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Informierte Patienten leben länger : Datum: , Thema: Dekade gegen Krebs

Höchstens ein Jahr sollte Bärbel Söhlke noch leben. Sie hatte Lungenkrebs – und keine Therapie wirkte. Doch dann brachten ein neuartiger Gentest und eine gezielte Therapie die Wende: Sie überlebte. Heute engagiert sie sich in der Dekade gegen Krebs.

Bärbel Söhlke hat dank neuer Therapieansätze den Lungenkrebs überlebt. © BMBF/Hans-Joachim Rickel

Diagnose: Lungenkrebs. Der Tumor überraschte Bärbel Söhlke 2008. Sie war damals 50 Jahre alt. Sie hatte nie geraucht. Plötzlich fühlte sie sich in einer ausweglosen Situation: Höchstens ein Jahr sollte sie noch Leben – mit Chemotherapie. Sie entschied sich trotz der Prognose zu kämpfen. Es folgten mehrere Chemotherapien und eine Operation. Nichts half. Im Fachjargon galt sie als „austherapiert“. Die Ärzte sahen keine Chance mehr im Kampf gegen ihren Krebs.

Neuartige molekulare Diagnostik brachte die Wende

Trotz aller Rückschläge war Bärbel Söhlke nicht bereit aufzugeben. Sie wollte ihre Prognose verbessern. Sie wollten leben. Sie begann nach neuen Wegen für ihr Überleben zu suchen. Dabei erfuhr sie von neuartigen Gentests, die das Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) der Uniklinik Köln durchführte. Bei diesen Tests suchen Forschende nach sogenannten „Treibermutationen“, die den Krebs verursachen. Und die Forschenden wurden fündig: Mit der molekularen Diagnostik entdeckten sie die Ursache für ihre Erkrankung – eine seltene Veränderung in einem speziellen Abschnitt ihrer Gene. Söhlkes Glück: Es gab ein Medikament aus den USA, das in frühen Studien gute Resultate gegen die sogenannte „ROS1-Translokation“ erzielt hatte. Dieses Medikament bekam sie als erste Patientin in Europa.

„Die Wirkung war spektakulär“, erinnert sich Bärbel Söhlke. „Bereits nach Tagen ging es mir spürbar besser. In den ersten Wochen verschwanden nach und nach die Symptome und auch die relativ harmlosen Nebenwirkungen. Nach zwei Monaten war keine Tumoraktivität mehr nachweisbar“, so Söhlke. Und das ist seit nunmehr neun Jahren unverändert der Fall. Ihr Schicksal hat Söhlke selbst in die Hand genommen – mit Erfolg: „Dass informierte Patienten länger leben, ist bei Lungenkrebs keine Phrase“, sagt sie.

Söhlke gibt ihr Wissen weiter, um anderen zu helfen

Heute engagiert sich Bärbel Söhlke in der Nationalen Dekade gegen Krebs, die das Bundesforschungsministerium mit dem Bundesgesundheitsministerium und weiteren Partnern 2019 gestartet hat. Ebenso bringt sie ihre Erfahrungen im Patientenbeirat beim Ausbau des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) ein, das während der Dekade ausgebaut wird. Söhlke gibt ihr Wissen weiter, um anderen Erkrankten zu helfen. Dafür hat sie zusammen mit anderen Betroffenen den Verein „ZIELGENAU e.V. – Patienten-Netzwerk für Personalisierte Lungenkrebstherapie“ gegründet.

Von dem Austausch mit Patientinnen und Patienten profitieren alle Seiten. Daher ist ein Ziel der Dekade, die Patientenbeteiligung in der Forschung und Versorgung zu verbessern. Forschende lernen so eine andere Sichtweise auf ihr Forschungsfeld kennen. Zudem erhalten sie wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse, Sorgen und Nöte von denjenigen, zu deren Wohl sie forschen.

Nationale Dekade gegen Krebs

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) startete im Januar 2019 gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und weiteren Partnern aus Forschung, Versorgung und Selbsthilfe die „Nationale Dekade gegen Krebs". Mit gebündelter Kraft soll die Krebsforschung in der Prävention, Früherkennung, Diagnostik und Behandlung zielgerichtet vorangetrieben werden. Wichtigstes Ziel der Dekade ist es, die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit Krebs deutlich zu verbessern. Deshalb nimmt die Forschung Erkrankte und deren Angehörige besonders in den Blick.