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Display im Helm verrät, wo der Partner löscht : Datum: , Thema: sicherheit bei der feuerwehr

„Rauchtauchen“: So nennen Feuerwehrleute Einsätze im Qualm. Wenn sich die Retter dabei verlieren, kann das tödlich enden. Neue Visiere in Atemschutzmasken sollen dieses Problem bald lösen. Wie, verrät Dirk Aschenbrenner im Interview.

CELIDON Feuerwehr
Die Forschenden und Feurerwehrleute entwickeln ein System, das über das Helmvisier die Position anderer Feuerwehrleute in einem Gebäude anzeigen kann. © Feuerwehr Dortmund

Herr Aschenbrenner, Feuerwehrleute, die mit VR-Brillen in ein brennendes Haus eindringen – das klingt schon noch ein bisschen nach Science-Fiction. Wieviel davon könnte bald wahr sein?

Dirk Aschenbrenner: Eine VR-Brille wird es zwar nicht sein, aber richtig ist, dass wir an einem System arbeiten, das über das Helmvisier die Position anderer Feuerwehrleute in einem Gebäude anzeigen kann. Zunächst geht es darum, dass sich die Mitglieder eines Trupps gegenseitig orten können. Ein Trupp besteht immer aus zwei Feuerwehrleuten.

Das heißt, auf dem Bildschirm sind gar nicht alle beteiligten Menschen zu sehen?

Richtig, zunächst geht es nur um die direkten Partner. Das ist schon eine ziemliche Aufgabe und enorm wichtig, denn Einsätze unter Atemschutz sind sehr gefährlich. Wie gefährlich, können Sie schon daran erkennen, dass wir sie auch als „Rauchtauchen“ bezeichnen. Das Problem ist: Sie verlieren in der Dunkelheit des Rauches vollkommen die Orientierung. Aber anders als bei einem Wassertaucher, der sich im Falle eines Problems einfach nach oben orientieren kann, ist das beim Rauchtauchen nicht möglich. Sie müssen ja den Weg zurückfinden.

Wie funktioniert Ihr neues System, und wie sind Sie vorgegangen?

Vereinfacht gesagt, indem die Helme oder Atemschutzgeräte der Träger miteinander kommunizieren und so die Position des Partners verraten. Die erste Aufgabe war es, ein Display zu entwickeln, das in die Atemschutzmaske eingelassen wird. Es musste unbedingt in den Innenbereich des Visiers, damit es rauchfrei bleibt und immer eingesehen werden kann. Danach mussten wir überlegen, wie wir die Positionsbestimmung im Raum vornehmen. Dafür haben wir ein Sensornetzwerk in unserem Brandhaus in Dortmund installiert. Diese Sensoren erkennen die Position der Feuerwehrleute im Raum und spielen diese Information dann auf die Displays in den Visieren.

Das klingt gut, aber in einem echten Haus gibt es ja keine Sensoren.

Richtig, deshalb musste die Technik in Sender und Empfänger eingebaut werden, welche die Feuerwehrleute mitführen, und die dann gegenseitig die Position bestimmen können. Genau daran arbeiten mir im Moment. Sie werden an den Atemschutzgeräten installieren, denn diese sind immer am Körper.

Was genau sieht der Träger auf dem Display?

Er bekommt die Richtung wie auf einer Uhr angezeigt und die Entfernung. Das Display könnte also anzeigen: „3 Meter geradeaus“.

Das Display wird ins Visier des Atemschutzgerätes integriert und ist so immer im Blickfeld.
Das Display wird ins Visier des Atemschutzgerätes integriert und ist so immer im Blickfeld. © Feuerwehr Dortmund

Den Umriss des Raumes sieht der Träger aber nicht?

Genau. Das hat bisher nur in dem Haus mit den Sensoren geklappt, wäre aber eine interessante Weiterentwicklung. Man könnte zum Beispiel auch noch eine Wärmebildkamera installieren, die beim Auffinden von Personen oder versteckten Brandherden hilft. In ferner Zukunft wäre sogar eine Kopplung mit den Systemen eines Smart-Homes denkbar, sodass der Träger alle Informationen zu den Räumen eines Hauses bekommt. Das setzt aber noch eine ganze Menge Entwicklung voraus.

Wie werden die Einsatztrupps bisher gesichert?

Der erste Grundsatz lautet: immer zu zweit gehen und sich gegenseitig helfen. Hinzu kommt bisher der Einsatz von physischen Systemen. Das ist meistens die mitgeführte Schlauchleitung, die wie in einem Irrgarten wieder nach draußen führt. Bei Einsätzen ohne Schlauch gibt es eine zusätzliche Sicherungsleine. Der Effekt ist derselbe: Wenn ich die Orientierung verliere, kann ich dem Seil zum Ausgang folgen.

Dann kann ja eigentlich nicht viel passieren, oder?

Doch, es kommt immer wieder zu Unfällen, wenn sich die Trupps aus den Augen verlieren, oder sich trennen müssen, weil das der Einsatz erfordert. Das minimiert die Sicherheit und auch die Schlagkraft des Trupps. Deshalb haben wir nach einer technischen Unterstützung gesucht, dass sich wenigstens die beiden Mitglieder eines Trupps immer gegenseitig orten können.

Ist es auch möglich, Informationen von außerhalb des Gebäudes auf die Displays zu spielen?

Nein, auch das wäre eine Weiterentwicklung.

Was sagen die Feuerwehrleute zu dem neuen System?

Die sind begeistert! Sie hatten so etwas ja auch schon lange eingefordert.

Warum profitieren auch die Menschen in einem brennenden Gebäude?

Weil die Arbeit der Trupps nicht mehr so stark eingeschränkt ist wie bisher und die Feuerwehrleute effektiver retten und löschen können.

Werden sich Ihre Leute künftig auf das System verlassen? Elektronik kann ja auch ausfallen.

Meistens ist die Schlauchleitung ja mit dabei, dann haben Sie automatisch ein Backup für den Rückzugsweg. Kritisch ist aber, wenn das System genau dann ausfällt, wenn sich der Trupp gerade einmal getrennt hat. Dafür wollen wir die Einheiten mit einem akustischen und optischen Signal ausstatten, die es den Feuerwehrleuten ermöglicht, sich wieder zu finden.

Wann könnten die ersten Masken einsatzbereit sein?

Es ist ganz wichtig, dass jetzt Forschung und Wirtschaft an einem Strang ziehen, damit diese wichtige Neuerung so schnell wie möglich einsatzfähig ist. Denn sie wird Menschenleben retten! Eine Verzögerung wäre insofern fahrlässig. Ich rechne damit, dass die Technik nach Abschluss des Projekts noch ein bis zwei Jahre benötigt, um wirklich in den Wachen anzukommen.

Herr Aschenbrenner, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Zur Person

Dirk Aschenbrenner ist Direktor der Berufsfeuerwehr Dortmund und leitet das Forschungsvorhaben als Verbundkoordinator.