Inhalt
Was ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz?
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) regelt seit dem Jahr 2007, wie die Arbeitsverträge für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen zeitlich befristet werden können, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und wo die Grenzen der Befristung sind. Dabei trägt es den Besonderheiten der wissenschaftlichen Arbeitswelt Rechnung, indem es gegenüber dem allgemeinen Arbeitsrecht spezielle Regelungen für Befristungen vorsieht.
Insbesondere in der Phase der Qualifizierung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind befristete Arbeitsverhältnisse sinnvoll und notwendig. Ohne eine durch Befristungen begünstigte Rotation wäre der Zugang zu wissenschaftlichen Tätigkeiten für nachrückende Generationen erheblich erschwert.
Um die gewünschten Effekte entfalten zu können, muss das Wissenschaftszeitvertragsgesetz durch eine gute Praxis ausgefüllt werden. Als Arbeitgeber sind Hochschulen und Forschungseinrichtungen gehalten, verantwortungsvoll mit den ihnen gewährten Freiräumen umzugehen. Dies betrifft sowohl Dauer und Anzahl der befristeten Beschäftigungsverhältnisse als auch das angemessene Verhältnis von befristeten und unbefristeten Stellen, das für jede Einrichtung individuell zu ermitteln ist. Die Bundesregierung behält die Befristungspraxis im deutschen Wissenschaftssystem fortlaufend im Blick, um Reformbedarf möglichst früh zu erkennen und im Falle von Fehlentwicklungen angemessen reagieren zu können, ohne die in der Wissenschaft erforderliche Flexibilität und Dynamik zu beeinträchtigen.
Fragen und Antworten zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Was regelt das WissZeitVG?
Das WissZeitVG bildet seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2007 die Rechtsgrundlage für befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Es ist ein Sonderbefristungsrecht für die Wissenschaft. Demnach kann das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu besonderen Konditionen befristet beschäftigt werden.
Warum gibt es ein eigenes Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft?
Das WissZeitVG enthält Sonderregelungen für die befristete Beschäftigung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals. Befristungen in der Phase der wissenschaftlichen Qualifizierung sollen dazu beitragen, die Chancen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jeder Generation zu wahren, für eine begrenzte Zeit im Hochschul- oder Forschungsbereich tätig zu sein (Rotationsprinzip).
Ein Großteil des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals (ohne Professorinnen und Professoren) entfällt auf die 27- bis 32-Jährigen. Die Befristungsquote sinkt mit dem Alter und erreicht bei den 42-Jährigen den Kipppunkt: Ab diesem Alter überwiegt die unbefristete Beschäftigung.
Im Datenportal des BMBF finden Sie eine interaktive Grafik zum hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personal nach Alter, höchstem Hochschulabschluss und Beschäftigungsart: Interaktive Grafik 2.5.112 - Datenportal des BMBF.
Welche Möglichkeiten entstehen durch das Arbeitsgesetz zur Befristung?
Seit der Gesetzesänderung zum 17.03.2016 muss bei der Qualifizierungsbefristung die Dauer der Befristung so bemessen sein, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. Bei der Befristung wegen Drittmittelfinanzierung soll sie dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen. Konkret heißt das: Wer beispielsweise drei Jahre eine Doktorarbeit schreibt, der soll grundsätzlich auch für diese Zeit an der Hochschule beschäftigt sein. Ähnlich verhält es sich bei drittmittelfinanzierten Projekten: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in solchen Projekten forschen, sollen einen Arbeitsvertrag über die gesamte Dauer der Mittelbewilligung abschließen können.
Was versteht man unter wissenschaftlicher Qualifizierung?
Wissenschaftliche Qualifizierung ist nicht beschränkt auf den Erwerb einer formalen Qualifikation wie „Promotion“ oder „Habilitation“. Es geht vielmehr um den Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen. Dies ist nicht beschränkt auf die Vorbereitung auf wissenschaftliche Tätigkeiten in Forschung und Lehre.
Für wen gilt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz?
Das Gesetz gilt für das wissenschaftliche und künstlerische Personal an staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen sowie in Forschungseinrichtungen. Auch Privatdienstverträge mit Mitgliedern einer Hochschule unterliegen dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz.
Wer gehört zum wissenschaftlichen Personal?
Wer eine wissenschaftliche Dienstleitung erbringt, zählt zum wissenschaftlichen Personal. Egal ob Anthropologie oder Medizin, Promovierender oder Post-Doc – wer sich mit Fragestellungen beschäftigt, die darauf abzielen, neue Erkenntnis hervorzubringen, der arbeitet wissenschaftlich und gehört daher zum wissenschaftlichen Personal.
Wer gehört zum künstlerischen Personal?
Wer eine künstlerische Dienstleistung erbringt, zählt zum künstlerischen Personal. Künstlerisch ist eine Dienstleistung, sofern sie schöpferisch-gestaltende Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse durch das Medium einer bestimmten Formsprache unmittelbar zur Anschauung bringt.
Betrifft das Gesetz befristeter Arbeitsverträge auch die Hochschullehrerinnen und -lehrer?
Nein. Hochschullehreinnen und Hochschullehrer, dazu zählen auch Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, sind von diesem Gesetz ausgenommen. Für sie gelten die im Hochschul- und Beamtenrecht der Länder getroffenen Regelungen.
Für welche Forschungseinrichtungen gilt das Gesetz?
Das Gesetz gilt zunächst für staatliche Forschungseinrichtungen, also solche des Bundes oder der Länder. Ferner gilt es für Forschungseinrichtungen, die ihre finanziellen Mittel entweder ausschließlich oder zu einem großen Teil von Bund und Ländern beziehen. Weiterhin gilt das Gesetz auch für Forschungseinrichtungen, die sich zwar vor allem über Drittmittel finanzieren, deren institutionelle Grundfinanzierung aber überwiegend staatlich ist.
Betrifft das Gesetz auch das nicht-wissenschaftliche und nicht-künstlerische Personal?
Nein. Das nicht-wissenschaftliche Personal, das in einem drittmittelfinanzierten Projekt arbeitet, kann seit der Gesetzesänderung 2016 nicht auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes befristet beschäftigt werden. Eine Befristung ist nur nach allgemeinem Arbeitsrecht möglich. Auch für das nicht-künstlerische Personal gilt das WissZeitVG nicht.
Was ist eine Drittmittelbefristung?
Eine befristete Beschäftigung wegen Drittmittelfinanzierung ist möglich, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Drittmitteln finanziert ist, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung der Drittmittel entsprechend beschäftigt ist.
Was gilt für Familien?
Wissenschaftliche Arbeit muss mit familiären Verpflichtungen zu vereinbaren sein. Damit das jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besser gelingt, sah das Gesetz schon vor der Novelle 2016 vor, dass sich die insgesamt zulässige Befristungsdauer bei der Betreuung von einem oder mehreren Kindern unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind verlängert (familienpolitische Komponente). Mit der Gesetzesänderung 2016 wurde klargestellt, dass dies auch bei der Betreuung von Stief- und Pflegekindern gilt. Außerdem wurde klarer geregelt, dass Unterbrechungszeiten etwa wegen Elternzeit nicht auf den Befristungsrahmen für die Qualifizierung angerechnet werden.
Wenn in der Verlängerungszeit ein weiteres Kind hinzukommt, kann der Vertrag erneut verlängert werden?
Ja, der Vertrag kann auch bei einem weiteren Kind verlängert werden. Denn auch hier gilt: Durch die Betreuung von Kindern kann die zur Verfügung stehende Zeit nicht in vollem Maße für die wissenschaftliche Arbeit genutzt werden. Diesem Nachteil soll durch die Verlängerung des Befristungsrahmens begegnet werden.
Wird mein Arbeitsvertrag im Rahmen der familienpolitischen Komponente automatisch verlängert?
Nein. Die familienpolitische Komponente verlängert die gesetzlich zulässige Befristungsdauer und eröffnet damit eine Option für Arbeitgeber und das beschäftigte wissenschaftliche und künstlerische Personal, den Vertrag über die Regelhöchstfrist hinaus zu verlängern.
Beide Elternteile sind an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung beschäftigt. Verlängert sich für beide der Befristungsrahmen?
Ja, wenn sich beide Elternteile in einer Qualifizierungsphase befinden, verlängert sich für beide die zulässige Befristungsdauer um zwei Jahre je Kind.
Ein Elternteil möchte zur Betreuung eines Kindes in Elternzeit gehen. Kann zusätzlich dazu noch der Vertrag wegen Kinderbetreuung verlängert werden?
Ja, denn die Verlängerung des Vertrages wegen Elternzeit ist unabhängig von der Verlängerung, die wegen der Betreuung von Kindern gewährt wird. Beide Regelungen können angewendet werden. Ein Beispiel: Ein Elternteil geht während der Qualifizierungsphase in Elternzeit, um sich ein Jahr voll und ganz auf das Kind zu konzentrieren. Dadurch entsteht gegenüber dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Verlängerung des Vertrags um ein Jahr – die Elternzeit wird quasi herausgerechnet. Da sie oder er nach Rückkehr aus der Elternzeit das Kind aber weiterhin betreut, kann dann auch von der familienpolitischen Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetztes profitiert werden, die den zulässigen Befristungszeitraum verlängert. In diesem Fall ist für die konkrete Verlängerung des Arbeitsvertrages – anders als bei der Vertragsverlängerung wegen Elternzeit – die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich.
Wann greift der Anspruch auf Vertragsverlängerung?
Liegt eine Qualifizierungsbefristung (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG) vor und ein Teil der Vertragslaufzeit wird aus bestimmten Gründen, etwa Mutterschutz und Elternzeit, nicht in Anspruch genommen oder es wird der Stellenumfang um mindestens ein Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit reduziert, dann verlängert sich die Laufzeit des ursprünglichen Vertrages „automatisch“ um diese nicht in Anspruch genommenen Zeiten. Voraussetzung für die Vertragsverlängerung ist nur die Zustimmung des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin. Die Sachverhalte, die eine Vertragsverlängerung begründen, sind in § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1-6 WissZeitVG aufgelistet. Unter anderem zählen hierzu neben Mutterschutz und Elternzeit auch Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, eine Beurlaubung für eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit, die Wahrnehmung von Aufgaben z.B. in der Personalvertretung oder eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.
Werden familienbedingte Ausfallzeiten (zum Beispiel wegen Elternzeit) und entsprechende Vertragsverlängerungen auch in der Projektförderung berücksichtigt?
Die „automatische“ Vertragsverlängerung z.B. wegen familienbedingter Ausfallzeiten greift immer, wenn eine Qualifizierungsbefristung vorliegt. Ob die dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende Finanzierung aus Grund- oder aus Drittmitteln stammt, ist unerheblich. Das heißt: Auch qualifizierungsbefristete Personen, die in Drittmittelprojekten arbeiten, profitieren von der „automatischen“ Vertragsverlängerung z.B. bei Elternzeiten.
Endet das zugrundeliegende Drittmittelprojekt vor Ablauf des verlängerten Vertrags, liegt es daher in der Verantwortung der Arbeitgeber, eventuell erforderliche zusätzliche finanzielle Mittel für den verlängerten Vertrag bereitzustellen. Auch die jeweiligen Fördermittelgeber können in diesen Fällen einem erhöhten Mittelbedarf durch eine Aufstockung der Projektmittel Rechnung tragen und dadurch insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Qualifizierung im Rahmen der Projekte unterstützen.
Das BMBF und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglichen dies bereits. In der Projektförderung des BMBF können familienbedingte Ausfallzeiten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berücksichtigt werden. Voraussetzung für eine solche Änderung des Vorhabens ist, dass die Wissenschaftlerin bzw. der Wissenschaftler einen Beitrag zur Erreichung des Projektziels leistet. Ausreichend ist ein entsprechender, kurz begründeter schriftlicher Antrag der Projektleitung beim zuständigen Fachreferat bzw. Projektträger.
Die Voraussetzungen bei Projekten, die von der DFG gefördert werden, finden Sie hier.
Muss Personal in Drittmittelprojekten stets nach WissZeitVG (bzw. TzBfG) befristet beschäftigt werden oder kann auch auf dauerhaft beschäftigtes Personal zurückgegriffen werden?
Das WissZeitVG eröffnet lediglich die Möglichkeit zur Befristung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals in Drittmittelprojekten. Das bedeutet aber nicht, dass die befristete Finanzierung eines Projekts zwingend befristete Arbeitsverträge zur Folge haben muss. Die Frage der Finanzierung der Personalausgaben ist von der arbeitsrechtlichen Frage der Befristung von Arbeitsverträgen getrennt zu betrachten. Auch in Drittmittelprojekten kann dauerhaft beschäftigtes Personal eingesetzt werden. Es müssen allerdings die jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben beachtet werden.
In BMBF-Projekten sind verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden:
Vorhandenes grundfinanziertes Personal der Hochschule kann ganz oder anteilig in einem über Drittmittel geförderten Projekt tätig werden. Damit keine Doppelfinanzierung erfolgt, können über das Projekt dann die Ausgaben abgerechnet werden, die ggf. für eine Ersatzkraft anfallen, die in der Zwischenzeit die bisherigen (grundfinanzierten) Aufgaben, z.B. in der Lehre, wahrnimmt.
Zum anderen können Hochschulen unbefristete Arbeitsverträge mit Personen abschließen, die regelmäßig in wechselnden Drittmittelprojekten tätig sind. Dies setzt voraus, dass die haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes eine entsprechende dauerhafte Beschäftigung zulassen. Soweit dieses Personal dann nicht auf einer grundfinanzierten Stelle der Hochschule geführt wird, sondern über einen davon unabhängigen Dauervertrag verfügt, können die Personalausgaben in BMBF-Projekten ebenfalls grundsätzlich abgerechnet werden.
Im Einzelnen wird auf die Hinweise in den Richtlinien des BMBF für Zuwendungsanträge auf Ausgabenbasis (AZA/AZAP/AZV) verwiesen.
Was gilt für Menschen mit Behinderung?
Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer Behinderung oder einer schweren chronischen Erkrankung verlängert sich seit der Gesetzesänderung zum 17.03.2016 der zulässige Befristungszeitraum um zwei Jahre.
Was ergibt sich aus der „Corona-Regelung“ im WissZeitVG?
Das WissZeitVG wurde aufgrund der Ausnahmesituation durch die COVID-19-Pandemie im Mai 2020 um eine zeitlich begrenzte Übergangsregelung ergänzt. Die insgesamt zulässige Befristungsdauer für Beschäftigungsverhältnisse zur Qualifizierung (Paragraph 2 Absatz 1 WissZeitVG), die zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 bestehen, verlängert sich automatisch um sechs Monate. Im September 2020 wurde die zulässige Befristungsdauer durch Rechtsverordnung um weitere sechs Monate verlängert. Diese Verlängerung um weitere sechs Monate gilt sowohl für die Beschäftigungsverhältnisse, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 bestanden, als auch für Beschäftigungsverhältnisse, die erst zwischen dem 1. Oktober 2020 und dem 31. März 2021 neu begründet wurden.
Muss ich über den gesamten Zeitraum beschäftigt gewesen sein, um von der Corona-Verlängerung der Höchstbefristungsgrenze zu profitieren?
Es ist nicht erforderlich, dass das Arbeitsverhältnis über den gesamten jeweiligen Zeitraum (1. März 2020 bis 30. September 2020 bzw. 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021) vorliegt, sondern es genügt, wenn der Vertrag zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des relevanten Zeitraums besteht beziehungsweise bestanden hat. Damit verlängert sich die insgesamt zulässige Befristungsdauer für die von Paragraph 7 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG erfassten Arbeitsverhältnisse, die bereits zwischen dem 1. März und dem 30. September 2020 bestanden, pauschal um insgesamt 12 Monate. Für Arbeitsverhältnisse, die erst nach dem 30. September 2020 und vor dem 31. März 2021 neu begründet werden, beträgt die Verlängerung der insgesamt zulässigen Befristungsdauer pauschal 6 Monate.
Wird der befristete Arbeitsvertrag durch die Corona-Regelung automatisch verlängert?
Nein. Durch die Corona-Regelung des WissZeitVG wird der gesetzliche Höchstbefristungsrahmen erweitert. Die Vertragsparteien können in diesem Rahmen je nach den Bedingungen des Einzelfalls die Verträge entsprechend verlängern. Dies gibt den Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Flexibilität, um den Herausforderungen im jeweiligen Einzelfall angemessen begegnen zu können.
Was gilt für Studierende?
Für studienbegleitende Beschäftigungsverhältnisse zur Erbringung wissenschaftlicher oder künstlerischer Hilfstätigkeiten wurde mit der Gesetzesänderung 2016 eine Grundlage geschaffen, wonach befristete Arbeitsverträge bis zur Dauer von sechs Jahren abgeschlossen werden können. Eine Anrechnung auf den Befristungsrahmen für die Qualifizierungsbefristung erfolgt nicht, egal ob die Beschäftigung in einem Bachelor- oder einem Masterstudium stattfindet.
Was ist eine Postdoc-Phase?
Von einer Postdoc-Phase spricht man, wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits promoviert sind und weiterhin in der Wissenschaft arbeiten. (siehe hierzu auch Antwort auf Frage Was bedeuten die Abkürzungen R1 bis R4?)
Was gilt für die Höchstbefristungsgrenzen, wenn jemand während der Postdoc-Phase bzw. Habilitation ins Ausland geht?
Beschäftigungszeiten im Ausland werden für die Berechnung der Höchstbefristungsgrenzen grundsätzlich nicht berücksichtigt. Ausnahmen sind Arbeitsverträge mit deutschen Auslandseinrichtungen nach deutschem Recht; diese werden auf die Höchstbefristungsgrenzen angerechnet.
Was bedeutet Tenure Track/Was ist das Tenure-Track-Programm?
Tenure-Track-Professuren sind ein Mittel, um dem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal eine verlässliche berufliche Perspektive zu bieten und gleichzeitig das gesamte Wissenschaftssystem durch größere Planbarkeit zu stärken. Ähnlich wie bei der Juniorprofessur wird die Wissenschaftlerin oder der Wissenschaftler zwar zunächst von einer Universität befristet eingestellt, erhält aber – nach erfolgreicher Bewährungsphase (sogenannter Tenure Track) – unmittelbar im Anschluss eine dauerhafte Professur.
Das Tenure-Track-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses von Bund und Ländern soll dazu beitragen, dass die Karrierewege in der akademischen Welt planbarer und transparenter werden. Der Bund stellt eine Milliarde Euro bereit, um 1.000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren zu fördern.
Weitere Information stehe hier zur Verfügung: Das Tenure-Track-Programm – BMBF
Was bedeuten die Abkürzungen R1 bis R4?
Die europäische Kommission hat folgende Definitionen für die Profile von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstellt:
R1- First Stage Researcher (Up to the point of PhD)
R2- Recognised Researcher (PhD holders or equivalent who are not yet fully independent)
R3 - Established Researcher (Researchers who have developed a level of independence)
R4 - Leading Researcher (Researchers leading their research area or field)
Im Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021 wurden für das deutsche Wissenschaftssystem diese vier Karrierephasen wie folgt beschrieben:
R1: Promotionsphase - Beginn der wissenschaftlichen Qualifizierung, unabhängig von institutioneller Anbindung oder Art der Finanzierung.
R2: Post- doc- Phase im Anschluss an die Promotion; Promovierte, die an Hochschulen oder AUF beschäftigt sind, dabei aber nur teilweise selbstständig beziehungsweise unabhängig forschen und das Karriereziel Professur beziehungsweise eine wissenschaftliche Leitungsposition verfolgen.
R3: Bewährungsphase bis zum Erlangen einer Professur oder anderweitigen wissenschaftlichen Leitungsposition (z.B. Juniorprofessorinnen und -professoren, Nachwuchsgruppenleiterinnen und – leiter, Habilitierte)
R4: Dauerposition in der Wissenschaft, üblicherweise in Gestalt der Lebenszeitprofessur oder einer anderweitigen Leitungsposition.
Wie viel verdient man in der Postdoc-Phase?
Grundsätzlich bestimmt sich das Gehalt in der Postdoc-Phase nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes der Länder bzw. des Bundes oder ist an diese angelehnt. Die Stundenzahl sowie der konkrete Arbeitgeber beeinflussen darüber hinaus das Einkommen. Zum Beispiel würde sich das Gehalt auf einer TVL E13 Stufe drei bei einer Vollzeitstelle aktuell auf ca. 4.750 Euro belaufen.
Die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
Gute Arbeitsbedingungen sind eine wichtige Voraussetzung für eine lebendige und innovative Wissenschaft. Der Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode sieht vor, die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft zu verbessern und in diesem Zusammenhang das WissZeitVG zu reformieren. Die Bundesregierung hat es sich dabei zum Ziel gesetzt, die Planbarkeit und Verbindlichkeit von Karrierewegen zu erhöhen, kurzzeitige Befristungen weiter einzudämmen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Zugleich sollen dadurch die Attraktivität der Arbeit in der Wissenschaft erhöht und die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftssystems insgesamt gestärkt werden.
Die Evaluation des WissZeitVG im Jahr 2022 hat unter anderem gezeigt, dass es einen beständigen Sockel an Kurzbefristungen gibt. Zudem wurde festgestellt, dass die Drittmittelbefristung gegenüber der ersten Evaluation des WissZeitVG aus dem Jahr 2011 mit steigender Tendenz genutzt wurde. Die aktuelle Reform des WissZeitVG setzt unter anderem an diesen Punkten an, um die Planbarkeit und Verlässlichkeit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Qualifizierung zu erhöhen.
Warum wurde das WissZeitVG evaluiert und wie lief die Evaluation ab?
Im Zuge der Novelle des WissZeitVG im Jahr 2016 war in Paragraph 8 WissZeitVG die Verpflichtung verankert worden, die Auswirkungen dieses Gesetzes im Jahr 2020 zu evaluieren. Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hat die InterVal GmbH in Kooperation mit dem HIS-Institut für Hochschulentwicklung e. V. (HIS-HE) die Auswirkungen des novellierten WissZeitVG evaluiert. Im Mai 2022 wurde der Abschlussbericht offiziell an das BMBF übergeben.
Was hat die Evaluation zur Entwicklung der Vertragslaufzeiten herausgefunden?
Die durchschnittlichen Vertragslaufzeiten haben sich zwischen 2015 und 2017 erhöht, insbesondere an den Universitäten. Maßgeblich dafür war eine Zunahme dreijähriger Arbeitsverträge. In den Jahren 2018 bis 2020 sanken die mittleren Laufzeiten wieder. Der Rückgang war im Jahr 2020 besonders stark, wobei dies im Zusammenhang mit der Pandemiesituation stehen könnte.
Verträge mit unterjähriger Laufzeit sind zurückgegangen, zugleich besteht ein persistenter Sockel dieser Verträge, der in 2020 bei den Universitäten und HAW bei circa 33 Prozent der Verträge und bei den Außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AuF) und den Universitätskliniken bei ca. 25 Prozent der Verträge liegt. Rund die Hälfte der bis zu einjährigen Verträge kumuliert sich auf ca. zehn Prozent der Beschäftigten, während rund die Hälfte der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im laufenden Beschäftigungsverhältnis noch keinen Vertrag mit einer solchen Laufzeit hatte.
Welche zentralen Befunde zeigt die Evaluation bezüglich der Nutzung von Qualifizierungsbefristung und Drittmittelbefristung?
Das Befristungsgeschehen wird größtenteils durch die Qualifizierungsbefristung nach dem WissZeitVG (§ 2 Abs. 1) bestimmt. An den außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AuF) werden 82 Prozent, an den Universitäten 65 Prozent und an den HAW 40 Prozent der befristeten Arbeitsverträge durch das Gesetz abgeschlossen. Der Anteil der Drittmittelbefristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (§ 2 Abs. 2 WissZeitVG) ist an den Hochschulen deutlich gestiegen, an Universitäten zwischen 2015 und 2020 von zehn auf 23 Prozent. Nach Angaben der Beschäftigten finden bei einer Drittmittelfinanzierung 66 Prozent der Befristungen über § 2 Abs. 2 WissZeitVG statt, 25 Prozent über § 2 Abs. 1.
Die Laufzeiten drittmittelbefristeter Verträge entsprechen überwiegend den Projektlaufzeiten. Abweichungen sind meist gut begründet, etwa durch spätere Eintritte der Beschäftigten ins Projekt.
Wie hoch sind aktuell die Befristungsquoten beim wissenschaftlichen Personal?
Die Befristungsquote ist abhängig davon, welche Personalgruppen und Einrichtungsarten betrachtet werden, und sinkt stark mit zunehmendem Alter der Beschäftigten. 2020 waren 81 Prozent des gesamten hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals der Hochschulen (ohne Professorinnen und Professoren) befristet beschäftigt. 2013 waren es 83 Prozent. Nichtpromovierte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen waren 2020 zu 93 Prozent befristet beschäftigt. Bei Promovierten (einschließlich Habilitierten) lag die Befristungsquote bei 63 Prozent.
Im Datenportal des BMBF finden Sie eine interaktive Grafik zum hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personal nach Alter, höchstem Hochschulabschluss und Beschäftigungsart: Interaktive Grafik 2.5.112 - Datenportal des BMBF.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Sommer und Herbst 2022 einen umfangreichen und ergebnisoffenen Stakeholderprozess mit den Akteuren der Wissenschaftslandschaft geführt, um deren Expertise und Perspektiven in die Weiterentwicklung des WissZeitVG einfließen zu lassen. Die Ergebnisse des Stakeholderprozesses und der Evaluation des WissZeitVG wurden bei der Reform des WissZeitVG berücksichtigt. Das Bundeskabinett hat am 27. März 2024 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft beschlossen. Der Gesetzentwurf wird derzeit im parlamentarischen Verfahren von Bundestag und Bundesrat beraten.
Die wesentlichen Änderungsvorschläge für das WissZeitVG
Der zentrale Ansatz des Reformvorschlags ist es,
- die Qualifizierung noch stärker als bisher in den Mittelpunkt zu stellen und
- mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz zu schaffen.
Die grundlegende Systematik des WissZeitVG – zum einen die Qualifizierungsbefristung mit Verlängerungstatbeständen, zum anderen die Drittmittelbefristung – soll erhalten bleiben. Das Verhältnis von Qualifizierungs- und Drittmittelbefristung soll jedoch neu justiert werden. Zentrale Elemente der Reform sind
- die Einführung von Mindestvertragslaufzeiten,
- der verbindliche Vorrang der Qualifizierungsbefristung,
- die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie
- eine frühere Entscheidung über eine dauerhafte Perspektive in der Wissenschaft.
Häufig gestellte Fragen – FAQ
Welche konkreten Änderungen enthält der Entwurf der Bundesregierung des WissZeitVG mit Blick auf die Einführung von Mindestvertragslaufzeiten?
Zum ersten Mal sollen Mindestvertragslaufzeiten für alle Phasen der wissenschaftlichen Karriere im WissZeitVG vorgeschrieben werden:
- Drei Jahre Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag in der Phase vor der Promotion,
- zwei Jahre Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag nach der Promotion
- sowie ein Jahr Mindestvertragslaufzeit für die studienbegleitende Beschäftigung.
Diese Zeiten können nur in begründeten Ausnahmefällen unterschritten werden. Auf diese Weise sollen verlässliche, auskömmliche Vertragslaufzeiten für die individuelle wissenschaftliche und künstlerische Qualifizierung gewährleistet werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen sich auf ihre Qualifizierung konzentrieren können ohne ständige Sorge, ob sie immer wieder neue Anschlussverträge erhalten. Der noch immer zu hohe Anteil an kurzen Befristungen war ein wesentliches Ergebnis der Evaluation des WissZeitVG.
…das Verhältnis von Qualifizierungs- und Drittmittelbefristung?
Es soll ein zeitlicher Vorrang der Qualifizierungsbefristung vor der Drittmittelbefristung eingeführt werden. Das heißt, dass eine Drittmittelbefristung erst nach Ausschöpfen der Höchstbefristungsdauer in der Qualifizierungsbefristung zulässig sein soll. Dadurch sollen insbesondere die Mindestvertragslaufzeiten sowie die Regelung zur automatischen Verlängerung des Arbeitsvertrags zum Beispiel bei Inanspruchnahme von Mutterschutz und Elternzeit in diesem Zeitraum für alle verbindlich werden. In der Phase der Qualifizierung soll es keine Nachteile mehr für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben, deren Beschäftigungsverhältnis aus Drittmitteln finanziert wird. Das ist eine zentrale Verbesserung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
…die Befristungsregelungen in der Phase nach der Promotion?
Hier soll ein neues 4+2-Modell eingeführt werden: Die Höchstbefristungsdauer in der Qualifizierungsphase nach der Promotion soll von sechs auf vier Jahre reduziert werden. Dieser Zeitraum verlängert sich wie bisher um nicht benötigte Befristungszeiten aus der Phase vor der Promotion sowie Verlängerungen um jeweils zwei Jahre wegen Betreuung minderjähriger Kinder sowie wegen Behinderung, schwerwiegender chronischer Erkrankung oder – neu – der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger.
Möglichst frühzeitig, aber in der Regel spätestens nach vier Jahren Qualifizierungsbefristung soll sich entscheiden, ob Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Perspektive auf eine dauerhafte Beschäftigung in der Wissenschaft haben, beispielsweise auf eine Professur oder auf eine andere dauerhafte Stelle neben der Professur. Zugleich gewährleistet die Möglichkeit zur Befristung bis zu vier Jahren hinreichend Flexibilität für Unterschiede in den verschiedenen Fächern bzw. Fachkulturen und die Vielfalt der Karrierewege in der Wissenschaft.
Eine weitere Befristung von bis zu zwei Jahren soll dann nur mit einer Anschlusszusage möglich sein, das heißt unter der Voraussetzung, dass bei Erreichen vorher vereinbarter wissenschaftlicher und künstlerischer Leistungen ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen wird. Damit soll der Tenure-Track-Gedanke in das WissZeitVG integriert werden.
…die studienbegleitende Beschäftigung?
Es soll erstmals eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr für die studienbegleitende Beschäftigung im WissZeitVG eingeführt werden, um die Planbarkeit zu erhöhen. Die Höchstbefristungsgrenze soll von sechs auf acht Jahre erhöht werden. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Studierende in der finalen Phase ihres Studiums ihre Tätigkeit als studentische Beschäftigte nicht fortsetzen können.
…die Abweichungsmöglichkeiten der Tarifparteien?
Die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Tarifpartner sollen erweitert werden. Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen sollen künftig auch über bestimmte Fachrichtungen und Forschungsbereiche hinweg und für ausgewählte zusätzliche Regelungsgegenstände vereinbart werden können, so zum Beispiel die zulässige Anzahl von Vertragsverlängerungen.
…den Mindestvertragsumfang für Stellen mit Qualifizierungsbefristung?
Der Umfang von Stellen mit Qualifizierungsbefristung soll mindestens ein Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit betragen. Damit wird eine Mindestarbeitszeit für Verträge zur Qualifizierung festgelegt, die zugleich die notwendige Flexibilität eröffnet, um im Bedarfsfall auch Stellen mit relativ kleinem Umfang grundsätzlich zu ermöglichen. Insbesondere können dadurch wie nach bisheriger Rechtslage Stipendiatinnen und Stipendiaten (zum Beispiel in einem Promotionsstipendium) parallel noch eine Viertelstelle an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung übernehmen. Unabhängig davon ist das Regelarbeitsverhältnis nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen die Vollzeitstelle. Dies gilt auch für die Arbeit in der Wissenschaft.
…die familien- und sozialpolitischen Regelungen?
Die familien- und inklusionspolitische Komponente im WissZeitVG soll grundsätzlich unverändert bleiben. Das heißt: Bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren verlängert sich die zulässige Höchstbefristungsdauer um zwei Jahre je Kind; ebenso verlängert sich die Höchstbefristungsgrenze um zwei Jahre bei Vorliegen einer Behinderung oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung.
Neu eingeführt werden soll pflegepolitischen Komponente, die der zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutung der Pflege Rechnung tragen und eine bessere Vereinbarkeit von Wissenschaft und der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger ermöglichen soll. Wie bei der familien- und inklusionspolitischen Komponente soll sich bei Vorliegen einer Betreuungssituation die zulässige Höchstbefristungsdauer um zwei Jahre verlängern.
Darüber hinaus sollen auch die Regelungen zur automatischen Vertragsverlängerung nach Paragraph 2 Absatz 5 für zum Beispiel Elternzeit und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit unverändert bestehen bleiben.
…den Bereich Humanmedizin und Psychotherapie?
Die Befristungsregeln für Weiterbildungen im Bereich der Humanmedizin und der Psychotherapie sollen vereinheitlicht werden. Im Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtG) soll der bisherige Vorrang des WissZeitVG aufgehoben werden. Das bedeutet, dass künftig Befristungen zum Zweck der Weiterbildung zum Facharzt beziehungsweise zur Fachärztin oder zum Fachpsychotherapeuten beziehungsweise zur Fachpsychotherapeutin auch an Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach dem ÄArbVtrG abgeschlossen werden können sollen. Damit soll der Anwendungsbereich des ÄArbVtrG künftig unabhängig davon eröffnet werden, an welcher Einrichtung die befristete Beschäftigung zur Weiterbildung erfolgt.
Zugleich soll die zulässige Befristungsdauer im WissZeitVG für die Qualifizierungsphase nach der Promotion für den Bereich der Medizin/Psychotherapie im Gleichklang mit allen anderen Fachrichtungen reduziert werden. Das heißt, die bisherige Sonderregelung im WissZeitVG für den Bereich der Medizin, die eine Befristung von bis zu neun Jahren nach Promotion ermöglichte, wird gestrichen. Künftig soll im WissZeitVG für alle Fachbereiche das neue Modell 4+2 gelten.
Was ist eine Anschlusszusage?
Die Anschlusszusage soll eine neue Befristungsmöglichkeit im WissZeitVG sein, mit der die Planbarkeit für die Beschäftigten einerseits und die Hochschulen und Forschungseinrichtungen andererseits erhöht werden soll. Konkret bedeutet eine Anschlusszusage, dass eine Befristung nur unter der Voraussetzung zulässig ist, dass die Befristung mit einer Zusage zum anschließenden Abschluss eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses verbunden ist. Die Anschlusszusage soll an die Bedingung geknüpft werden, dass wissenschaftliche und künstlerische Leistungen, die bei Abschluss des Vertrags transparent vereinbart wurden (Zielvereinbarung), erbracht werden. Ob die vereinbarten Ziele tatsächlich erreicht wurden, soll in einem qualitätsgesicherten, transparenten Verfahren evaluiert werden.
Was bedeutet das neue 4+2-Modell für den Postdoc-Bereich in der Praxis?
Eine Befristung ohne Anschlusszusage soll nach der Promotion nur noch für die Dauer von höchstens vier Jahren zulässig sein. Die vier Jahre Höchstbefristungsdauer können sich im individuellen Fall aufgrund nicht in Anspruch genommener Befristungszeiten aus der Phase vor der Promotion sowie aufgrund der familien- und inklusionspolitischen Komponente verlängern. Spätestens nach Ausschöpfen der vier Jahre (plus der genannten Verlängerungsoptionen) soll eine weitere Befristung von bis zu zwei Jahren nur noch mit Anschlusszusage möglich sein (Etablierungsphase).
Soll ein befristeter Vertrag mit Anschlusszusage immer erst nach Ende der vierjährigen Postdoc-Phase abgeschlossen werden können?
Nein. Die vier Jahre der ersten Phase sind als Maximum und die zwei Jahre der zweiten Phase als Minimum zu verstehen. Eine Befristung mit Anschlusszusage kann innerhalb des möglichen Befristungsrahmens von grundsätzlich sechs Jahren jederzeit auch früher vergeben werden. Auf diese Weise kann das 4+2 auch ein 1+5, ein 2+4 oder ein 3+3-Modell sein. Beispielsweise könnte nach einem dreijährigen Erstvertrag ohne Anschlusszusage ein weiterer dreijähriger Vertrag, dann mit Anschlusszusage, geschlossen werden. Auch wäre es möglich, dass direkt im Anschluss an die Promotion ein sechsjähriger Vertrag mit Anschlusszusage geschlossen wird. Die Entscheidung für mehr Planbarkeit durch die Anschlusszusage könnte also jederzeit früher als erst nach vier Jahren Postdoc-Phase getroffen werden. So lässt sich zum Beispiel fachkulturellen Unterschieden Rechnung tragen.
Ab wann und für wen sollen die neuen Regelungen gelten?
Die Änderungen des WissZeitVG sollen sechs Monate nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Dies soll insbesondere den Einrichtungen ermöglichen, die Verfahrensabläufe an die neuen Regelungen anzupassen.
Darüber hinaus sollen für das bereits an Hochschulen und Forschungseinrichtungen befristet beschäftigte wissenschaftliche und künstlerische Personal soweit erforderlich zunächst die bisherigen Regelungen weitergelten. Das bedeutet zum einen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Änderungen laufende Verträge durch die Änderung des WissZeitVG generell nicht berührt würden, unabhängig davon, ob es sich um Qualifizierungs- oder Drittmittelbefristungen handelt. Zum anderen soll für diejenigen, die sich bereits in der Postdoc-Phase befinden, die bisherige Höchstbefristungsdauer grundsätzlich weiter gelten, allerdings begrenzt auf vier Jahre nach Inkrafttreten der geänderten Regelungen. Das heißt, dass spätestens nach vier Jahren für alle die neuen Regelungen gelten sollen.
Im Übrigen sollen mit Inkrafttreten des Gesetzes unmittelbar die geänderten Regelungen gelten, beispielsweise zum Vorrang der Qualifizierungsbefristung oder zu Mindestvertragslaufzeiten.
Führt die Reform des WissZeitVG zu mehr unbefristeten Stellen?
Nicht unmittelbar. Denn das Gesetz selbst kann keine unbefristeten Stellen schaffen. Das WissZeitVG trägt den Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebs Rechnung, indem es gegenüber dem allgemeinen Arbeitsrecht spezielle Befristungsmöglichkeiten vorsieht. Das Recht der Hochschulen und Forschungseinrichtungen, das wissenschaftliche und künstlerische Personal unbefristet anzustellen, bleibt vom Gesetz ausdrücklich unberührt. Es ist daher Aufgabe der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in ihrer Funktion als Arbeitgeber, mehr und in angemessenem Umfang dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen.
Zugleich hat die Bundesregierung in den letzten Jahren gemeinsam mit den Ländern den Weg zu mehr Planbarkeit und Verbindlichkeit vorgezeichnet und Strukturveränderungen eingeleitet: Mit dem Tenure-Track-Programm wurde ein wichtiger Impuls gesetzt, um die Karrierewege in der akademischen Welt planbarer und transparenter zu machen. Dazu werden 1.000 neue Professuren mit Tenure-Track geschaffen, die fast vollständig besetzt sind. Mit dem Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken haben Bund und Länder sehr viel Geld zur Erhöhung der Grundmittel der Hochschulen bereitgestellt. Alleine der Bund stellt dafür jährlich mehr als zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Zudem ist der Zukunftsvertrag im November 2022 dynamisiert worden, das heißt, dass die Mittel jährlich weiter steigen. Darüber hinaus verpflichten sich die außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Pakt für Forschung und Innovation, attraktive Bedingungen für die gesamte wissenschaftliche Laufbahn zu bieten. Mit diesen Maßnahmen wurden Strukturveränderungen eingeleitet, die mit der Weiterentwicklung des Befristungsrechts für die Wissenschaft fortgeführt werden sollen.
Die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Tarifpartner sollen durch die Reform des WissZeitVG erweitert werden. Was heißt das konkret?
Im WissZeitVG soll der Katalog der gesetzlichen Regelungen, von denen eine tarifvertragliche Abweichung zulässig ist, gezielt modifiziert und um weitere Regelungsgegenstände erweitert werden. Danach sollen zum Beispiel die zulässige Anzahl der Verlängerungen befristeter Verträge durch Tarifvertrag festgelegt und die Mindestvertragslaufzeit für Erstverträge nach der Promotion um bis zu ein Jahr erhöht oder verringert werden können.
Im Übrigen sollen Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen weiterhin ausgeschlossen sein, um eine bundeseinheitliche Geltung der Kernregelungen des Gesetzes einschließlich seiner grundlegenden systematischen Entscheidungen zu gewährleisten. Dies soll bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen sichern, die wichtig sind für chancengleiche und rechtssichere bundesweite Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit insbesondere zwischen Hochschulen und – regelmäßig den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Bundes anwendenden – außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
Unbeschadet dessen können die Tarifpartner zu allen Punkten Regelungen treffen, die den im Gesetz getroffenen Regelungen nicht zuwiderlaufen. Zulässig sind deshalb insbesondere Vereinbarungen zu Bereichen, die im WissZeitVG selbst nicht geregelt werden. Dies betrifft beispielsweise die Rahmenbedingungen von befristeten Beschäftigungen, also etwa Vereinbarungen zum Abschluss von Betreuungsvereinbarungen oder Überbrückungsleistungen. Im WissZeitVG wird in diesem Sinne auch ausdrücklich klargestellt, dass die Tarifvertragsparteien wie schon bislang Regelungen über einen regelmäßigen Mindeststellenumfang für das wissenschaftliche und künstlerische Personal vereinbaren können.
Warum sieht der Regierungsentwurf vier Jahre als regelmäßigen Befristungsrahmen nach der Promotion vor? Warum nicht nur zwei oder wie bisher sechs Jahre?
Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, die Planbarkeit und Verbindlichkeit von Karrierewegen zu erhöhen. Im Dialogprozess mit der Wissenschaft wurde über die unterschiedlichen Fachkulturen hinweg nahezu einhellig bestätigt, dass spätestens vier Jahre nach der Promotion eine verlässliche Aussage getroffen werden kann, ob Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dauerhaft für die Wissenschaft gewonnen werden sollten. Vier Jahre sind daher eine zweckmäßige allgemeine Obergrenze für die Qualifizierungsbefristung nach der Promotion. Nach maximal vier Jahren soll sich in der Regel entscheiden, ob Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Perspektive in der Wissenschaft auf eine Professur oder eine andere dauerhafte Beschäftigung neben der Professur haben. Dieser Rahmen gewährleistet zugleich hinreichend Flexibilität für fachkulturelle Unterschiede und die Vielfalt der Karrierewege und gibt Raum für Mobilität zwischen Wissenschaftsstandorten und die in der Praxis zum Teil langwierigen Bewerbungs- und Berufungsverfahren.
Die vier Jahre Höchstbefristungsdauer sollen sich darüber hinaus wie bisher im individuellen Fall aufgrund nicht in Anspruch genommener Befristungszeiten aus der Phase vor der Promotion sowie aufgrund der familien- und inklusionspolitischen Komponente verlängern. Dadurch werden insbesondere auch spezifische familienbedingte Bedarfe weiterhin berücksichtigt.
Im Anschluss soll darüber hinaus künftig die Option einer weiteren Befristung für zwei Jahre mit Anschlusszusage bestehen. Dadurch soll eine weitere Befristungsmöglichkeit mit einer abgesicherten Aussicht auf eine unbefristete Anstellung geschaffen werden.
Eine weitere pauschale Senkung der Höchstbefristungsdauer, beispielsweise auf zwei Jahre, würde hingegen den unterschiedlichen Fächerkulturen und Karrierewegen in der Wissenschaft nicht gerecht. Vielmehr bestünde das große Risiko, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bereits sehr frühzeitig nur noch Drittmittelbefristungen erhielten (und somit zum Beispiel nicht mehr von der familienpolitischen Komponente profitieren könnten) oder die Wissenschaft verlassen müssten, wenn nicht direkt oder sehr kurze Zeit nach der Promotion eine Anschlusszusage ausgesprochen werden kann oder wenn zu diesem Zeitpunkt keine unbefristete Stelle zur Verfügung steht.
Nach Ausschöpfen der Höchstbefristungsdauer der Qualifizierungsbefristung soll auch weiterhin die Möglichkeit zur Befristung aufgrund der Beschäftigung in einem drittmittelfinanzierten Forschungsprojekt (Drittmittelbefristung) bestehen.