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Verzicht und hoher Aufwand: Expeditionen in Zeiten von Corona : Datum: , Thema: meeresforschung

Durch die COVID19-Pandemie mussten viele Expeditionen mit den deutschen Forschungsschiffen abgesagt werden. Nur mit großem Aufwand kann eine Fahrt derzeit organisiert werden. Ein Wissenschaftler berichtet über seine Erfahrungen.

Mischa Schönke (2.v.r.) leitete einen Abschnitt einer vom BMBF geförderten Forschungsfahrt unter besonderen Bedingungen.
Mischa Schönke (2.v.r.) leitete einen Abschnitt einer vom BMBF geförderten Forschungsfahrt unter besonderen Bedingungen. © IOW

Vor dem Start der Expedition musste sich die Crew in Verzicht üben: eine Woche Isolation, keine Treffen mit Freunden, möglichst wenig Einkäufe oder Fahrten mit Bus und Bahn. Zweimal wurde die Schiffsbesatzung der „Elisabeth Mann Borgese“ auf das Corona-Virus getestet – zuletzt einen Tag vor Abfahrt. Selbst eine komplette Ersatzmannschaft stand zur Verfügung, damit im Fall einzelner positiver Tests jeweils eine andere Person für die gleiche Aufgabe einspringen konnte.

Auch die Expedition auf der Ostsee war mit großen Einschränkungen verbunden. Statt zwölf, wie ursprünglich geplant, durften nur sieben Forscherinnen und Forscher mitfahren, da die Kammern mit je zwei Kojen einzeln belegt werden mussten. Durch die reduzierte wissenschaftliche Crew konnte statt der ursprünglich vorgesehenen drei Untersuchungsgebiete – Fehmarnbelt, Rönnebank und Oderbank – nur das erste Areal angesteuert werden. Die Kontakte an Bord wurden auf das Notwendigste beschränkt - ein Sicherheitsabstand galt auch bei den Mahlzeiten.

Das Schiff „Elisabeth Mann Borgese“, früher im Dienst der Marine und vor zehn Jahren mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Landes Mecklenburg-Vorpommern für wissenschaftliche Zwecke umgerüstet, bietet nicht viel Platz. Die Labore sind beengt, die Gänge verwinkelt. Trotzdem galt es, die Ansteckungsgefahr an Bord zu minimieren.

Schiffe im Hafen

Die Ausbreitung des Virus hat auch die Fahrtpläne der anderen Meeresforschungsinstitute durch-einandergewirbelt: Die großen deutschen Forschungsschiffe, die sonst fast das ganze Jahr auf den Ozeanen unterwegs sind, mussten im Frühjahr nach Deutschland zurückkehren. Es folgten längere Liegezeiten beziehungsweise Werftaufenthalte im Hafen Emden. Expeditionen der Forschungs-schiffe SONNE, METEOR und MARIA S. MERIAN finden zwar wieder statt, aber nur in einem regio-nalen Umkreis: Die Fahrten starten und enden jeweils in Emden und führen in den kommenden Monaten in die europäischen Randmeere. Auch hier gelten verschärfte Sicherheitsbestimmungen – mit strikten Quarantäneregelungen.

„Die Organisation war eine große Herausforderung“, sagt Mischa Schönke, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Marine Geophysik am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW). Der Nachwuchsforscher fuhr schon auf zahlreichen Expeditionen mit, die Fahrtleitung war jedoch eine Premiere für ihn – ausgerechnet in Zeiten von Corona. Die Aufgabe der Fahrtleitung teilte sich Schönke mit seiner Kollegin Mayya Gogina: Er war für den ersten, sie für den zweiten Fahrtabschnitt der Forschungsfahrt zuständig.

Damit war Schönke während seines Fahrtabschnittes für das gesamte wissenschaftliche Team verantwortlich. „Das war anstrengend, aber auch interessant und spannend.“ Der Fahrtleiter trifft jede Entscheidung auf dem Schiff, die sich auf die Wissenschaftsmission bezieht, und stimmt diese mit dem Kapitän ab. Zudem absolvierte Schönke das eigene wissenschaftliche Programm – er hat sich auf Kartierungen des Meeresbodens spezialisiert. Die dafür notwendigen Geräte waren fast jeden Tag im Einsatz.

Normalerweise übernimmt der Fahrtleiter keine wissenschaftlichen Aufgaben, um sich ganz der Koordination widmen zu können. Aber Schönkes Forschungsvorhaben konnte nicht auf andere Schultern verteilt werden. „So hatte ich volles Programm von acht bis 22 Uhr, manchmal ging es auch länger“, berichtet Schönke. Zehn Tage war die „Elisabeth Mann Borgese“ während dieses ersten Abschnitts auf der Ostsee unterwegs.

Ziel war ein Bereich in einem Natura 2000-Schutzgebiet sowie eine Vergleichsfläche außerhalb in unmittelbarer Nachbarschaft. Hier untersuchte das Forscherteam unter geologischen, chemischen und biologischen Gesichtspunkten die Auswirkungen der bodenberührenden Fischerei auf den Meeresgrund und verglich sie mit der Entwicklung nach dem Ausschluss der Fischerei. Die Ausfahrt fand im Rahmen eines vom BMBF geförderten Pilotprojekts der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) statt.

Trotz der Einschränkungen wurden während der Forschungsfahrt wertvolle Erkenntnisse gesammelt. „Wir waren froh, dass wir unsere Messungen wenigstens für eines der drei Untersuchungsgebiete durchführen konnten“, sagt Schönke. Dadurch konnten die Zeitpläne des Projekts zumindest teilweise eingehalten werden. „Ohne große Disziplin und die Bereitschaft der Mitfahrer, deutlich mehr Aufgaben zu übernehmen, hätte das nicht funktioniert.“