Leuchtende Lebewesen erhellen die dunkle Jahreszeit : Datum: , Thema: Foxfire
Biobasierte Einmal-Lichter auf der Basis von Pilzen: Das Projekt Foxfire erforscht wie eine Mischung aus Bioabfällen und bestimmten Pilzen im Freien Licht spenden könnten – nicht zuletzt in der dunklen Jahreszeit.
Einige Pilze beginnen im Dunkeln zu leuchten. Die eher seltene Fähigkeit mancher Lebewesen, Licht zu erzeugen, nennt man Biolumineszenz. Lässt sich diese für nachhaltige Lichtquellen nutzen? Dieser Frage widmet sich das Forschungsprojekt Foxfire, gefördert vom BMBF im Rahmen der nationalen Bioökonomiestrategie. Foxfire trägt damit zu dem Ziel der Bioökonomiestrategie bei, biologisches Wissen über die Prinzipien von Lebewesen vermehrt zu nutzen und damit eine umfassende Transformation hin zu einer biobasierten Wirtschaft zu bewirken.
Nachhaltige Einmal-Lichter
Pilze wie der Honiggelbe Hallimasch, der Herbe Zwergknäueling und der Dunkle Ölbaumtrichterling leuchten grünlich in der Dunkelheit. „Damit locken sie vermutlich Insekten an, die dann Sporen aufnehmen und damit der Weiterverbreitung der Pilze dienen“, erklärt die Projektleiterin von Foxfire, Stephanie Stange, das Phänomen. Sie erforscht mit ihrem Team an der Technischen Universität Dresden und weiteren Industrie-Partnern, ob das Bio-Licht herkömmliche Einweg-Leuchtmittel, auch Knicklichter genannt, ersetzen kann – „mit einer möglichst geringen Umweltbelastung“.
Denn jene handelsüblichen, einmalig aktivierbaren Leuchtmittel enthalten einen Kunststoffverbund und einen Glasmantel, die sich nicht recyceln lassen. Durch das „Knicken“ vermischen sich in den Leuchtstäben zwei vorher durch das Glasröhrchen getrennte Chemikalien. Das nun eintretende Leuchten basiert auf der Chemolumineszenz – leider durch überwiegend problematische Stoffe. Darunter befinden sich Oxalsäureester, die sehr schädlich für Wasserorganismen sind. Ebenso enthalten Leuchtstäbe meist Wasserstoffperoxid und als Nebenprodukt entsteht Phenol. Diese Stoffe dürfen nicht geschluckt werden und reizen die Haut. In Extremfällen ist Übelkeit oder Erbrechen möglich. Insbesondere sind die ätzenden Chemikalien gefährlich für die Augen. Manche von ihnen sind brennbar und können explodieren.
Orangenschalen lassen leuchtende Pilze am besten wachsen
So liegt ein Bündel an Gründen vor, nach biobasierten Alternativen zu suchen. In einem ersten Schritt entwickelte das Projekt Foxfire mit Hilfe von Designern Formen, in die der Pilz-Nährboden gepresst wird. „Wir brauchen eine große Oberfläche, auf denen der Pilz wachsen kann“, beschreibt Stange. So sind zwei gerillte, fünf oder zehn Zentimeter große Zylinder entstanden. In ihrem natürlichen Lebensraum, dem Wald, wachsen die Leucht-Pilze auf totem Holz. Die Ingenieurin testete als Nährsubstrat Kartoffel- und Organgenschalen sowie Reste aus Weißen Bohnen, vermischt mit Holzmehl. So dienen vermeintliche Abfälle aus der Lebensmittelindustrie im Sinne einer Kreislaufwirtschaft erneut als Rohstoffe. „Orangenschalen haben sich als sehr gut erwiesen“, berichtet sie. Denn die Pilze sollen nicht nur rasch wachsen, sondern auch intensiv leuchten. Das erfüllte ein Vertreter besonders gut: „Unser aktueller Favorit ist Panellus stipticus, der Zwergknäueling“.
Derzeit suchen die Projektpartner nach einem Weg, stabile Wuchskörper herzustellen, die industriell, das heißt in großen Stückzahlen, hergestellt werden können. Auf den Formen, derzeit meist auf Holzmehl-Basis, bringen die Forschenden Pilzfäden aus. Stange beschreibt: „Ab Tag elf haben wir gutes Wachstum, dann setzt die Lumineszenz über mehrere Tage ein“. Für ein marktfähiges Produkt sucht sie nun nach einem „Schalter“, mit dem Käufer das Leuchten zur richtigen Zeit aktivieren können. Eine Methode ist besonders aussichtsreich: „Wir kappen dem Pilz die Sauerstoffzufuhr und stoppen damit das Wachstum“. So könnte durch das Aufreißen einer luftdichten Verpackung das Leuchten innerhalb einer bestimmten Zeit starten. Versuche in Zellkulturen auf Nährstoffplatten waren bereits erfolgreich: „Wir überprüfen derzeit, ob dies auch auf einem Holzmehl-basierten Substraten funktioniert“, erläutert die Projektleiterin.
Der umweltbewusste Outdoor-Bereich als Absatzmarkt
Als potenzielle Kunden sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Naturstofftechnik vor allem Outdoor-Begeisterte wie etwa Trekking-Touristen, Höhlenforscher oder naturnahe Camper. Der naturnahe und umweltbewusste Outdoor-Bereich verspricht als Absatzmarkt den größten Erfolg. Camper etwa markieren gerne Zeltleinen mit Lichtern, um im Dunkeln nicht darüber zu stolpern, weiß Stange. „Die Partyszene haben wir weniger im Blick“, denn dort besteht überwiegend der Wunsch nach massenhafter Billigware. Doch auch für Bildungszwecke könnte sie sich die Bio-Lampe vorstellen, beispielsweise als Unterrichtsmaterial für Schüler. Denkbar ist auch der Einsatz als nachhaltige Weihnachts- und Adventslichter.
Zu Beginn des Jahres 2022 startet eine Kooperation mit einer großen Outdoor-Kaufhauskette. Dort sind insbesondere Kundenbefragungen geplant. Auch wenn die Pilze keinerlei Krankheiten verursachen, stellen sich für Stange etwa die Fragen: „Würden viele Kunden sich trauen, mit einem lebenden Organismus in den Wald zu gehen? Gibt es eventuell durch die Corona-Pandemie vermehrt Vorbehalte? Was sind die Bedürfnisse der potenziellen Käuferinnen und Käufer? Welchen Preis wären sie bereit, für die umweltfreundlichen, recycelbaren Foxfire-Lampen zu bezahlen?“
Der Name hat im Übrigen nichts mit Füchsen (engllisch: "fox") zu tun. Er kommt von dem französischen Wort „faux“, zu Deutsch "falsch". Dereinst haben Menschen das nächtliche Glimmen der Pilze im Wald als „falsches Feuer“ bezeichnet.