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Weihnachten auf dem Forschungsschiff SONNE : Datum: , Thema: Forschung

Dr. Birgit Quack vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel leitet die Weihnachtsexpedition des Forschungsschiffs SONNE. Im Gespräch mit bmbf.de verrät die Meeresforscherin, warum sie Weihnachten in einem der größten Müllstrudel der Welt verbringen wird.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen der Meeres- und Atmosphärenforschung auf Atlantikquerung © Henning Burmester

Frau Quack, wie werden Sie die Weihnachtsfeiertage auf der SONNE verbringen?

Wir werden versuchen, die Weihnachtsfeier in unsere Forschungsarbeiten zu integrieren, die uns jedoch rund um die Uhr beanspruchen. Am Abend des 23. Dezember werde ich an Deck der SONNE in meinem eigens mitgebrachten Kino mit Dolby Surround Sound „The Night before Christmas“ von Tim Burton zeigen. An Heiligabend werden wir zunächst wie gewohnt zur Mittagszeit und in der Nacht Proben für sehr viele zu untersuchende Parameter nehmen und verschiedene Umweltbedingungen wie die Wassertemperatur und den Salzgehalt des Meerwassers erfassen. Abends gibt es dann ein festliches Zusammentreffen der gesamten Crew und aller Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Lounge der SONNE. Dort werden wir ein paar Ansprachen halten, Weihnachtslieder singen und gemeinsam Weihnachtsmusik hören. Wenn alles nach Plan läuft, werden wir genau zu diesem Zeitpunkt auch den nördlichsten Punkt unserer Reise erreichen, an dem wir über den Atlantik in die Sargassosee fahren – da sind wir dann dem Weihnachtsmann näher. Ich hoffe, dass es so weit nördlich nicht zu windig sein wird. Anschließend werden wir wichteln. Die Geschenke werden verteilt, wir sitzen in einer Runde und dann gibt es ein Würfelspiel, so dass am Ende jeder ein zufälliges Geschenk bekommt. Das ist immer sehr lustig.

Am ersten Weihnachtstag wird es dann auch bei den Mahlzeiten festlich: Vom Kapitän habe ich erfahren, dass uns ein richtiges Festessen erwartet. Wir sind ein sehr internationales Team mit Forscherinnen und Forschern aus zwölf Nationen, weshalb uns die unterschiedlichsten Weihnachtstraditionen erwarten: Am Nachmittag gibt es nach der Mittagsstation einen Kuchen, den die drei portugiesischen Wissenschaftler mit an Bord gebracht haben, und am Abend werden wir gemütlich zusammensitzen und unsere britischen Kolleginnen und Kollegen werden uns einen schottischen Weihnachtstanz beibringen.

Worauf freuen Sie sich besonders?

Ich bin im März 60 Jahre alt geworden und auf Grund der Coronapandemie konnte ich meinen Geburtstag nicht feiern. Aber diese Reise ist ein sehr besonderes Geschenk für mich. Ich freue mich schon die ganze Zeit darüber, hier zu sein und hoffe, dass es so gut weitergeht. Obwohl alle viel arbeiten und viele Nachtschichten auf dem Programm stehen, ist die Stimmung entspannt und heiter.

Sehr gespannt bin ich auf die Passage durch den Panamakanal kurz nach Neujahr und auf unseren Zielhafen: In Guayaquil in Ecuador erfolgt die Anfahrt nämlich durch den Urwald.

Eine Sache, die mich traurig macht, ist, dass unsere senegalesische Fischereiökologin schon in Panama von Bord gehen muss, weil sie kein Visum für Ecuador bekommen hat. Das trübt den internationalen Charakter der Reise.

Was werden Sie an Weihnachten vermissen?

Die weihnachtliche Nähe zu meinen Töchtern und meinem Mann und die ereignislose faule Zeit zwischen den Jahren.

Was ist das Besondere an dieser Expedition?

Wir sind ein sehr internationales Team. Auch die Expeditionsroute ist interessant: Es handelt sich um eine Atlantikquerung von Gran Canaria bis nach Ecuador durch das Bermuda-Dreieck und mit einem Abstecher in die Sargassosee, danach in die Karibik, wo uns viele Staaten schon Forschungsgenehmigungen für ihre Territorialgewässer erteilt haben. Aufgrund der kurzfristigen Bewilligung der Fahrt im Juli 2021 war der darauffolgende Vorbereitungsmarathon in Zeiten von COVID-19 extrem sportlich und ich bin beeindruckt, dass wir es mit 39 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Fachrichtungen bis hierhin geschafft haben. Wir haben zudem so viele verschiedene Disziplinen an Bord, dass wir Luft und Wasser in der Region des Nordäquatorialstroms von der Tiefsee in 6000 Meter Wassertiefe bis zur Stratosphäre in 30 Kilometer Höhe untersuchen können.

Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse erhoffen Sie sich von der Expedition?

Quer über den Atlantik transportiert eine große Strömung Meerwasser von Afrika in die Sargassosee und bis in die Karibik. Ich erhoffe mir, dass wir den Kohlenstoffkreislauf im Atlantik besser verstehen und neue Erkenntnisse gewinnen, wie andere Stoffkreisläufe, zum Beispiel Halogenverbindungen, damit in Verbindung stehen. Die SONNE ist bestens dafür ausgestattet, den Austausch vieler chemischen Verbindungen zwischen Meerwasser und Atmosphäre zu untersuchen. Dieser Austausch von klimarelevanten Gasen interessiert uns besonders vor dem Hintergrund des Klimawandels: Wie verändern sich diese Stoffflüsse und welche Konsequenzen haben diese Veränderungen wiederum für das Klima?

Wir interessieren uns außerdem dafür, wie der rege Schiffsverkehr auf dem Atlantik die Stoffkreisläufe im Meer beeinflusst. Viele Schiffe, welche noch mit Schweröl fahren, sind heute mit Abgasreinigungsanlagen ausgestattet, die Schwefelverbindungen aus den Abgasen auswaschen. Das dabei anfallende schwefelhaltige, saure und schmutzige Wasser darf über Bord gepumpt werden. Welchen Einfluss dies auf Organismen und biochemische Prozesse im Meer hat, untersuchen wir ebenfalls.

Darüber hinaus nutzen wir die Gelegenheit, Plastikabfälle im Meer zu erfassen und zu untersuchen. In der Sargassosee gibt es einen der größten Plastikstrudel der Welt. Die SONNE hat einen Fangschlitten an Bord, mit dem sie das Treibgut von der Meeresoberfläche rechen kann. Dabei untersuchen wir sowohl die größeren Plastikteile als auch das winzige Mikroplastik.

Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen eine erfolgreiche Expedition und ein schönes Weihnachtsfest an Bord!