Wie viele Covid-19-Viren stecken tatsächlich in der Raumluft? : Datum: , Thema: EUREKA-Erfolgsgeschichte: NOVIRALRISK
Wie sich Aerosole in Gebäuden verhalten finden Forschende im EUREKA-Projekt NOVIRALRISK heraus. Sie entwickeln ein Messverfahren, mit dem die Virenkonzentration in Räumen besser eingeschätzt und die Leistung von Lüftungsanlagen verlässlich bewertet werden kann.
Wie groß ist das Risiko, sich in einer großen Veranstaltungshalle mit dem Corona-Virus zu infizieren? Werden die Menschen in den kühlen Monaten des Jahres ruhigen Gewissens in eine Schwimmhalle gehen können? Diesen Fragen geht das Team im EUREKA-Projekt NOVIRALRISK auf den Grund. Dafür haben sich Expertinnen und Experten für Software- und Simulationstechnik und Industriepartnerinnen und -partner aus Deutschland, Schweden, Finnland und Kanada zusammengeschlossen.
Seit April 2021 entwickeln sie ein Prüfsystem, das die Aerosolkonzentration und damit die Virenbelastung in Gebäudeinnenräumen messen und die Leistung von Raumluftanlagen bewerten kann. Es soll an Schulen, in Veranstaltungshallen und Schwimmbädern oder in Bürogebäuden praxistauglich angewendet werden. Die Ergebnisse könnten Menschen in Pandemie-Zeiten beruhigen: Denn es gibt sie vielleicht, die Räume, die über ausreichend Luftvolumen, eine natürliche Belüftung oder eine effiziente Lüftungsanlage verfügen, die dafür sorgen können, dass die Dichte der virusbeladenen Schwebeteilchen in der Luft nicht zu stark ansteigt. So könnte das Ansteckungsrisiko beherrschbar bleiben.
Auch Lüftungsanlagen ohne Filter könnten effizient genug sein
Was aber muss eine Lüftungsanlage tun, damit das gelingt? Eine Möglichkeit den Viren entgegenzutreten, sind Filteranlagen, die ähnlich wirken, wie der Mundschutz bei den Menschen: Sie filtern die Aerosole mitsamt den Viren aus der Raumluft und reduzieren so die Virenkonzentration in den Räumen. Solche Filter können auch noch nachträglich in bereits bestehende Lüftungskanäle eingebaut werden. Aber auch bestimmte Betriebsarten von Raumlüftungsanlagen könnten sich bereits positiv auf die Aerosol- und damit auf die Virenkonzentration auswirken. Welche das sind und unter welchen Bedingungen das funktionieren kann, das gilt es herauszufinden – und zwar mit völlig neuen Messmethoden. Denn bislang waren Prüfsysteme ausschließlich darauf ausgerichtet, zu untersuchen, wie effizient und energiesparend Gebäude belüftet, belichtet und beheizt werden. Nun geht es darum, der tatsächlichen Virenbelastung in der Raumluft auf die Spur zu kommen.
Simulationen und ein Prüfstand im Labor untersuchen das Verhalten von Aerosolen im Raum
Das NOVIRALRISK-Team stützt sich dafür zunächst auf Simulationen, die berechnen, wie sich die Tröpfchen zum Beispiel in der Luft eines Schwimmbads mit und ohne bestimmte Belüftungssysteme verhalten würden. Diesen Teil übernimmt das Institut für Bauklimatik der Technischen Universität (TU) Dresden, das schon viel Erfahrung mit komplexen Simulationen hat. „Anschließend überprüfen wir gemeinsam mit den Forschenden der TU Dresden an einem physikalisch echten Forschungsprüfstand im Labor, wie sich die Aerosole tatsächlich in der Raumluft verhalten“, erklärt Dr.-Ing. Stefan Plesser, Gründer und Vorstand der am Projekt beteiligten synavision GmbH.
„Wir wissen, dass es einen großen Unterschied ausmachen kann, ob sich die Badenden gleichmäßig und mit Abstand im Wasserbecken oder im Raum bewegen, oder ob sie alle am 3-Meter-Brett anstehen. Dort steigt das Risiko für eine Ansteckung deutlich“, so Plesser weiter. „Dank der Simulationen und Messungen im Forschungsprüfstand können wir genau sehen, was geschieht, wenn bestimmte Luftbewegungen durch Thermik, offene Fenster oder durch Belüftungsöffnungen, die viel Luft einblasen, hinzukommen. Das erweitert unsere Urteilskraft bei der Entwicklung eines neuen Mess- und Prüfsystems enorm.“
Bedampfungsmaschinen und Lasermessgeräte für ein praxistaugliches Messverfahren
Wenn die Entwicklungen erst einmal so weit sind, soll es möglich sein, viele Arten von Räumen – sogar große Veranstaltungshallen und Flughäfen – mithilfe von Bedampfern mit künstlich erzeugten Aerosolen zu füllen. Lasermessgeräte prüfen dann, wie gut die eingebrachten Aerosole von den jeweiligen Lüftungsanlagen abgebaut werden. Eine solche Messung soll, je nach Raumgröße, nicht länger als einen halben bis ganzen Tag dauern. „Auf diese Weise erfahren wir, ob es wirklich ein Problem im Sinne einer zu hohen Virenbelastung gibt, oder eben nicht“, resümiert Plesser. „Dann können wir unsere Kundinnen und Kunden entweder beruhigen, oder gemeinsam mit ihnen an einer Optimierung arbeiten.“