"Weihnachten nehmen wir Kurs auf den Kermadec-Vulkanbogen" : Datum: , Thema: Forschung
Lutz Mallon, der Kapitän der "Sonne", des modernsten deutschen Forschungsschiffes, über Glühwein im Südpazifik, die strengen Arbeitspläne der Wissenschaftler und Sehnsucht nach der Familie
Herr Mallon, Sie verbringen Weihnachten auf dem Pazifik zwischen Neukaledonien und Neuseeland. Dort ist Hochsommer. Kommen Sie da überhaupt in Weihnachtsstimmung?
Das ist ein bisschen schwierig: Man muss das Schiff abdunkeln. Wenn die Sonne hereinscheint, kommt überhaupt keine Stimmung auf. Da nutzt es dann auch nichts, wenn alles schick ausgeschmückt ist. Wir machen darum nachmittags alle Rollos runter. Die Köche und Stewards reichen dann Glühwein und Punsch zu Kaffee und Kuchen. Kerzenlicht haben wir leider nicht – offenes Feuer wird an Bord nicht so gern gesehen. (lacht)
Haben Sie denn einen echten Tannenbaum?
Wir haben einen künstlichen Baum dabei. Neukaledonien ist zwar französisches Überseegebiet, ich weiß aber nicht, wie man dort Weihnachten feiert, ob man dort Tannenbäume kennt und einen frischen Baum überhaupt kaufen könnte. Wir haben einmal in Chile versucht, einen Tannenbaum zu bekommen - dort gab es dann aber auch nur künstliche Bäume. Selber einen Baum zu schlagen, kommt leider nicht in Frage, schließlich sind wir Gäste, da ziehen wir nicht mit Axt und Säge in den Wald. Und eigens einen Baum aus Deutschland kommen zu lassen, wäre viel zu aufwendig.
Gibt es ein bestimmtes Festessen?
Wir sind alle an Bord, um zu arbeiten. Das ist anders als zu Hause, wo man mit seinen Liebsten feiert. Am 24. treffen wir uns nachmittags zu Kaffee und Kuchen und sitzen gemütlich zusammen - wenn unsere Arbeit das denn zulässt. Am ersten Weihnachtsfeiertag gibt es ein leckeres Essen mit Gänsebraten oder Entenbraten. Was es genau gibt, entscheiden die Köche - es wird etwas Besonderes sein.
Das klingt ja so, als hätten Sie gar nicht so viel Zeit zu feiern?
In diesem Jahr haben wir das Glück, dass wir an Weihnachten noch auf dem Weg zu unserem Arbeitsgebiet im Kermadec-Vulkanbogen sind. An Heiligabend steht also keine Stationsarbeit an. Da haben zumindest die Wissenschaftler die Gelegenheit, ein bisschen zu feiern. Normalerweise ist ihre Arbeit an Bord minutiös durchgeplant, alles verläuft nach einem festen Plan. Da bleibt kaum Zeit für etwas anderes.
Gibt es Geschenke?
Im letzten Jahr hat die Reederei uns Geschenke an Bord geschickt. Da gab es ein mit der "Sonne" besticktes Badehandtuch und einen Kalender. Wir lassen uns Weihnachten gerne überraschen.
Worüber freuen Sie sich Weihnachten am meisten?
Das beste Weihnachtsgeschenk für einen Meeresforscher ist eine erfolgreiche Forschungsexpedition. Denn dafür sind wir ja alle an Bord gekommen. Wenn man sich so lange vorbereitet wie wir, Container packt, die Ausfahrt plant, dann will man eigentlich nur, dass alles klappt und dass man die Ziele, die man sich gesetzt hat, auch erreicht.
Wie gefällt Ihnen die neue "Sonne", die vor allem vom Bundesforschungsministerium gefördert wird?
Man kann hervorragend mit der "Sonne" arbeiten - das gilt für die Wissenschaftler genauso wie für die Besatzung. Die Kammern sind viel freundlicher und größer als auf der alten "Sonne". Das hilft, um das Leben an Bord so zu gestalten, dass man nicht allzu viel vermisst. Eigentlich vermissen wir nur unsere Liebsten - gerade an Weihnachten.