Auf dem Weg zur grünen Null : Datum: , Thema: Forschung
In Sprendlingen-Gensingen wächst die erste Generation Menschen mit einer grünen Null heran. Die rheinhessische Kommune lebt nach einem Konzept, mit dem sie klimaneutral werden will. Das hat Magnetwirkung, wie ein Ortsbesuch in der Gemeinde zeigt.
Obst und Gemüse zum Selbstpflücken, dazu Laubbäume und regionale Sträucher: Ein Grünzug entsteht zwischen den beiden Gemeinden Sprendlingen und Gensingen, den beiden größten Orten der rheinhessischen Verbandsgemeinde gleichen Namens. Das natürliche Gelände wird ein Mix aus essbarer Landschaft und Erholungswald.
Kinder der Kitas und Schulen können diesen Grünzug mitgestalten. Es ist die erste Generation der Verbandsgemeinde unweit von Frankfurt am Main, die auf diese Weise von einem Öko-Konto profitiert. Wer Land bebaut, zahlt auf das Öko-Konto ein. Sprendlingen-Gensingen finanziert davon grünes Wachstum. Eingriffe in die Landschaft und neuer Naturraum gleichen sich aus – nachhaltig, zur Null.
Der Grünzug ist ein weiteres sichtbares Zeichen der grünen Null, der sich die Kommune mit ihren insgesamt 15.000 Einwohnern verschrieben hat. „Das Null-Emissions-Konzept ist inzwischen die Grundlage jeglicher Entscheidung der Verbandsgemeinde“, sagt Nachhaltigkeitsmanagerin Heike Müller. Sie und zwei weitere grüne Manager tragen dafür Sorge. Sie beraten umfassend zu Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Energie, initiieren Workshops und Projekte wie den neuen Grünzug.
Ressourcen werden umfassend genutzt
Entstanden ist das Null-Emissions-Konzept in fünfjähriger Forschungsarbeit gemeinsam mit den Forschenden vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) am Umweltcampus Birkenfeld der Hochschule Trier. Seit knapp zwei Jahren nun lebt die Gemeinde es auf ihrem Weg zur grünen Null. Die Strategie, gefördert vom Bundesforschungsministerium, umfasst dabei alle Bereiche – Emissionen – kommunalen Lebens: Abfall, Abwasser, Treibhausgas und Bodenverbrauch. Ein umfassender Kreislauf führt Energie, Wasser, Abfall und Land zusammen. Ein ganzheitliches Stoffstrommanagement reduziert Verbrauch und Ausstoß und nutzt die Reste als Ressourcen für neue Produkte.
Das geschieht zum Beispiel im Ressourcenzentrum, das in den kommenden Jahren entsteht. Hier sammelt die Gemeinde Abfälle wie Grünschnitt oder Holzreste und verarbeitet sie in einer eigenen Anlage zu Energie. Das geschieht auch in den kleinen Tauschregalen, die die Menschen hier eingerichtet haben: Für Lebensmittel, Bücher, alltägliche Dinge. Stück für Stück, mit dem Bepflanzen des Grünzugs, mit dem Umstellen auf eine Tausch-Gemeinschaft, mit Sonnenenergie auf ihren Dächern, machen sich die Menschen in Sprendlingen-Gensingen das Null-Emissions-Konzept zu eigen. Entlang des Grünzugs soll auch ein Radweg entstehen, auf dem die Menschen sicher und schnell fahren können. Derweil chauffieren Senioren im Ehrenamt andere Senioren zu Einkäufen oder zum Arzt – mit dem Bürgerbus der Gemeinden, der zukünftig elektrisch betrieben wird.
Mehr Menschen zieht es in die ländliche Gemeinde
Die nachhaltige Gemeinde zieht mehr und mehr Menschen an. Für sie baut Sprendlingen-Gensingen ein Null-Emissions-Wohngebiet, gewissermaßen ein kleines Modell-Quartier des großen Konzepts. Wohnungen für 400 bis 500 Menschen verschiedener Generationen entstehen, eine Kita, ein Laden. Das Quartier wird klimaneutral errichtet. Die Energie- und Wärmeversorgung ist autark und stammt von Sonne und Erdwärme. Derzeit wird die Infrastruktur bereitet, Leitungen verlegt. Mitte des kommenden Jahres können die ersten Bewohner einziehen. Die Nachfrage nach Wohnungen übersteigt das Angebot.
Auch das Bevölkerungswachstum Sprendlingen-Gensingens macht das Konzept zur zukunftsfähigen Strategie für den ländlichen Raum. Die nächste Generation hat der Null-Emission derweil ein dauerhaftes Bild gegeben. Auf eine Tunnelwand haben Kinder und Jugendliche ein Graffiti gesprüht: Freundliche Häuser, umgeben von Grün und einem Fluss mit quicklebendigen Fischen; umrahmt von Windrädern.