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Schwimmendes Haus versorgt sich selbst mit Energie : Datum: , Thema: Aktuelles

Die Sonne liefert Strom, die Wände speichern Wärme, eine Minikläranlage reinigt das Wasser: Gefördert vom Bundesforschungsministerium entwickeln Forschende und Unternehmer im Projekt „autartec“ ein schwimmendes Haus, das sich selbst versorgt.

Durch den Klimawandel steigen weltweit die Meeresspiegel – laut Weltklimarat bis Ende des Jahrhunderts um fast einen Meter. Für viele Regionen wird das dramatische Folgen haben: Inseln werden verschwinden, Küsten überflutet, Menschen werden vermehrt ins Landesinnere drängen und Wohnraum wird vielerorts knapp werden. Eine Lösung für dieses Problem könnten schwimmende Häuser sein – die sich noch dazu klimafreundlich selbst mit Wasser, Strom und Wärme versorgen. Verwirklichen wollen diese Vision 15 Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Region Südbrandenburg und Ostsachsen im Projekt „autartec“. Gefördert vom Bundesforschungsministerium wollen sie in der Lausitzer Seenlandschaft ein schwimmendes Haus mit neuartigen Technologien errichten.

Energieversorger ist die Natur

Im Projektnamen „autartec“ verbirgt sich bereits die größte Herausforderung für das Forschungsbündnis: das Haus muss autark sein, da es auf dem Wasser keine vorhandene Versorgungsinfrastruktur gibt. Um Platz und Gewicht zu sparen, entwickeln die Forscher Versorgungstechnik, die sich in die Wände und in das Dach des schwimmenden Hauses integrieren lässt. Zudem darf das Haus dem Wind nur wenig Angriffsfläche bieten und muss mit seinen verschiedenen Dach- und Wandneigungen bestmöglich für eine maximale Sonneneinstrahlung ausgerichtet sein.

Strom wird in Batterien gespeichert

Eine fast 60 Quadratmeter große Photovoltaikfläche nutzt die Energie der Sonne, um Strom zu erzeugen. Dabei kommen auf zwei getrennten, unterschiedlich geneigten Flächen klassische kristalline Module und Dünnschicht-Photovoltaikelemente zum Einsatz. Dadurch lassen sich die Sonnenstrahlen aus allen Richtungen einfangen und selbst in Wintermonaten gute Erträge erzielen. Damit der Strom rund um die Uhr fließen kann, können bis zu 50 Kilowattstunden elektrische Energie in Lithium- Ionen-Akkumulatoren gespeichert werden. Das reicht, um die Hausbewohner fünf Tage lang mit Energie zu versorgen, ohne die Solaranlagen zu nutzen. Ein Hausenergie-Managementsystem garantiert einen optimalen und vorausschauenden Ausgleich zwischen Energieerzeugern, Speichern und Verbrauchern.

Luftströmungen kühlen das Haus

Um Kälte und Wärme zu erzeugen, ist besonders viel Energie nötig. Für warmes Wasser und angenehme Temperaturen in den Räumen sorgen Kollektoren auf dem Dach. Für die Abkühlung im Sommer nutzen die Wissenschaftler den sogenannten Luv-Lee-Effekt: Durch die am See häufig auftretenden Luftströmungen und das begrünte Dach entsteht eine kühlende Hülle um das schwimmende Haus. Durch die Verdunstungskälte der eingebauten Kühldecke lässt sich die Raumtemperatur zusätzlich reduzieren.

Wärme, die im Sommer produziert, aber nicht benötigt wird, kann gespeichert und später genutzt werden. Der Wärmespeicher besteht aus einem porösen Granulat, das wie ein Schwamm große Mengen Wasser – und damit auch Wärme – aufnehmen und abgeben kann. An kühlen Wintertagen sorgt ein spezieller Kamin für zusätzliche Wärme. Er funktioniert ähnlich wie ein Kachelofen: Die Wärme wird aber nicht in den Kacheln gespeichert, sondern in innovativen Phasenwechselmaterialien. Diese nehmen Wärme auf und werden dabei flüssig wie Wachs. Wird die Umgebung wieder kühler, wird das Wachs wieder fest und erwärmt den umgebenden Raum. Die Symbiose aus diesen verschiedenen Wärmespeichern und einer Seewasserwärmepumpe sorgt auch im Winter für ein behagliches Wohnklima.

Minikläranlage bereitet Wasser auf

Während sich die Hausbewohner im Sommer mit einem Sprung über die Grundstücksgrenze abkühlen können, steht auch einem Bad in den eigenen vier Wänden nichts im Wege. Dafür sorgt eine Minikläranlage im Schwimmkörper unterhalb des Bodens, die ohne biologische Reinigungsstufen und Chemikalien auskommt. Dort soll das Wasser zu Bade- und Trinkwasserqualität aufbereitet werden.

"Autartec" in der Lausitzer Seenlandschaft

In der Lausitz entsteht durch die Flutung früherer Tagebaue das größte künstliche Seengebiet Europas. Das einstige Braunkohlerevier wird zur Urlaubsregion. Zu einem Markenzeichen der Region sollen die schwimmenden Häuser werden. Im autartec-Haus verbindet sich dabei futuristisches Design mit innovativen technologischen Lösungen. Die neue Seenlandschaft als Standort für das autartec-Haus hat auch praktische Gründe: Viele der Seen in der Lausitz haben noch keine Infrastruktur wie Wasser- und Stromleitungen. Darum wollen die Projektpartner Versorgungslösungen finden, die auch in anderen Gebieten ohne existierende Infrastruktur funktionieren. Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt seit 2014 mit etwa 9 Millionen Euro.