Die Wäscheklammer fürs Gehirn : Datum: , Thema: Forschung
Bei einem Aneurysma kann eine Gefäßklemme Leben retten. Doch bisherige Klemmen behindern auch die Nachsorge, da sie keine Röntgenstrahlen durchlassen – und so Medizinern den Blick versperren. Abhilfe könnte ein neues Implantat aus Carbon schaffen.
Werden sie erkannt, gilt es schnell zu handeln: Lokale Arterienerweiterungen – sogenannte Aneurysmen – können plötzlich zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. Sie entstehen, wenn Gefäßwände so geschwächt sind, dass sie das Blut nicht mehr in seiner Bahn halten können: Es dehnt dann die Wände und bildet an den Schwachstellen eine Art Sack, der mehr und mehr mit Blut vollläuft. Fachleute sprechen daher von einer Aussackung. Wird diese nicht rechtzeitig bemerkt, kann sie reißen und zu einer tödlichen Blutung führen. In einer gängigen Behandlungsmethode klemmen Ärztinnen und Ärzte das Aneurysma mit einer Art Wäscheklammer vom Blutgefäß ab. So kann die Aussackung kontrolliert entleert werden. Oder das Blut gerinnt im abgeklemmten Aneurysma und entwickelt sich mit der Zeit zu Bindegewebe. Die Klemme selbst verbleibt dauerhaft im Körper und verschließt das Aneurysma.
Dabei gibt es jedoch ein Problem: Bisher werden die Klemmen aus Titanlegierungen gefertigt – und diese versperren den Medizinern bei Nachuntersuchungen den Blick. Denn Titan lässt kaum Röntgenstrahlen durch. Bei gängigen Bildgebungsverfahren wie Röntgen, Magnetresonanztomografie oder Computertomografie entstehen so oft falsche Bilder. In einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Eurostars-Projekt konnten Forschende der ADETE GmbH – heute INTELLIGHT – und des Instituts für Verbundwerkstoffe jetzt dieses Problem lösen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben eine innovative Aneurysmen-Klemme aus faserverstärkten Kunststoffen (Carbon) entwickelt. Der Vorteil: Die Implantate bleiben unter Röntgenstrahlen sichtbar – und der Zustand der erkrankten Arterie ist für die Ärzteschaft besser einzuschätzen. Dank des sogenannten „InnoClip“ können künftig auch besonders risikoreiche Aneurysmen im Gehirn leichter behandelt werden. Dabei besitzt der neue Clip, der im halbautomatisierten Spritzgussverfahren entsteht, auch noch eine exzellente Bioverträglichkeit. Zudem ist er in der Herstellung günstiger als seine handgefertigten Vorgänger aus Metall. 2016 wurde der Clip daher mit dem „Innovation Award“ im Bereich Medizintechnik der weltweit führenden Leitmesse für Verbundwerkstoffe „JEC World“ ausgezeichnet. Bis zur Serienreife und Zulassung kann es jedoch noch einige Zeit dauern.