Das Wasserstoffdorf : Datum: , Thema: Forschung
Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger zur Speicherung grüner Energie. Damit künftig auch die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren können, ist in Bitterfeld ein Versuchsfeld in Betrieb gegangen, das sich sehen – und sogar riechen – lassen kann.
Noch immer wird Wasserstoff oft unterschätzt, dabei lässt sich der Rohstoff und Energieträger einfach speichern und später wieder in Strom oder Wärme umwandeln. Und als „grüner“ Wasserstoff, der mithilfe der Wasserelektrolyse aus regenerativen Energieträgern gewonnen wird, ist er dann erst recht umweltfreundlich. Doch bis Wasserstoff tatsächlich zuhause bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen wird, gibt es noch einige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu leisten.
Im neuen Wasserstoffdorf, das nun im geschichtsträchtigen Chemiepark Bitterfeld-Wolfen in Betrieb gegangen ist, wird die dafür nötige Infrastruktur erprobt und weiterentwickelt. Auf 12.000 Quadratmetern hat „HYPOS“ (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) ein Versuchsfeld mit dem offiziellen Namen „H2-Netz“ aufgebaut, das die Verteilung von Wasserstoff bis hin zum Anschluss an Privathaushalte simulieren soll. Das HYPOS-Konsortium umfasst mehr als 100 Unternehmen, wissenschaftliche Institute und Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland und wird seit über fünf Jahren vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des „Zwanzig20“-Programms gefördert.
Kilometerlange Kunststoffleitungen
Das mitteldeutsche Chemiedreieck beherbergt die zweitlängste Wasserstoffpipeline Deutschlands, mehrere Kraftstoff- und Chemieunternehmen sowie riesige unterirdische Salzspeicher – sogenannte Kavernen –, die gewaltige Mengen Wasserstoff speichern können. Genau in diesem Umfeld haben der Betreiber Mitnetz Gas AG und seine Partner ihr Wasserstoffdorf angesiedelt und dafür einiges getan: Sie haben 675 Meter hochdichter Kunststoffleitungen verlegt, mit denen sie die bisher standardmäßig verwendeten Metallleitungen ersetzen wollen, verschiedene Verlegetechniken unter und über der Erde getestet und technische Regelanlagen und Messeinrichtungen installiert.
Neben diesen neuen und verbesserten Technologien setzt das Wasserstoffdorf aber auch den idealen Rahmen für die Ausarbeitung eines technischen Regelwerks und bietet weiteren HYPOS-Projekten ein Zuhause. Das Vorhaben „H2-Home“ untersucht zum Beispiel, wie sich Mehrfamilienhäuser mit Strom und Wärme aus Wasserstoff versorgen lassen. Die so entstandene Infrastruktur kann sich auch im internationalen Vergleich sehen – und bald auch riechen – lassen: Da Wasserstoff von Natur aus farb- und geruchlos ist, könnte er sich im Falle eines Lecks unbemerkt verteilen. Die HYPOS-Partner untersuchen deshalb Möglichkeiten, dem Wasserstoff Gerüche beizumischen, die uns Menschen vor möglichen Gefahren warnen sollen.
Energieträger der Zukunft
Geht es nach den HYPOS-Partnern, wird es in Zukunft viele ganz reale, „grüne“ Wasserstoffdörfer geben. Doch auch städtische Quartiere sollen an eine Wasserstoffversorgung angeschlossen werden können. Denn eines ist klar: Wasserstoff ist (noch) besser als sein Ruf. Davon überzeugt ist Dirk Hünlich, Prokurist der Mitnetz Gas AG: „Der Wasserstoff wird das Energieversorgungssystem revolutionieren. Denn er trägt maßgeblich zur Minderung der CO2-Emissionen bei, und die erneuerbaren Energien können in Wasserstoff gewandelt werden“, sagt Hünlich und fügt hinzu: „Das ist der Energieträger der Zukunft.“