"Die Förderung der universitären Spitzenforschung zeigt erste Früchte" : Datum: , Thema: Forschung
Der Kommissionsvorsitzende Dieter Imboden über die Wirkung der Exzellenzinitiative, die Arbeitsweise der Kommission und über ein Nachfolgeprogramm.
Herr Professor Imboden, erläutern Sie uns bitte kurz Ihren Auftrag, die Arbeitsweise und die Zusammensetzung Ihrer Kommission.
Dieter Imboden: Bereits im Jahr 2009 – also weit vor Beginn der 2. Förderphase der Exzellenzinitiative (2012-2017) – beschloss die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK), vor einer Entscheidung über die Weiterführung der Initiative eine Evaluation durch eine unabhängige Expertenkommission durchführen zu lassen, welche im Januar 2016 vorliegen sollte. Damals erging auch der Auftrag an die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Wissenschaftsrat (WR), die beiden Durchführungsorganisationen der Exzellenzinitiative, bis Mitte 2015 einen datengestützten Bericht zur Information der Expertenkommission bereitzustellen.
Im Frühjahr 2014 hat mich die GWK für den Vorsitz der Kommission vorgeschlagen – eine Aufgabe, die ich sehr gern angenommen habe. Die anderen neun Mitglieder der Kommission, allesamt tätige oder emeritierte Universitätsprofessoren/innen, wurden auf meinen Vorschlag hin nominiert. Es sind fünf Frauen und vier Männer, die ein breites Fächerspektrum repräsentieren und überwiegend nicht in Deutschland tätig sind bzw. waren. Die Kommission diskutierte in sechs Treffen zwischen Herbst 2014 und Januar 2016 außerordentlich offen und kritisch-konstruktiv – und, dass möchte ich betonen, vollkommen frei. Alle Mitglieder stehen einhellig hinter den in unserem Endbericht vorgelegten Analysen und Empfehlungen.
Was bewirkte die Exzellenzinitiative für die deutschen Universitäten und das deutsche Wissenschaftssystem?
Dieter Imboden: Investitionen in die Forschung sind ein langfristiges Unternehmen, und daher ist es eigentlich noch zu früh, die Ernte abschließend zu bewerten. Aber gewisse Folgerungen lassen sich jetzt schon ziehen: Die Exzellenzinitiative war in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Förderprogramm. Mithilfe der von Bund und Ländern zur Verfügung gestellten Mittel wurde an den Universitäten ein Strukturwandel in Gang gesetzt und die Internationalisierung vorangetrieben. Die Förderung der universitären Spitzenforschung zeigt erste Früchte. So ist zum Beispiel die hohe Qualität der im Rahmen von Exzellenzclustern entstandenen Publikationen beeindruckend. Zudem wurde im Zuge der öffentlichen Diskussion über die Exzellenzinitiative deutlich, dass sich die deutschen Universitäten bezüglich ihrer Forschungsleistungen untereinander markant unterscheiden.
Zur Zusammenarbeit zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen hat die Exzellenzinitiative aus Sicht der Kommission in der Tat einen neuen Impuls gegeben. Allerdings kann noch nicht beurteilt werden, wie dauerhaft diese Kooperationen über das Vorhandensein eines gemeinsamen externen Finanzierungstopfes hinaus sind und insbesondere welche Transaktionskosten sie mit sich bringen. Die Kommission ist der Ansicht, dass das System der deutschen Wissenschaftsinstitutionen mittelfristig sehr von einer wesentlich stärkeren Integration und einer Angleichung der Unterschiede der Forschungsbedingungen von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen profitieren würde.
Wo sehen Sie weiteren Handlungsbedarf für die Universitäten?
Dieter Imboden: Der Weg ist das Ziel – und er wird es auch noch über Jahre bleiben. Die Kommission hält die weitere universitäre Differenzierung, insbesondere die Herausbildung von Zentren der Spitzenforschung, für eine Grundvoraussetzung für international konkurrenzfähige Universitäten. Noch ist nicht klar, inwieweit die universitären Forschungsschwerpunkte und die neuen Zusammenarbeitsmodelle mit den außeruniversitären Forschungsinstitutionen durch die Exzellenzförderung „neu“ geschaffen oder „nur“ durch Bündelung bereits vorhandener Forschungskapazitäten besser sichtbar gemacht wurden sind. Mit einer gewissen Sorge hat die Kommission festgestellt, dass die Nachhaltigkeit der Finanzierung von Exzellenzclustern aus eigenen Mitteln – anders als verabredet - kaum vorbereitet worden ist. Dazu müssten schwierige Entscheide gefällt werden, für welche die Hochschulleitungen ihre Möglichkeiten hätten nutzen müssen und für welche die Universitäten eine bessere Governance bräuchten, welche auf Autonomie und starken Führungsstrukturen beruht.
Welche Schwerpunkte sehen Sie vor diesem Hintergrund für ein Nachfolgeprogramm der Exzellenzinitiative?
Dieter Imboden: Wir sind uns in der Kommission einig, dass sich das Nachfolgeprogramm der Exzellenzinitiative auf die Stärkung der universitären Spitzenforschung in Deutschland konzentrieren sollte, auch wenn es im deutschen Hochschulsystem noch andere berechtige Anliegen gibt. Daher empfehlen wir den Verzicht auf die Graduiertenschulen, auch wenn die Kommission diese grundsätzlich schätzt. Beibehalten sollten die Exzellenzcluster, wenn auch deutlich flexibler bei Budgets und Partnerkonstellation. Für die von uns als dringend notwendig erachtete Stärkung der Universitätsleitungen empfehlen wir, die Exzellenzcluster mit einer Universitätsprämie in Höhe von 20% der Projektkosten zu verbinden – und zwar zusätzlich zur Programmpauschale. Als Ersatz der Förderlinie „Zukunftskonzepte“ schlagen wir die Ausrichtung einer Exzellenzprämie in Höhe von ca. 15 Mio. Euro pro Jahr an die 10 besten deutschen Universitäten vor – und zwar ausschließlich aufgrund vergangener Forschungsleistungen, also ohne ein Antragsverfahren. Diese Mittel würden unter direkter Verantwortung der Universitätsleitung für die Setzung künftiger Prioritäten stehen, über deren Erfolg der Wettbewerb bei der folgenden Vergaberunden Auskunft gäbe. Sehr wichtig ist uns die bessere Planungssicherheit für die Universitäten durch Verlängerung der Förderperioden auf sieben bis acht Jahre.
Zudem plädiert die Kommission dafür, den immensen Zeitdruck auf die Universitäten und die Politik bezüglich der Ausgestaltung des Nachfolgeprogramms durch die Verlängerung aller Projekte der jetzt laufenden Exzellenzinitiative um zwei Jahre zu mildern. Die Universitäten sollen Zeit haben, ihre Strategie auf neue Rahmenbedingungen auszurichten. Auch die Ausarbeitung eines vernünftigen Rankingsystems für die Universitäten wird Zeit brauchen. Und schließlich könnte auch der speziellen Situation jener Programme Rechnung getragen werden, welche erst in der zweiten Phase der jetzigen Exzellenzinitiative bewilligt worden sind.
Wie ist es Ihnen als Vorsitzender der Kommission ergangen? War das Belastung oder Vergnügen?
Dieter Imboden: Zunächst einmal bin ich der Politik sehr dankbar, trotz des engen Zeitplanes für die Nachfolgeregelung und der überaus großen Erwartungshaltung der Universitäten am ursprünglichen Zeitplan festgehalten zu haben, denn die Zeit haben wir auch wirklich benötigt! Auch die Geschäftsstelle, die uns umfassend unterstützte, war eine große Hilfe.
Ein sehr positives Erlebnis war die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in der Kommission, die sich allesamt mit großem Engagement – und dies neben ihren vielen Verpflichtungen – dieser anspruchsvollen Aufgabe widmeten. Ich möchte an dieser Stelle – wegen der gebotenen Kürze – nur meine Stellvertreterin, Elke Lütjen-Drecoll herausheben, die z.B. sehr viele persönliche Gespräche mit Vertretern des deutschen Wissenschaftssystems führte.
Die Evaluation der Exzellenzinitiative war also in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches und, trotz hoher Arbeitsbelastung positives Erlebnis für mich. Es gibt wohl kaum ein Förderinstrument von vergleichbarer Bedeutung in Deutschland im Hinblick auf Anspruch und finanziellen Umfang. Die intensive Auseinandersetzung mit diesem Programm und seinen Wirkungen war Ehre und Vergnügen.