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BOF-Kurse online: Den Kontakt lebendig halten : Datum: , Thema: integration

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte BOF Programm ist ein Berufsorientierungsangebot für Migrantinnen und Migranten. Dass Integration auch digital funktionieren kann, zeigt das Beispiel eines Online-BOF-Kurses in Würzburg.

Studentin mit Smartphone
Ein Video-Konferenzsystem ermöglicht den mündlichen Austausch in der Gruppe – mit Sichtkontakt zum Online-Tutor oder zur Online-Tutorin (Symbolbild). © Adobe Stock / insta_photos

Der BOF-Kurs in den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayrischen Wirtschaft (bfz) gGmbH Würzburg startete Anfang März 2020 mit zwölf Teilnehmenden. Mitte März wurde die Bildungseinrichtung aufgrund der Covid-19-Pandemie geschlossen. Viele Träger sahen sich hier wie anderswo nicht nur mit enormen Umsatzverlusten konfrontiert, sondern auch mit der Sorge um ihr Klientel. Das bfz entschied sich, den BOF-Kurs der Situation anzupassen und statt des Präsenz-Unterrichts eine alternative Lehr- und Lernmethode anzuwenden: „bfz mobile“ wurde das neue Konzept getauft.

Die ersten zwei Wochen Präsenzunterricht vor dem Lock-Down reichten aus, um in der bunt gemischten BOF Gruppe mit Teilnehmenden unterschiedlicher Nationalitäten ein Gemeinschaftsgefühl entstehen zu lassen. Für die Digital Natives aus aller Welt war es naheliegend, sich von Anfang an in einer gemeinsamen Messenger-Gruppe zusammenzuschließen. Der virtuelle Weg der Kommunikation war also schon informell beschritten, bevor das bfz beschloss, ein E-Learning-Konzept für die Online-Betreuung im Rahmen der BOF-Maßnahmen auszuarbeiten.

Die Anfänge – ein Sprung ins kalte Wasser

Zunächst ging es darum, den regelmäßigen Kontakt und Austausch über ein neues Medium erst einmal zu etablieren. Die Anfänge des Fernunterrichts im bfz Würzburg seien noch etwas holprig gewesen, berichtet Lora Falkenstern, die sozialpädagogische Betreuerin in den dortigen BOF-Kursen. Zunächst schickten die Dozentinnen und Dozenten für Deutsch und Mathematik Aufgabenblätter per E-Mail, dann per Post. Diese wurden jedoch oft nicht ausgefüllt. „Schriftliche Aufgabenstellungen ohne zusätzliche Erläuterungen verstehen zu können, erfordert eine hohe Sprachkompetenz“, erläutert Lora Falkenstern. Die Scheu vieler Lernenden, ihre Verständnisschwierigkeiten zu offenbaren, hindere sie oftmals daran nachzufragen. „Echtzeit-Kommunikation in der Gruppe ist ein Muss.“

Leichte Lockerungen

Mittlerweile machen es die Corona -Lockerungen möglich, dass im bfz Kleingruppen im Wechsel vor Ort - in den Schulungsräumen und Werkstätten - beschult werden können. Der Online-Unterricht findet weiterhin ergänzend statt. Lora Falkenstern resümiert: „Es ist gut, dass wir die Möglichkeit haben, den Fernunterricht durchzuführen und hier auch schon Erfahrungen gesammelt haben“.

Die Einrichtung eines virtuellen Klassenraums schuf Abhilfe. Ein Video-Konferenzsystem ermöglicht nun einen mündlichen Austausch in der Gruppe – mit Sichtkontakt zum Online-Tutor oder zur Online-Tutorin. Diese können Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Verständnis der Aufgabenstellung einholen und auf Zwischenfragen eingehen. Jetzt funktioniert auch der Rücklauf der bearbeiteten Aufgaben. Die ausgefüllten Arbeitsblätter werden per Post zurückgesendet, beim bfz vor Ort abgegeben oder auch mal mit dem Handy abfotografiert und verschickt.

Was die Ausstattung der Teilnehmenden angeht, so verfügen in dieser Gruppe alle über ein Smartphone, manche zudem noch über ein Laptop. Im Bedarfsfall habe man Tablets ausgeliehen, erläutert Sabine Schmidt, die Koordinatorin für den Bereich Jugend des bfz Würzburg. Da manche Teilnehmende in Sammelunterkünften nicht über WLAN verfügen, wird ihnen ein hinreichendes Prepaid-Guthaben für ihr Handy zugestanden. Dass es dennoch nicht ohne Verbindungsprobleme geht, liegt nahe: die öffentliche Netz-Infrastruktur ist vielerorts derzeit überlastet.

Didaktik muss angepasst werden

Neben der Auswahl eines geeigneten Videokonferenztools und der Organisation der Rahmenbedingungen ist die Umstellung der Didaktik die anspruchsvollste Aufgabe. Dazu gehört die Digitalisierung der Lernmedien, der Support der Lernenden bei technischen Problemen und die Fähigkeit, den Unterricht vor einem „unsichtbaren“ Publikum zu gestalten, ohne die Reaktionen der Zuhörenden an Gestik, Mimik, Stimmklang und Körperhaltung ablesen zu können. Das Lehren und Lernen mit digitalen Medien hat seine besonderen Potenziale, aber hier gilt es, sehr sorgfältig abzuwägen, welche Methode für die jeweilige Zielgruppe geeignet – und – bezogen auf die BOF-Kurse – sprachlich angemessen niederschwellig ist.

„Der Online-Unterricht sorgt für eine feste Tagesstruktur“, sagt Lora Falkenstern. Die Teilnehmenden betreten morgens zur vereinbarten Uhrzeit das virtuelle Klassenzimmer. Um 10 Uhr beginnt nämlich der zweistündige Mathekurs, nachmittags um 14 Uhr geht es weiter mit Deutsch. Danach müssen selbstständig die Aufgaben für den nächsten Tag erledigt werden. 

Zu Beginn des Online- Kurses sind nicht nur die Dozentin oder der Dozent online, sondern auch Lora Falkenstern, die die Teilnehmenden bei der Bewältigung verschiedener alltagsrelevanter Probleme unterstützt. Bei Bedarf verabredet die sozialpädagogische Betreuerin exklusive Online-Meetings mit einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die sozialpädagogische Begleitung wird in hohem Maße durch den anfänglichen persönlichen Kontakt erleichtert, sagt sie. In einem Kurs, der ohne ein Face-to-face beginnt, gestaltet sich die Betreuung der Teilnehmenden deutlich schwieriger. 

„Dass sich die Lernenden im März persönlich kennengelernt haben, wirkt sich bis heute positiv auf die Lernatmosphäre im virtuellen Kursraum aus“, sagt Lora Falkenstern. „Hemmungen, sich vor der Gruppe zu äußern, nachzufragen und Unsicherheit zuzulassen, sind dann deutlich geringer“. Die regelmäßige Anwesenheit der Teilnehmenden und ihre Beteiligung am Unterricht sind sehr erfreulich. Auch wenn sich die Lernenden von „BOF vor Ort“ auf „BOF online“ umstellen mussten, gibt ihnen der Kurs weiterhin eine gute Orientierung und Vorbereitung für eine anschließende Berufsausbildung.

Unerlässlich: Der Kontakt zur Lehrperson und die Interaktion mit anderen Teilnehmenden

Die berufsbezogene praktische Arbeit in der Werkstatt kann durch die Online-Phase nicht ersetzt werden. Um über die grundbildenden Lerneinheiten hinaus zumindest ein Minimum an handwerklicher Tätigkeit zu ermöglichen, gibt das bfz Modellbausätze aus, damit die Teilnehmenden praktische Erfahrungen sammeln können. Auch Web based Trainings wurden in manche BOF-Kurse des bfz schon integriert. Für die Akzeptanz bei den Teilnehmenden und damit für den Lernerfolg reicht es jedoch nicht, Trainings einfach zur Verfügung zu stellen. Jedes Medium muss sinnvoll in den Online-Unterricht eingebunden werden. „Der Kontakt zur Lehrperson und die Interaktion mit anderen sind essenziell wichtig für das Gelingen eines Lernprozesses und jedes BOF-Kurses“, betont Lora Falkenstern. „Nur Wissen zur Verfügung stellen, reicht nicht“.