Navigation und Service

Logo Bundesministerium für Bildung und Forschung

Die wichtigsten Fakten zur Änderung des WissZeitVG : Datum: , Thema: WissZeitVG

In der öffentlichen Diskussion gibt es zum Teil missverständliche Interpretationen der vorgeschlagenen Regelungen bzw. der Auswirkungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Hier finden Sie die wichtigsten Fakten.

Studenten während einer Vorlesung im Hörsaal
Die Bundesregierung behält die Befristungspraxis im deutschen Wissenschaftssystem fortlaufend im Blick, um Reformbedarf möglichst früh zu erkennen © Thinkstock

Mit dem Referentenentwurf zur Änderung des WissZeitVG sollen insbesondere die Verlässlichkeit und Planbarkeit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Qualifizierung erhöht werden. In der öffentlichen Diskussion werden zum Teil missverständliche Interpretationen der vorgeschlagenen Regelungen bzw. der Auswirkungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie das Wissenschaftssystem insgesamt vertreten. Dies betrifft unter anderem die im Referentenentwurf vorgeschlagene Regelung der Befristungsmöglichkeiten nach der Promotion.

Nachstehend werden einige häufige Missverständnisse und Irrtümer beleuchtet:

1. „Nach der Promotion kann man immer „nur“ noch für vier Jahre befristet werden.“

Richtig ist: Der Referentenentwurf sieht vor, dass man nach der Promotion grundsätzlich für längstens vier Jahre qualifizierungsbefristet werden kann. Ziel ist es, dass in der Regel nach spätestens vier Jahren eine Entscheidung über eine langfristige Perspektive in der Wissenschaft fällt.

Aber: Die vier Jahre Höchstbefristungsdauer können sich im individuellen Fall zum Teil erheblich verlängern. Gründe für die eine Verlängerung sind nicht in Anspruch genommene Befristungszeiten aus der Phase vor der Promotion; ebenso die familien-, inklusions-, und pflegepolitische Komponenten (jeweils zwei Jahre Verlängerung pro minderjährigem Kinder, zwei Jahre bei Behinderung oder schwerwiegender chronischer Erkrankung, zwei Jahre bei Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger). Forschungszeiten im Ausland bleiben bei der Berechnung der Fristen zudem vollständig außer Betracht. Darüber hinaus ist auch nach Ablauf der vier Jahre zuzüglich eventueller Verlängerungen eine weitere Befristung für zwei Jahre möglich, wenn damit eine Zusage für eine anschließende unbefristete Anstellung verbunden ist (bei Bewährung). Auch eine Drittmittelbefristung bleibt nach Ausschöpfen der Qualifizierungsbefristung weiterhin möglich.
Unbeschadet dessen verpflichtet das WissZeitVG die Arbeitergeber nicht zur Befristung, sondern ermöglicht diese nur. Die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen als Arbeitgeber können jederzeit auch unbefristete Arbeitsverhältnisse anbieten.

2. „Vier Jahre nach der Promotion genügen nicht, um eine Entscheidung über eine dauerhafte Perspektive in der Wissenschaft zu treffen. Das ist für die Wissenschaft nicht angemessen. Wissenschaft lässt sich nicht planen. Größere Freiräume sind nötig.“

Richtig ist: Wissenschaft ist ein besonderes Feld. Daher besteht mit dem WissZeitVG ein Sonderbefristungsrecht, dass diesen Besonderheiten Rechnung trägt.

Aber: Auch in der Wissenschaft muss nach einem angemessenen Zeitraum eine Entscheidung fallen, ob jemand dauerhaft in der Wissenschaft bleiben sollte oder nicht. Im umfangreichen Stakeholderprozess des BMBF mit den Akteuren der Wissenschaft haben diese weit überwiegend bestätigt, dass dies unter Berücksichtigung der verschiedenen Fächerkulturen und Karrierewege in der Regel spätestens vier Jahre nach der Promotion beurteilt werden kann. Dann sollte aber auch tatsächlich in der Regel spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung über eine langfristige Perspektive fallen, anstatt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – wie derzeit sehr häufig – noch deutlich länger nur befristet zu beschäftigen. Soweit befristungsrechtlich Spielräume erforderlich sind, um beispielsweise Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können, bestehen diese weiterhin.

3. „In vier Jahren kann man sich nicht habilitieren oder auf anderem Weg für eine Professur qualifizieren.“

Richtig ist: In der Praxis dauert eine Habilitation häufig länger als vier Jahre. Aktuell liegt das durchschnittliche Berufungsalter auf eine Lebenszeitprofessur bei 42 Jahren.

Aber: Die Verkürzung der Höchstbefristungsdauer nach der Promotion auf vier Jahre folgt nicht der Logik, dass in dieser Zeit die Habilitation fertiggestellt sein muss oder alle erforderlichen Publikationen und sonstigen Voraussetzungen für die Bewerbung auf eine Lebenszeitprofessur vorliegen müssen.
Es bestehen auch bei „nur“ vier Jahren Befristungsdauer (s. dazu auch oben unter 1.) verschiedene Möglichkeiten, eine Habilitation über einen längeren Zeitraum anzufertigen und abzuschließen bzw. die Berufungsfähigkeit auf eine Lebenszeitprofessur weiter zu verbessern. Vor allem ist es weder zwingend noch aus Sicht des BMBF pauschal begründbar, wieso dies nicht auf einer dauerhaften Stelle oder einer Stelle mit Entfristungsperspektive erfolgen oder jedenfalls abgeschlossen werden kann. Dies kann zum Beispiel auf einer Dauerstelle neben der Professur erfolgen, beispielsweise gibt die neue Etablierungsphase im 4+2-Modell den Beschäftigten zusätzliche Zeit für die Herstellung der Berufungsfähigkeit für eine Lebenszeitprofessur bei gleichzeitiger, abgesicherter Aussicht auf eine unbefristete Anstellung. Darüber hinaus soll der Weg zur Professur vor allem auch durch eine frühzeitige Berufung auf eine Tenure-Track-Professur beschritten werden, im Regelfall spätestens nach Ablauf von vier Jahren nach der Promotion. Hier kann eine Habilitation ggf. auch Element der Bewährung für den „Tenure“ sein.

4. „Ohne viel mehr neue Dauerstellen gehen die neuen Regelungen letztlich nur zulasten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.“

Richtig ist: Das WissZeitVG kann keine Stellen schaffen. Durch die Änderung des Gesetzes werden keine zusätzlichen unbefristeten Stellen neben der Professur (Mittelbau) oder zusätzliche Tenure-Track-Professuren geschaffen. Die Bundesregierung engagiert sich hier aber auf anderen Wegen bereits intensiv, insbesondere gemeinsam mit den Ländern durch den Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken und das Tenure Track-Programm.

Aber: Es geht bei den angestrebten Veränderungen in der Befristungspraxis nicht in erster Linie um mehr Geld, sondern um den Umbau vorhandener Stellen- und Personalstrukturen an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dazu gehören auch die angemessene Begleitung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen und Feedback-Mechanismen im Hinblick auf die jeweiligen individuellen Karriereperspektiven.
Eine frühere Entscheidung über eine langfristige Perspektive in der Wissenschaft wird im Ergebnis aller Voraussicht dazu führen, dass mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler früher als bisher aus dem Wissenschaftssystem ausscheiden – sofern sie sich nicht bewusst für eine anschließende befristete Beschäftigung in Drittmittelprojekten und damit einen in der Regel risikoreicheren Karrierepfad entscheiden. Die frühere Entscheidung ist aber auch für diejenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sinnvoll, die dadurch früher als bisher aus dem Wissenschaftssystem ausscheiden. Sie haben frühzeitiger Klarheit und können sich dann – in der Regel mit sehr guten Perspektiven – auf dem außerwissenschaftlichen Arbeitsmarkt orientieren. Ein Festhalten am Status quo würde nicht mehr Dauerstellen und keine besseren Perspektiven für die einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schaffen, sondern lediglich den Zeitpunkt der Entscheidung über eine langfristige Perspektive in der Wissenschaft weiterhin hinauszögern. Das primäre Ziel der Änderung des WissZeitVG ist aber, die Planbarkeit und Verbindlichkeit der wissenschaftlichen Karriere zu erhöhen.

Umfangreiche weitere Informationen zum Thema finden Sie auch auf unserer Unterseite zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz.