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Palliativmedizin: Auf das Beste hoffen und auf das Schlimmste vorbereitet sein : Datum: , Thema: Forschung

Therapieentscheidungen bei unheilbaren Erkrankungen sind oft schwierig – vor allem bei Kindern. Gefördert vom Bundesforschungsministerium entwickeln Forschende aus München ein Programm, das Kinder, Eltern und Fachpersonal dabei unterstützt.

Eine Mutter hält die Hand ihres Kindes
Im Projekt PREPARE entwickeln Palliativmediziner ein Programm, das Angehörigen von sterbenskranken Kindern bei Therapieentscheidungen helfen soll. © Thinkstock/Patcha1984

Etwa 3000 Kinder und Jugendliche sterben jährlich in Deutschland an einer unheilbaren Erkrankung. Die meisten dieser jungen Patienten sind nicht einwilligungsfähig. Deshalb müssen die Eltern entscheiden, wie sie behandelt und versorgt werden sollen. „Für Eltern ist das oft eine sehr schwierige Aufgabe. Insbesondere dann, wenn sie in kritischen Krankheitssituationen festlegen sollen, ob beispielsweise eine Intensivtherapie fortgeführt wird oder nicht“, erläutert Monika Führer, Palliativmedizinerin an der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Um Kinder und Eltern besser auf diese Entscheidungen vorzubereiten, entwickelt sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen am Kinderpalliativzentrum im Forschungsprojekt PREPARE ein Programm, das alle Beteiligten unterstützt. Es hilft ihnen dabei, Behandlungsmöglichkeiten gemeinsam abzuwägen und das zukünftige Vorgehen sorgfältig zu planen. Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt.

Mediziner, Kinder und Eltern besprechen wichtige Entscheidungen frühzeitig

Das Programm baut auf dem Konzept des Advance Care Planning (ACP) auf. Das Konzept ermöglicht es, wichtige Entscheidungen – beispielsweise zu lebensverlängernden Maßnahmen – in einem umfassenden Gesprächsprozess im Vorfeld abzuwägen, zu dokumentieren und im weiteren Krankheitsverlauf gegebenenfalls anzupassen. Diese Entscheidungen stellen für alle Beteiligten eine hohe emotionale Herausforderung dar, speziell wenn Kinder und Jugendliche betroffen sind.

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Advance Care Planning (ACP) verfolgt das Ziel, mögliche künftige medizinische Entscheidungen so vorauszuplanen, dass Patientinnen und Patienten auch dann zuverlässig nach ihren individuellen Wertvorstellungen und Wünschen behandelt und begleitet werden, wenn sie diese krankheitsbedingt nicht mehr selbst äußern können.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)

Strukturierte ACP-Programme existieren bislang nur für Erwachsene. „Die Lebenssituation sowie die Wünsche und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen unterscheiden sich stark von denen erwachsener Patientinnen und Patienten. Zudem hängen die Fähigkeit und das Bedürfnis zur Mitwirkung an Therapieentscheidungen vom Alter und der Entwicklung ab. Daher lässt sich das Konzept in seiner jetzigen Form nicht einfach in die Pädiatrie übertragen“, ergänzt Monika Führer.

Kinder und Jugendliche leben häufig über viele Jahre mit ihrer schweren Erkrankung

Ziel des Forschungsprojektes PREPARE ist es, ein pädiatrisches ACP-Programm (pACP) zu entwickeln, das auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Familien zugeschnitten ist. Denn insbesondere Kinder und Jugendliche leben häufig über viele Jahre mit ihrer schweren Erkrankung, oft mit unsicherer Prognose und schwankendem Krankheitsverlauf. Die Hoffnung auf Heilung oder zumindest Lebensverlängerung durch neue Behandlungsmethoden oder Medikamente schwingt oft mit. In den gemeinsamen Gesprächen mit dem Behandlungsteam soll daher vorausschauend ein Therapieplan für verschiedene Krankheitsphasen entwickelt werden, der auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des Kindes und seiner Familie abgestimmt ist. Dieser Therapieplan wird an neue Situationen und Veränderungen im Krankheitsverlauf angepasst.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln gemeinsam mit Eltern verstorbener Kinder und Jugendlicher sowie mit Fachkräften aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen schrittweise Inhalte und Struktur dieses Programms. Dazu gehört unter anderem ein Gesprächsleitfaden, Schulungsinstrumente für das Gesundheitspersonal und Vorlagen für die schriftliche Dokumentation.

Pilotphase startet im Herbst 2018

Ab Herbst 2018 werden betroffene Familien in einer Pilotphase in das pACP-Programm aufgenommen. Während dieser Pilotphase werden die Beratungsgespräche beobachtet und die Eltern und – soweit möglich – auch die Kinder, zu ihren Erfahrungen in den Gesprächen befragt. Zusätzlich werden Fragebögen eingesetzt, um mögliche Auswirkungen des Programms beispielsweise auf Angst, Depression oder das Gefühl von Kontrolle und Selbstwirksamkeit zu untersuchen.

Wenn sich das pädiatrische ACP-Konzept bewährt, soll es langfristig in die Regelstrukturen der Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland integriert werden.