"Fliesenlegen macht mir Spaß" : Datum: , Thema: Bildung
Mit der „Berufsorientierung für Flüchtlinge“ (BOF) erhalten junge Geflüchtete Einblicke in Ausbildungsberufe des Handwerks. Die Syrer Walid Ahmed und Husein Bakr wurden von der Handwerkskammer Leipzig betreut.
„Eine Ausbildung ist der beste Weg zu einem Arbeitsplatz“, davon ist Walid Ahmed überzeugt. Der 20 Jahre alte Syrer lernt beim Leipziger Unternehmen Bauservice Großenhain den Beruf des Fliesenlegers. Doch geradlinig war der Weg des jungen Mannes keineswegs.
Walid Ahmed kam, wie so viele mit ihm, 2015 in die Bundesrepublik. Seine Flucht war beschwerlich und lang. Der Anfang war nicht leicht. Nach drei Monaten in einer Asylunterkunft in Dresden kam Walid Ahmed nach Leipzig. Hier machte er einen Sprachkurs. Bereits da hatte er den Wunsch nach einem Praktikum oder Ausbildungsplatz, wusste aber nicht so recht, wo er suchen sollte. Ein anderer Teilnehmer empfahl ihm dann Herrn Barhdadi.
Berufsorientierung für Flüchtlinge
Ahmed Barhdadi ist bei der Handwerkskammer Leipzig Ansprechpartner für interkulturelle Beratung und zuständig für das Programm „Berufsorientierung für Flüchtlinge“ – kurz BOF. Das Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ermöglicht jungen Geflüchteten Einblicke in Ausbildungsberufe des Handwerks. Während der Maßnahme lernen sie Fachsprache, erhalten erste Fachkenntnisse für den angestrebten Ausbildungsberuf und werden dabei von einer Projektbegleiterin oder einem -begleiter individuell unterstützt.
Barhdadi ist für junge Flüchtlinge wie Walid Ahmed aber mehr als nur Ansprechpartner. Vielmehr ist der Mitarbeiter der Handwerkskammer so etwas wie der „große Bruder“ der jungen Menschen, Vorbild und Vertrauensperson zugleich.
So war es auch bei Walid Ahmed. Zu Beginn der Maßnahme hatte der 20-jährige nur eine ungefähre Vorstellung, welcher Beruf für ihn in Frage käme. Wie es das Programm vorsieht, hat er sich in verschiedenen Berufsfeldern ausprobiert: Trockenbauer, Maurer, Maler. Schließlich sollte es der Beruf des Malers und Lackierers werden.
Angebot für einen Ausbildungsplatz
Barhdadi besorgte dem jungen Syrer ein Praktikum bei der Bauservice Großenhain GmbH. Nach vier Wochen Malerarbeiten bekam Walid Ahmed ein Angebot für einen Ausbildungsplatz, schlug es zur Überraschung aller jedoch aus.
„Walid war eine Woche weg. Plötzlich tauchte er wieder auf und wollte eine Ausbildung als Fliesenleger beginnen, nicht als Maler“, erinnert sich Barhdadi. Jetzt war Flexibilität von allen Seiten gefragt. „Der Betrieb war für die Idee offen“, schildert Barhdadi. Der Einsatz hat sich für alle Beteiligten gelohnt. Walid Ahmed ist mit der Ausbildung zufrieden: „Fliesenlegen macht mir Spaß“, berichtet der Syrer in einfachem, aber gut verständlichem Deutsch.
"Gleichzeitig fordere ich Disziplin"
Barhdadi erzählt, er habe eine besondere Herangehensweise: „Ich versuche, die Leute auf der persönlich-emotionalen Schiene zu gewinnen. Sie wissen, dass es jemanden gibt, der sie verstanden hat. Gleichzeitig fordere ich Disziplin, Willen und Offenheit.“
Barhdadis Kommunikationsstrategie trägt Früchte. Der Bauservice Großenhain bildet nicht nur Walid Ahmed aus, sondern mit Husein Bakr einen weiteren Teilnehmer am BOF-Programm zum Maurer.
Anspruchsvolle Lehrinhalte
Wie Walid Ahmed kommt der 23-jährige Husein Bakr aus Syrien. Sein Weg zur Ausbildung war allerdings etwas geradliniger: „Im Libanon habe ich drei Jahre als Maurer gearbeitet, zusammen mit meinem Vater waren wir selbstständig.“
Trotz dieser Vorkenntnisse und genauer Vorstellungen konnte auch Husein Bakr im BOF-Programm verschiedene Berufe erkunden. Sein Interesse fiel schließlich auf den Kfz-Mechatroniker. Doch die anspruchsvollen Lehrinhalte ließen ihn zu der Überzeugung gelangen, beim Beruf des Maurers zu bleiben.
Bei Husein Bakr zeigt sich, wie gut die Partner der Initiative „Wege in Ausbildung für Flüchtlinge“, die gemeinsam vom BMBF, der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) getragen wird, zusammenarbeiten. Als der junge Syrer nach Leipzig kam, sprach er mit seiner Arbeitsvermittlerin. Sie lud ihn zu einer Veranstaltung von Handwerkskammer und Arbeitsagentur ein. Dort kam der Kontakt mit Projektbegleiter Barhdadi zustande.
Herausforderung Berufsschule
Wie bei Walid Ahmed zeigt sich auch bei Husein Bakr, dass die Tücken der Ausbildung weniger im Praktischen als vielmehr im Theorieunterricht lauern. Für die beiden Auszubildenden ist der Berufsschulunterricht eine große Herausforderung. „Ich schaffe es nicht immer mitzuschreiben. Ich kann auch nicht ständig nachfragen“, erläutert Walid Ahmed seine Schwierigkeiten. Der angehende Fliesenleger nimmt pro Woche drei Stunden Nachhilfe, die ihm, wie er erzählt, sehr viel bringen.
Weiterbildung zum Meister
Angesichts der Herausforderungen, welche die Berufsschule mit sich bringt, richten sich die Träume von Walid Ahmed und Husein Bakr nicht allzu weit in die Zukunft: „Die Abschlussprüfung bestehen, das ist mein Ziel“, fokussiert Walid Ahmed seine Pläne. Husein Bakr ist durch seine Berufserfahrung etwas ehrgeiziger: „Wenn ich meinen Abschluss habe, will ich gerne die Weiterbildung zum Meister machen.“