BBiG-Novelle: Das sind die wichtigsten Änderungen : Datum: , Thema: Bildung
Mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) stellt das BMBF die duale Berufsausbildung und die „höherqualifizierende“ Berufsbildung attraktiv für die Zukunft auf. Aber was ändert sich genau? Hier gibt es Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf für die Novelle des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) beschlossen. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek erklärte dazu: „Die berufliche Bildung in Deutschland gehört zu den erfolgreichsten Qualifizierungssystemen weltweit. Mit der BBiG-Novelle werden wir ihre Attraktivität weiter steigern. Das sichert die Fachkräfteausbildung in unserem Land. Die berufliche Bildung bietet jungen Menschen hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten. Die Entscheidung zwischen beruflicher Aus- und Fortbildung oder Studium ist keine Frage eines Mehr oder Weniger. Es ist eine Auswahl zwischen zwei gleichwertigen Wegen zum beruflichen Erfolg.“
Zentrales Element der BBiG-Novelle ist die Einführung transparenter Fortbildungsstufen für die höherqualifizierende Berufsbildung. Abschlüsse sollen künftig die Bezeichnungen „Geprüfte/r Berufsspezialist/in“, „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“ tragen. Die Gleichwertigkeit von beruflicher Fortbildung und Studium wird dadurch verdeutlicht. Weil die Bezeichnungen international verständlich sind, fördern sie die Mobilität für berufliche Aufsteigerinnen und Aufsteiger.
Ein anderer wichtiger Bestandteil der BBiG-Novelle ist die Einführung einer ausbalancierten Mindestausbildungsvergütung. „Mit der Mindestvergütung setzen wir dort an, wo es keine Tarifbindung gibt. Sie hält Maß und Mitte, schafft Transparenz und steigert die Attraktivität. Das ist auch dort besonders wichtig, wo Fachkräftenachwuchs dringend gesucht wird. Mit jedem Ausbildungsjahr erhalten die Auszubildenden etwas mehr, da sie mit jedem Jahr mehr lernen und damit mehr für den Betrieb leisten.“, erläuterte die Bundesbildungsministerin.
Weitere Schwerpunkte der BBiG-Novelle sind erweiterte Möglichkeiten der Teilzeitberufsausbildung, Regelungen für eine größere Durchlässigkeit innerhalb der beruflichen Bildung sowie verbesserte Bestimmungen für rechtsbeständige und hochwertige Prüfungen. Verfahren werden vereinfacht, Bürokratie wird abgebaut. Die Novelle setzt damit die notwendigen Rahmenbedingungen, um das Erfolgsmodell berufliche Bildung auch für die Zukunft gut aufzustellen.
Mindestvergütung für Auszubildende
Wie viel Geld erhalten Auszubildende?
Wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt die tarifvertraglich festgesetzte Höhe der Ausbildungsvergütung. Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, erhalten Auszubildende mindestens die gesetzliche Mindestvergütung. Die Ausbildungsvergütung hängt dann davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt. Im ersten Ausbildungsjahr erhalten Auszubildende, deren Ausbildung in 2020 beginnt, eine Mindestvergütung in Höhe von 515 Euro. Beginnt die Ausbildung 2021 beträgt die Vergütung mindestens 550 Euro, beginnt sie 2022 beträgt die Vergütung mindestens 585 Euro, beginnt sie 2023 beträgt die Vergütung mindestens 620 Euro. Ab 2024 wird die Höhe der Mindestvergütung für das erste Ausbildungsjahr jeweils im November des Vorjahres im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben, sie wird jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen angepasst.
Für das zweite, dritte und vierte Ausbildungsjahr wird dem wachsenden Beitrag der Auszubildenden zur betrieblichen Wertschöpfung außerdem durch steigende Aufschläge Rechnung getragen. Der Auszubildende erhält 18 Prozent, 35 Prozent bzw. 40 Prozent über dem jeweiligen Einstiegsbetrag für das erste Ausbildungsjahr.
Für welche Auszubildende gilt die Mindestvergütung? Gilt die Mindestvergütung auch für Ausbildungen von Erziehern oder in Pflegeberufen?
Die Mindestvergütung gilt für Auszubildende, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung geregelten Beruf ausgebildet werden. Die Mindestvergütung gilt nicht für landesrechtlich geregelte Berufe wie z.B. Erzieher. Es gilt auch nicht für die reglementierten Berufe im Gesundheitswesen, denn das Berufsbildungsgesetz findet dort keine Anwendung.
Warum ist die Einführung einer staatlich verordneten Mindestausbildungsvergütung so wichtig?
Auszubildende tragen zur Wertschöpfung bei. Das verdient Anerkennung. Daher soll eine einheitliche und ausgewogene Mindestvergütung für alle BBiG-Auszubildenden einen Maßstab bieten und so die Attraktivität der beruflichen Bildung erhöhen.
Kann es durch die Einführung einer Mindestvergütung zu einer Schlechterstellung von Auszubildenden gegenüber der derzeitigen Rechtslage kommen?
Nein. Insbesondere wird die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sog. „20%-Regel“ gesetzlich aufgenommen. Danach ist die Ausbildungsvergütung außerhalb einer Tarifbindung nicht angemessen, wenn sie zwar über der gesetzlichen Mindestvergütung liegt, sie aber um mehr als 20 Prozent niedriger ist als die in einem einschlägigen Tarifvertrag vereinbarte Vergütung. Voraussetzung ist, dass der Tarifvertrag für das Ausbildungsverhältnis unmittelbar gelten würde, wenn der Ausbildungsbetrieb tarifgebunden wäre.
Müssen die Auszubildenden Sozialabgaben zahlen, wenn sie die gesetzliche Mindestvergütung erhalten?
Die Höhe der Ausbildungsvergütung ist Gegenstand des Ausbildungsvertrages und dort immer als Bruttobetrag vereinbart bzw. ausgewiesen. Erhalten Auszubildende die gesetzliche Mindestvergütung, gelten die allgemeinen Regeln zur Zahlung von Sozialabgaben.
Stärkung und Weiterentwicklung der „höherqualifizierenden“ Berufsbildung
Warum sollen die neuen Abschlussbezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ in der beruflichen Bildung eingeführt werden?
In der höherqualifizierenden Berufsbildung nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung werden drei Fortbildungsstufen verankert. Jede dieser Stufen erhält eine einheitliche Abschlussbezeichnung: Geprüfte/r Berufsspezialist/in, Bachelor Professional oder Master Professional. Durch die attraktiven, international anschlussfähigen Abschlussbezeichnungen wird ein wichtiges Signal für die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung gesetzt und die Mobilitäts- und Karrierechancen der Absolventen werden gestärkt.
Kann ich meine alte Fortbildungsbezeichnung weiter führen (z.B. Meister, Fachwirt)?
Ja. Dies gilt auch für den „Fachwirt“. Die Novelle richtet sich zunächst an die sogenannten Verordnungsgeber, die Fortbildungsordnungen erlassen (insb. Bundesministerien). Sie bezieht sich daher auf die künftige Regelung und Vergabe von Abschlussbezeichnungen und den entsprechenden Titelschutz.
Besonderheiten gelten aufgrund handwerksrechtlicher Besonderheiten für den Meister: Mit einer bestandenen Meisterprüfung kann zusätzlich die neue Abschlussbezeichnung „Bachelor Professional“ geführt werden. Demgegenüber ersetzt aber ein Abschluss der Fortbildungsstufe „Bachelor Professional“ nicht die Meisterprüfung. Einen Meistertitel erlangt nur, wer eine Meisterprüfung erfolgreich abgelegt hat.
Wie ist das Verhältnis der Bezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ zu den hochschulischen Abschlüssen „Bachelor“ und „Master“?
Die Fortbildungsabschlüsse nach dem Berufsbildungsgesetz und die hochschulischen Abschlüsse sind verschiedenartig, da die einen der höherqualifizierenden beruflichen Bildung und die anderen der akademischen Hochschulbildung zugehörig sind. Die neuen Abschlussbezeichnungen machen aber deutlich: Abschlüsse der beruflichen Fortbildung sind den Hochschulabschlüssen gleichwertig. Was im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) schon länger feststeht, wird nun auch in den Begriffen greifbar. Beide Qualifizierungswege gehören zu den sogenannten tertiären Qualifizierungswegen.
Durch die in der Novelle vorgesehenen beruflichen Abschlussbezeichnungen wird eine ausreichende Differenzierung zu den hochschulischen Abschlüssen gewährleistet. Durch den auf die berufliche Bildung hinweisenden Zusatz „Professional“ wird eine Verwechslung mit hochschulischen Abschlüssen ausgeschlossen.
Verbesserte Durchlässigkeit innerhalb der beruflichen Bildung
Welche Vorteile hat der Auszubildende von der größeren Durchlässigkeit bei aufeinander aufbauenden zwei- und dreijährigen Berufen?
Künftig wird die zuständige Stelle (z.B. „Kammer“) dazu verpflichtet, die Dauer eines zweijährigen Ausbildungsberufes anzurechnen, wenn dies in der Ausbildungsordnung vorgesehen ist und Betrieb und Auszubildende dies vereinbaren. Wer eine zweijährige Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, kann sich vom ersten Teil einer Abschlussprüfung einer aufbauenden Ausbildung befreien lassen. So fallen unnötige „Doppelungen“ weg.
Stärkung der Teilzeitberufsausbildung
Welche Verbesserungen gibt es bei der Teilzeitausbildung?
Voraussetzung der Teilzeitausbildung ist wie bisher, dass sich Ausbildende und Auszubildende einig sind. Aber die Möglichkeiten der Teilzeitausbildung wurden erweitert: Konnten bisher vor allem Leistungsstarke profitieren, indem sie ihre tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit verkürzten, wird die Teilzeitberufsausbildung künftig zur Option für alle in dualer Ausbildung – in Absprache mit dem Betrieb. Zusätzlich entstehen so auch neue Möglichkeiten und Anreize für Menschen mit Behinderung oder Lernbeeinträchtigungen oder für Personen, die eine Ausbildung nur absolvieren können oder wollen, wenn sie diese mit einer Erwerbstätigkeit neben der Ausbildung verbinden können.