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Klimaschutz durch Forschung und Innovation : Datum: , Thema: Forschung

Das BMBF fördert zahlreiche Projekte, die zu einer deutlichen Verringerung des CO2-Ausstoßes führen. Welche Maßnahmen das sind, zeigt unser Überblick.

Klimakonferenz in Bonn
Eine Welt: Die klimapolitischen Verhandlungen in Bonn werden von zahlreichen Informationsangeboten begleitet. Sie dienen dem Austausch staatlicher und nichtstaatlicher Akteure. © picture alliance/Ulrich Baumgarten

Das Ziel ist ambitioniert: 360 Millionen Tonnen CO2 sollen bis 2030 weniger ausgestoßen werden als noch im Jahr 2019, als der Gesamtausstoß bei etwa 800 Millionen Tonnen lag. So steht es im Bundes-Klimaschutzgesetz. Von der Industrie über den Verkehr bis hin zur Landwirtschaft: Der Handlungsdruck ist längst in allen Teilen der Gesellschaft angekommen. Das BMBF ist daher seit Jahren in der Klimaforschung aktiv. Denn über Innovationen wird es gelingen, dass Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.

Aber welche Projekte versprechen die größten CO2-Einsparungen? Hier finden Sie eine Liste der wichtigsten Aktivitäten für den Klimaschutz. Die Anstrengungen des BMBF in der Projektförderung für Nachhaltigkeit, Klima und Energie gehen weit über die folgenden Vorhaben hinaus und umfassen unter anderem Forschung zu Biodiversität, sauberen Ozeanen oder Kreislaufwirtschaft.

Energie

Kopernikus-Projekte für die Energiewende

Die Kopernikus-Projekte liefern praktische Lösungen für zentrale Herausforderungen der Energiewende, die in Konsortien aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft entwickelt werden. Das Kopernikus-Projekt SynErgie hilft über die Flexibilisierung industrieller Großverbraucher dabei, das Stromnetz zu stabilisieren. Das Projekt P2X hat Power-to-X-Technologien für Grünen Wasserstoff und seine Folgeprodukte entscheidend weiterentwickelt. In ENSURE werden zukünftige Strukturen für Energienetze entwickelt, die vollständig auf Erneuerbaren Energien beruhen. Die politischen Rahmenbedingungen analysiert ARIADNE in einem Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Die Projekte sind langfristig auf Projektlaufzeiten von 10 Jahren angelegt, die sich auf drei Förderphasen bis zum Jahr 2025 verteilen. Das Fördervolumen beträgt bis zu 400 Millionen Euro. In der ersten und der laufenden Phase sind ca. 260 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gefördert worden.

Weitere Informationen: https://www.kopernikus-projekte.de/

„Grüner“ Wasserstoff: CO2-Reduktion in Energiewirtschaft und Industrie

Wasserstoff ist ein universeller Energieträger, der aktuell überwiegend in der Industrie genutzt wird. Er kann auch in Gebäuden und Autos genutzt werden. Der Bedarf wird derzeit unter Anfall erheblicher Mengen von CO2 größtenteils aus fossilen Rohstoffen gedeckt. Der Umstieg auf „grünen“, d. h. klimaneutralen Wasserstoff, ist also ein zentraler Hebel für Klimaschutz. Wir bauen hierzu neue Partnerschaften z.B. mit Frankreich, Afrika und Australien auf. Die Projekte zielen auf die Produktion, den Transport und die Nutzung von „grünem“ Wasserstoff ab. Hierfür werden schon jetzt mehr als 180 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre bereitgestellt.

Gebäude

Ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen gehen auf den Gebäudebestand zurück, etwa drei Viertel auf die Wärmeerzeugung. Kommunen können es aus eigener Kraft kaum schaffen, unsere Städte durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien nahezu klimaneutral zu machen. Hier setzt die ressortübergreifende Förderinitiative „Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt“ von BMBF und BMWK an. Seit 2017 fördern beide Ressorts sechs systemisch angelegte Leuchtturmprojekte in Heide (Holstein), Oldenburg, Zwickau, Stuttgart, Esslingen und Kaiserslautern mit bis zu 110 Millionen Euro. Diese Projekte besitzen eine überregionale Strahlkraft und können so zur erforderlichen CO2-Reduktion im Gebäudebereich beitragen.

Weitere Informationen: https://www.fona.de/de/massnahmen/foerdermassnahmen/foerderinitiative-solares-bauen.php

Verkehr

Mobilität in Städten

Die Emissionen aus dem Verkehr sind seit 1990 kaum zurückgegangen. Im Straßenverkehr, der für ca. 95 Prozent der verkehrsbedingten Emissionen verantwortlich ist, steigen sie in den letzten Jahren sogar wieder leicht an. Laut Klimaschutzplan 2050 (KSP) soll das deutsche Verkehrssystem bis 2050 nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilem Kohlenstoff und weitgehend treibhausgasneutral sein. Den Weg zu mehr Klimaschutz im Verkehr durch die Transformation des Mobilitätssystems skizziert die Forschungsagenda „Nachhaltige urbane Mobilität“ des BMBF. Ziel ist es, die Mobilitätswende dadurch zu beschleunigen, dass Technologieentwicklung und soziale Innovationen verknüpft werden.

In diesem Rahmen unterstützt das BMBF mit dem Wettbewerb „MobilitätsWerkStadt 2025" seit 2020 Kommunen in der Entwicklung und Erprobung nachhaltiger, innovativer und passgenauer Mobilitätskonzepte. 2021 sind 14 ausgewählte Modellprojekte in die Umsetzungsphase gestartet und setzen diese aktuell in drei Jahre andauernden Reallaboren um. Zudem fördert das BMBF mit dem „MobilitätsZukunftsLabor 2050“ seit 2020 zwölf inter- und transdisziplinäre Forschungsprojekte, die neue systemische Lösungen und Impulse für die Mobilität der Zukunft schaffen. Untersucht wird das Zusammenspiel von Verkehrsinfrastrukturen, Mobilitätsbedürfnissen und -verhalten. Sie identifizieren Wechselwirkungen und zeigen Ansatzpunkte für Veränderungen hin zu mehr Klima- und Umweltschutz auf. Für ein europäische Perspektive sorgt die Beteiligung des BMBF an der Fördermaßname Urban Accessibility and Connectivity, welche einen Schwerpunkt auf angewandte Forschung im Bereich der nachhaltigen städtischen Mobilität, Zugänglichkeit und Konnektivität legt.

Insgesamt sind Fördermittel in Höhe von rund 60 Millionen Euro vorgesehen.

Synthetische Kraftstoffe

Aktuell ist der Verkehrssektor für etwa ein Fünftel der CO2-Emissionen Deutschlands verantwortlich. Das BMBF lässt technologieoffen alle Alternativen für eine CO2-freie Mobilität umfassend prüfen. Neben Elektromotoren und Brennstoffzellen zählen dazu synthetische Kraftstoffe. Sie sind nahezu klimaneutral, wenn sie aus erneuerbaren Energien, Wasser und CO2 hergestellt werden. Hierzu ist 2019 eine dreijährige Forschungsinitiative „Nachhaltige Mobilität mit synthetischen Kraftstoffen“ gestartet. An ihr sind mehr als 30 Partner aus Automobil-, Zulieferer-, Mineralöl- und Chemieindustrie sowie Forschungseinrichtungen beteiligt. Hierfür werden etwa 24 Millionen Euro bereitgestellt.

Industrie

Carbon2Chem: CO2-Reduktion in der Industrie

Die Stahlbranche weltweit emittiert doppelt so viel Kohlendioxid wie Deutschland. Um eine zügige Reduzierung der industriellen CO2-Emissionen zu ermöglichen, fördert das BMBF Carbon2Chem mit rund 20 Partnern aus Stahl- und Chemieindustrie sowie Forschung. CO2-haltige Hüttengase der Stahlproduktion werden katalytisch in Grundstoffe für Kraftstoffe, Kunststoffe und Dünger umgewandelt. Der als CO2 im Abgas enthaltene Kohlenstoff wird wirtschaftlich verwertet. Auf diese Weise wird CO2 nicht emittiert, sondern ersetzt Öl oder Erdgas als Kohlenstoffquelle der Chemieindustrie. Derzeit wird in einem Technikum am Stahlwerk in Duisburg dieser Ansatz unter Industriebedingungen im Praxisbetrieb getestet. Das Potential zur weltweiten Vermarktung ist hoch: über 50 vergleichbare Stahlwerke und verwandte Industriezweige erlauben einen Einsatz. Für eine erste Förderphase werden bis 2020 über 60 Millionen Euro bereitgestellt.

Weitere Informationen:                https://www.thyssenkrupp.com/de/carbon2chem/

Prozessemissionen in der Industrie

Der Industriesektor war im Jahr 2020 für rund 24 Prozent der Gesamtemissionen verantwortlich. Das entspricht einer Höhe von 178 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Die Industrie ist damit der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen nach der Energiewirtschaft. (Klimaschutzbericht der Bundesregierung, 2021) Mehr als ein Drittel der Industrieemissionen – und damit fast acht Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen – sind direkt auf Produktionsprozesse in der Grundstoffindustrie zurückzuführen (Stahlherstellung, Kalk- und Zementherstellung, Grundstoffchemie, Aluminium). Das BMBF hat im Juli 2019 ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem die deutsche Grundstoffindustrie befähigt werden soll, Prozesse und Verfahrenskombinationen zu entwickeln, die zu der direkten Vermeidung von Treibhausgasen beitragen. Neben den technologischen Innovationen stehen hier auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen und die Konkurrenzfähigkeit der entwickelten Verfahren im Fokus der Förderrichtlinie. Für diese Fördermaßnahme werden rund 30 Millionen Euro bereitgestellt.

CO2 als nachhaltige Kohlenstoffquelle: Wege zur industriellen Nutzung

Eine nachhaltige Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft im Industriesektor zu etablieren, stellt aufgrund der Komplexität der unterschiedlichen Prozesse und CO2-Volumina hohe Anforderungen an die verwendete Technologie und die Versorgung mit grünen Energieträgern. Bestimmte Produktionsprozesse werden unvermeidbar auch zukünftig eine Kohlenstoffquelle (Grundstoffchemie) benötigen oder werden weiterhin eine klimarelevante CO2-Quelle (Kalk- und Zementherstellung) darstellen.

Das BMBF fördert mit 30 Millionen Euro in der Förderrichtlinie „CO2 als nachhaltige Kohlenstoffquelle – Wege zur industriellen Nutzung (CO2-WIN)“ Projekte, die sich unter anderem mit dieser Problematik befassen. Innovationen unterschiedlicher technologischer Reife und verschiedener Sektorzugehörigkeit gehören genauso wie die begleitende ökologische Bewertung zum Fokus der Förderrichtlinie.

KMU-innovativ: Spitzenforschung und Entwicklung zu Energieeffizienz und Klimaschutz

In vielen Bereichen der Spitzenforschung sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Vorreiter des technologischen Fortschritts. Mit KMU-innovativ bietet das BMBF ihnen die Chance, mit neuen Produkten und Prozessen erfolgreich im Markt zu bestehen. Auch bei Klimaschutz und Energieeffizienz kommen wichtige Impulse aus mittelständischen Unternehmen. Die Förderinitiative besteht seit 2007 und wird breit über Deutschland verteilt bei KMU genutzt, die Spitzenforschung betreiben wollen. In der Initiative wurden über alle Bereiche insgesamt 2.900 kleine und mittelständische Unternehmen mit mehr als 1,2 Mrd. Euro gefördert – 500 davon im Themenfeld Energieeffizienz und Klimaschutz (Fördersumme: 133 Mio. Euro). Im Hinblick auf die gestiegene Relevanz des Themas Klimaschutz wird in die Förderrichtlinie neu ein konkreter Bezug zum Klimaschutzplan 2050 aufgenommen. Um das FuE-Potenzial zum Klimaschutz voll auszuschöpfen und zusätzliche KMU für FuE-Aktivitäten zu mobilisieren, ist das Spektrum der Förderthemen dabei breit gefasst.

Landwirtschaft

Klimaschutz  in Landwirtschaft sowie Landnutzung und Forstwirtschaft

In der Landwirtschaft stagniert die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Wichtige Treibhausgase sind Methan und Lachgas in der Tierproduktion und Kohlendioxid und Lachgas aus landwirtschaftlich genutzten Böden sowie aus Moorböden und durch Torfabbau. Neue Forschungsinitiativen sollen Potenziale zur Steigerung der dauerhaften Bindung von CO2 in natürlichen Speichern, wie z. B. in Wäldern und durch klimaschützende Landnutzung erschließen. Die CO2-Minderungspotenziale bestehen im Wald durch Erhalt und Aufbau der CO2-Speicherungskapazität durch klimastabilen Waldumbau und entlang der gesamten Wertschöpfungskette, durch verbesserte Kreislaufführung, längere und optimierte Nutzungsdauer und neue stoffliche Einsatzmöglichkeiten des Holzes sowie neue Verfahren und Prozesse für die Holzverarbeitung. Anstrengungen in einer neuen Dimension sind erforderlich, um diese Aufgabe zu meistern. Weitere neue Forschungsinitiativen sollen Lösungen für klimaneutrale landwirtschaftliche Betriebe und Produktionsketten erarbeiten.

Bioökonomie: zur Untersuchung und Optimierung der Klimaeffekte der Bioökonomie

Die Bundesregierung unterstützt den Ausbau der Bioökonomie als nachhaltige und klimafreundliche Wirtschaftsform. Mithilfe nachwachsender Rohstoffe und der Nutzung biologischen Wissens sollen Ressourcen geschont, neue erschlossen und effizienter als bisher verwendet werden. Über innovative Methoden und Verfahren der Biotechnologie können fossile Rohstoffe durch nachwachsende ersetzt und Treibhausgasemissionen reduziert werden. Die Umsetzung moderner Bioraffineriekonzepte macht es möglich, Biomasse – vor allem in Form organischer Rest- und Abfallstoffe – einer vielseitigeren, höherwertigen und mehrfachen Verwertung zuzuführen. Der Kohlenstoff wird damit der Atmosphäre für eine signifikant verlängerte Nutzungsdauer entzogen. Biobasierte Verfahren schaffen Perspektiven zur Reduktion von Treibhausgasemissionen, indem sie CO2 verstärkt als Rohstoff für die Produktion höherwertiger Verbindungen nutzen.

Neue Ansätze der Pflanzenzüchtungsforschung könnten ferner die Entwicklung von Sorten ermöglichen, welche mittels verstärkter verbesserter CO2-Fixierung im Rahmen der Photosynthese bei optimierter Nährstoffnutzung gleichbleibende oder sogar höhere Erträge auch unter schwierigen Wachstumsbedingungen sicherstellen. Eingebunden in den Kontext künftiger innovativer und nachhaltiger Agrarsysteme, offeriert die Pflanzen- und Nutzpflanzenforschung einen wertvollen Beitrag, unsere landwirtschaftliche Produktion für Nahrung und biogene Rohstoffe effizienter, effektiver und nachhaltiger zu gestalten. Seit dem Jahr 2013 hat das BMBF Forschungsprojekte zum Klimaschutz im Bereich der Bioökonomie mit einem Fördervolumen von rund 129 Millionen Euro gefördert. 

Finanzwirtschaft

Investitionshemmnisse und Finanzierungsfragen zählen häufig zu den expliziten oder latenten Rahmenbedingungen (und auch Barrieren) der angestrebten „Dekarbonisierung“. Damit die Bedeutung von Finanzwirtschaft und Finanzmärkten für den Klimaschutz stärker in den Blick gerät, nimmt sich das BMBF der forschungspolitischen Aspekte dieses Themas an. Denn die für den Klimaschutz erforderlichen Summen sind erheblich. Die EU-Kommission schätzt z.B., dass pro Jahr ca. 38 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden müssten, um die EU-Klimaziele für 2030 einzuhalten. Die OECD geht in einer aktuellen Studie von einem globalen Investitionsbedarf von 6.9 Billionen Dollar jährlich aus, um die nötige Infrastruktur zur Erreichung der Ziele des Pariser Übereinkommens zu finanzieren.

Durch Klimawandel und Klimaschutz ergeben sich zudem strukturelle Veränderungen in und für die Realwirtschaft, die spezifische Risiken auf Finanzmärkten und für einzelne Institute und Investments darstellen. Akteure des Finanzmarkts haben hier noch bedeutenden Wissensbedarf. Die Forschung kann gerade in diesem Umfeld wichtige Beiträge leisten und Impulse setzten. Aus der BMBF-Fördermaßnahme „Ökonomie des Klimawandels“ heraus wurde daher in enger Abstimmung mit den Bundesressorts, den Regulierungsbehörden, Bundesbank, Wissenschaft und Finanzwirtschaft ein neuer Themenschwerpunkt „Klimaschutz und Finanzwirtschaft“ entwickelt (ab Mitte 2022, 3 Jahre, ca. 10 Mio. Euro). Die anderen BMBF Handlungsfelder innerhalb des Maßnahmenprogramms zum Klimaschutzplan 2050 sollen zudem durch praxisnahe Forschung zu spezifischen finanzwirtschaftlichen Aspekten flankiert werden und auch insbesondere der Umsetzung der „Sustainable Finance Strategie“ der Bundesregierung nutzen.