterverarbeitet werden.
Wie solche Lösungen aussehen können, wenn man einmal völlig neu denkt, hatten am Nachmittag schon die jungen Forschenden aus dem Workshop gezeigt. Am Ende des Tages stehen viele gute Ideen, wie Städte, Ernährung oder Mobilität nachhaltiger gestaltet werden können und welche Rolle die Bioökonomie dabei spielt. Sie entwarfen unter anderem einen unterirdischen Kernfusionsreaktor, der ganze Städte mit Strom versorgen kann, ein drehendes Haus, das sich immer zur Sonne ausrichtet und ein Gewächshaus, in dem ganzjährig und weitgehende klimaneutral Obst und Gemüse angebaut werden kann.