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Geotope: Einblick in die Erdgeschichte : Datum: , Thema: Tag des Geotops

Der 19. September ist bundesweit der Tag des Geotops. Der Greifswalder Geologe Prof. Martin Meschede, Vize-Präsident der Deutschen Geologischen Gesellschaft – Geologische Vereinigung (DGGV), erklärt im Interview, warum Geotope wichtig sind und welche Bedeutung die Geoforschung hat.  

Der „Teufelstisch“ im Pfälzer Wald
Der „Teufelstisch“ im Pfälzer Wald © Edouard Grigowski, Universität Bonn

Geotope geben Einblicke in die Erdgeschichte, können aber auch einen kulturgeschichtlichen Hintergrund haben. Was zeichnet diese besonderen Gesteinsformationen aus?

Geotope sind eine allgemeine Bezeichnung für Orte, an denen wir in besonderer Weise etwas über unsere Erde erfahren können, was andernorts meist unter Pflanzenbewuchs oder Bodenbedeckung verborgen ist. Sie zeichnen sich oft durch besondere Formationen wie zum Beispiel äußerst reichhaltige Fossilienfunde oder besonders gut sichtbare Strukturen wie Falten, Störungen oder zutage tretende Kohleflöze aus. Geotope können natürliche Aufschlüsse wie Steilküsten oder Felshänge in Gebirgen sein, ebenso durch den Menschen geformte Steinbrüche, Kiesgruben oder Bergwerke. Es gibt eine große Vielfalt.

Wer kümmert sich um den Erhalt der Geotope?  

Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Geoparks in Deutschland, sechs davon gehören mittlerweile zur Gruppe der UNESCO-Geoparks. Die Geoparks sind dazu angehalten, Aufschlüsse in ihrem Gebiet frei von Bewuchs zu halten, wobei dies allerdings oft an der personellen Unterbesetzung und fehlenden finanziellen Mitteln scheitert. Zum Teil kümmern sich auch lokale Initiativen um den Erhalt einzelner Geotope. Die geologischen Landesämter führen Kataster zu den Geotopen und sind auch für deren Schutz verantwortlich.

Sie sind an einem Projekt beteiligt, bei dem 30 Geotope bis zum Jahr 2023 exakt vermessen werden. Resultieren daraus neue Erkenntnisse?

Das 30-Geotope³-Projekt, das von Gösta Hoffmann in Bonn ins Leben gerufen wurde, stellt den Status quo für ausgewählte Geotope dar. Wir können damit Aufschlussbereiche „begehbar“ machen, die ansonsten nicht erreichbar wären, weil sie sich zum Beispiel an steilen, oft senkrechten Wänden befinden oder einfach der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Ein gutes Beispiel hierfür sind Höhlen und Bergwerke. Wir haben in Zusammenarbeit mit dem geologischen Dienst NRW die Ofenkaulen im Siebengebirge in dreidimensionaler Darstellung auf einer Webseite präsentiert. Dieses Bergwerk ist unzugänglich, da einsturzgefährdet und geschützt, und dient als Quartier für zahlreiche Fledermausarten. Interessierte können nunmehr das Bergwerk virtuell erkunden. Zudem wurde es auf den Millimeter genau vermessen und der Zustand erfasst. Anhand der 3D-Aufnahmen, die in das globale Koordinatennetz eingebunden und somit georeferenziert sind, können wir auch Störungsflächen an schwer zugänglichen Aufschlusswänden einmessen. Ein Beispiel ist die Betrachtung von Steilküsten: Ein 3D-Modell kann ein wichtiges Hilfsmittel für die Bewertung von Standfestigkeiten sein.

Beim Tag des Geotops geht es natürlich auch um wissenschaftliche Fragen. Welche Bedeutung hat die Geoforschung für unsere heutige Gesellschaft?

Geoforschung ist ein zentrales Forschungsgebiet unserer Gesellschaft. Die am stärksten diskutierten Themen sind: Klimawandel, Meeresspiegelanstieg, Rohstoffgewinnung, Endlagerung hochgiftiger und radioaktiver Abfallstoffe, CO2-Speicherung im Untergrund, Bereitstellung von Trinkwasser, Energiegewinnung aus Wasserkraft, Naturgefahrenpotential siehe Ahrtal, und anderes mehr – all diese Themen sind ursächlich geowissenschaftliche Themen, zu denen es zahlreiche Forschungsansätze aus den Reihen der Geowissenschaftler gibt. Und sie werden wichtiger, weil sie lebensrelevant sind.

Wo sehen Sie den größten Forschungsbedarf für die Zukunft?

Ein großer Forschungsbedarf besteht nach wie vor in der Rohstoffgewinnung und beim Thema Speicherung von elektrischer Energie. Immer wichtiger ist die Bereitstellung von Baurohstoffen – der Sand wird knapp, Kalkstein steht nicht in unendlicher Menge zur Verfügung. Hier gilt es, neue, klimagünstigere Baustoffe zu entwickeln, bei denen nicht so viel CO2 produziert wird wie bei der Zementherstellung. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Geothermie, die Nutzung der Erdwärme für die Erzeugung von Strom oder zum Heizen. In den Geowissenschaften geht es um Stoffkreisläufe. Dabei ist es wichtig zu verstehen, wie und mit welcher Geschwindigkeit diese ablaufen. Denken wir an CO2: Das ist in langen geologischen Zeiträumen gebunden und in Gesteinsschichten der Erdkruste eingelagert. Die Freisetzung durch den Menschen geht dabei sehr schnell. Es gibt aber auch natürliche Freisetzungen wie beim tauenden Permafrost. Eine wichtige Aufgabe der Geowissenschaften ist die Quantifizierung dieser Stoffströme, um dadurch Kipppunkte im Klima zu erkennen.

Geoforschung

Geowissenschaftliche Fragestellungen sind verstärkt in den Fokus von Öffentlichkeit und Politik gerückt. Zu den Forschungsthemen gehören unter anderem die Auswirkungen des Klimawandels, die nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen und die Früherkennung von Naturgefahren. Das BMBF unterstützt die Geoforschung sowohl mit Projektförderung als auch mit institutioneller Förderung. So wurde das Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) als nationales Zentrum für die Erforschung der feste Erde im Jahr 2020 mit rund 60 Millionen Euro vom Bund gefördert. Im Rahmen dieser institutionellen Förderung werden mittel- und langfristige Forschungsaufgaben sowie der Betrieb von Großgeräten und Forschungsinfrastrukturen finanziert.