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Unerschöpfliche Energiequelle? Forschung zur Fusion : , Thema: FAQ

Die Fusion könnte CO2-neutrale Energie in großem Umfang liefern, ohne die Risiken und Altlasten der Kernspaltung. Damit könnte sie eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels spielen. Aber wie weit ist die Forschung?

Erklärvideo Fusion

Erklärvideo Fusion

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Spätestens seit den aufsehenerregenden Meldungen aus den USA im Dezember 2022 ist das Interesse an Fusion als Zukunftsenergie in aller Munde. Aber was genau ist Fusion eigentlich? Warum brauchen wir diese Technologie und welchen Beitrag leistet Deutschland zur Forschung in diesem Bereich? Hier finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist Fusion?

Fusion ist die Energiequelle der Sonne. Im Zentrum der Sonne herrschen extrem hohe Temperaturen von 15 Millionen Grad Celsius und ein unglaublich hoher Druck von 100 Milliarden Bar (zum Vergleich: der Luftdruck auf Meereshöhe auf der Erde beträgt 1 Bar). Unter diesen Bedingungen verschmelzen Atomkerne miteinander und es entsteht ein neues chemisches Element. Im Fall der Sonne verschmelzen dabei zwei Wasserstoffatome zu einem Helium-Atom. Bei diesem Prozess wird sehr viel Energie freigesetzt. Die Hoffnung ist, diesen Prozess auf der Erde kontrolliert und kontinuierlich ablaufen zu lassen – und so die Fusion als Energiequelle der Zukunft zu nutzen.

Warum wäre Fusion besser als die bisherigen Atomkraftwerke?

Atomkraftwerke produzieren Strom mithilfe von Kernspaltung. Der Nachteil der Kernspaltung gegenüber der Fusion ist, dass als Brennstoff radioaktive Stoffe wie Uran verwendet werden und auch langlebiger hochradioaktiver Abfall entsteht, der eine langfristige Bedrohung für Natur und Mensch darstellt. Bei der Fusion hingegen entstehen kurzlebigere und schwächer radioaktive Abfälle, die schnell abklingen und keiner Endlagerung bedürfen. Hinzu kommt, dass eine unkontrollierte Kettenreaktion (der Super-GAU) wie bei einem Atomkraftwerk physikalisch unmöglich ist. Im ungünstigsten Fall stoppt die Reaktion.

Warum brauchen wir Fusionskraftwerke?

Um den Klimawandel entschieden zu bekämpfen, müssen wir technologieoffen den kompletten Ausstieg aus fossilen Energien schaffen. Erneuerbare Energien wie Sonne und Wind leisten dafür bereits einen wichtigen Beitrag, können perspektivisch aber nicht oder nur mit sehr großem Aufwand von Speichertechnologien eine lückenlose Energieversorgung sicherstellen. Ein Fusions-Kraftwerk wäre grundlastfähig. Das bedeutet, es kann immer Energie bereitstellen, egal, ob gerade Wind weht oder die Sonne scheint. Damit könnten Fusionskraftwerke konventionelle Kraftwerke auch ohne aufwendige Speichertechnik ersetzen. Die Kosten pro Kilowattstunde wären denen von heutigen grundlastfähigen Kraftwerken ähnlich.

Gleichzeitig sind die potenziellen Brennstoffe wie Deuterium und Tritium (beides Wasserstoff-Isotope) quasi unbegrenzt verfügbar: Um den Energiebedarf für das gesamte Leben eines Menschen  zu decken, bräuchte man nur ca. 400 Liter Meerwasser (für das Deuterium) und ca. 280 kg Gestein (für das Tritium).

Fusion kann daher zur Sicherung unserer Technologie- und Energiesouveränität beitragen.

Was sind die wichtigsten Vorteile von Fusionsenergie?

Fusionsenergie ist ressourcenschonend. Potenzielle Brennstoffe sind die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium. Diese sind aufgrund des hohen Vorkommens in der Natur (Deuterium im Meerwasser, Tritium durch Erbrütung im Fusionsprozess selbst) nahezu unbegrenzt verfügbar

Fusionsenergie ist sauber. Bei der Fusion werden keine fossilen Brennstoffe verbrannt. Der produ­zierte Strom wäre somit CO2-neutral. Außerdem entstehen bei der Fusion lediglich kurzlebige und schwach radioaktive Abfälle, die keiner Endlagerung bedürfen.

Fusionsenergie ist sicher. Bei der Fusion sind gefährliche, unkontrollierte Kettenreaktionen physika­lisch unmöglich. Ein Betriebsausfall würde die Reaktion unmittelbar stoppen.

Fusionsenergie ist grundlastfähig. Anders als die volatilen Windkraft- oder Solaranlagen ist ein Fusionskraftwerk kontinuierlich in der Lage, das Stromnetz mit elektrischer Energie zu versorgen.

Fusionsenergie ist bezahlbar. Ersten Abschätzungen zufolge wird Strom aus Fusion zu ähnlichen Konditionen verfügbar sein wie der aus Erneuerbaren Energien.

Und was ist mit Technologien, die nicht mit Strom bzw. Batterien betrieben werden können? Flugzeuge oder Schiffe zum Beispiel?

Auch hier könnte die Fusion helfen. Mithilfe der großen Mengen an Strom, die sie verlässlich liefern könnte, wäre es auch dann möglich, wenn weniger Strom verbraucht wird (nachts zum Beispiel) in großem Stil grünen Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe zu produzieren. Die Erforschung solcher unter dem Begriff „Power-to-X“ bekannten Technologien fördert das BMBF ebenfalls.

Welche Forschungsansätze gibt es für einen Fusionsreaktor?

Es gibt zwei Forschungsansätze: Magnetfusion und Trägheitsfusion.

Bei der Magnetfusion wird ein Deuterium-Tritium-Gasgemisch bei geringem Druck – ähnlich dem in einem Fahrradschlauch – in einem Reaktor auf 100 bis 150 Millionen Grad Celsius erhitzt, wodurch sich ein Plasma bildet, in dem es zu Fusionsreaktionen kommt. Dieses Plasma wird von einem Magnetfeld eingeschlossen, das verhindert, dass es die Wände des Reaktors berührt (sonst würde es sofort erlöschen). Bei den Magnetfusionsreaktoren unterscheidet man zwei Typen: Tokamak und Stellarator. In Deutschland wird in erster Linie zur Magnetfusion geforscht. Beispiele hierfür sind die Versuchsreaktoren Wendelstein 7-X in Greifswald (Stellarator) und ASDEX Upgrade in Garching (Tokamak).

Bei der Trägheitsfusion werden kleine Kapseln, die mit Wasserstoffisotopen gefüllt sind, sehr schnell aufgeheizt, zumeist mithilfe hochintensiver Laserstrahlung. Ein Magnetfeld wie bei der Magnetfusion ist dabei nicht nötig. Die Masseträgheit des entstehenden Plasmas reicht jedoch nur Nanosekunden, bis das Gemisch unter dem großen Druck wieder auseinanderfliegt und die Reaktion erlischt. Dieses Prinzip kam bei dem im Dezember 2022 durchgeführten Experiment an der National Ignition Facility in den USA zum Einsatz, das weltweit große Aufmerksamkeit bekam.

Trotz dieses Meilensteins ist zurzeit ist noch offen, welcher Ansatz sich durchsetzen wird, auch wenn die Entwicklung bei der Magnetfusion weiter fortgeschritten ist. Beide Ansätze haben spezifische Vor- und Nachteile. In jedem Fall stellt die effiziente Umwandlung der Reaktionsenergie in nutzbare elektrische Energie eine eigene Forschungsfrage dar, die noch mit großen Herausforderungen verbunden ist (z. B. Effizienzverluste und Materialermüdung).

Warum dauert es so lange, bis wir die Fusion als Energiequelle nutzen können?

Das Beispiel der Sonne und auch der oben beschriebenen Forschungsansätze zeigt, dass bei der Fusion extrem komplexe Zusammenhänge und starke physikalische Kräfte wirken. Diese zu kontrollieren, ist eine große technische Herausforderung. Hinzu kommt, dass alle Technologien, insbesondere im kontinuierlichen Betrieb, große Mengen an Energie verbrauchen. Die Herausforderung ist daher nicht nur, die Fusion zu starten und aufrecht zu erhalten, sondern auch, den Prozess so zu gestalten, dass dabei am Ende unter dem Strich deutlich mehr nutzbare Energie bereitgestellt wird, als der Reaktor verbraucht.

Macht die Fusionsforschung denn Fortschritte?

Bei all den noch zu lösenden Aufgaben werden die Fortschritte, die die Fusionsforschung bereits erzielt hat, leicht übersehen.

  • Erfolge wurden z.B. bei der Optimierung des sogenannten Tripelprodukts erzielt. Das Tripelprodukt ist ein Maß dafür, wann die Fusion erreicht wird. Es bezieht sich auf die Ionentemperatur, die Teilchendichte und die Energieeinschlusszeit und wurde in den letzten Jahrzehnten in verschiedenen Magnetfusionsexperimenten weltweit um den Faktor 100.000 verbessert. Heute ist es von der Zündung nur noch einen Faktor 10 entfernt.
  • Wendelstein 7-X, der weltweit größte und fortschrittlichste Stellarator in Greifswald, hat bereits während seiner Inbetriebnahme 2018 einen neuen Stellarator-Weltrekord beim Tripelprodukt aufgestellt. Er ist nun mit allen Systemen ausgerüstet, die in Kürze Experimente bei voller Heizleistung und einen Betrieb von bis zu 30 Minuten ermöglichen.
  • JET, der bislang größte Tokamak auf der Welt, stellte 2022 einen Energieweltrekord auf, indem 59 Megajoule in Form von Fusionsneutronen erzeugt wurden, was einer Leistung von 11 Megawatt über die Dauer der Entladung entspricht.
  • Im Dezember 2022 gelang es an der National Ignition Facility (NIF) des Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien erstmalig, mehr Energie aus der Fusionsreaktion zu gewinnen (3,15 Megajoule), als durch die verwendeten Laserstrahlen in das Target eingestrahlt wurde (2,05 Megajoule).

Wo wird in Deutschland im Bereich Fusion geforscht?

In Deutschland arbeiten drei Forschungseinrichtungen im Bereich Fusion:

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik betreibt sowohl den Tokamak-Reaktor ASDEX Upgrade in Garching, als auch den größten und fortschrittlichsten Stellarator der Welt, Wendelstein 7-X in Greifswald. Das Karlsruher Institut für Technologie und das Forschungszentrum Jülich erforschen Teilbereiche der Fusion wie die Wechselwirkung zwischen Plasma und Reaktorwand, Materialermüdung, Magnete, Brennstoff-Kreislauf oder Wärme-Management.

Zudem verfolgen inzwischen vier Start-ups eigene Konzepte zur Magnetfusion (Gauss Fusion, Proxima Fusion) bzw. zur Laserfusion (Focused Energy, Marvel Fusion).

An welchen internationalen Forschungskooperationen ist Deutschland im Bereich Fusion beteiligt?

Deutschland ist am Europäische Konsortium zur Entwicklung der Fusionsenergie (EUROfusion) beteiligt, das Forschungsaktivitäten im Bereich Fusion im Auftrag des Euratom-Programms der Europäischen Kommission unterstützt und finanziert. Das Konsortium ist ein Zusammenschluss aus 28 nationalen Fusionsforschungseinrichtungen in 26 Ländern der Europäischen Union und der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und Ukraine als assoziierten Mitgliedern, darunter auch die drei obengenannten deutschen Forschungseinrichtungen. Koordinator des Konsortiums ist das IPP.
Ein Kernziel von EUROfusion ist die Vorbereitung der ITER-Experimente und Entwicklung von Konzepten für ein zukünftiges Fusions-Demonstrationskraftwerk DEMO.

Wie unterstützt das BMBF die Fusionsforschung?

Deutschland gehört im Bereich der Magnetfusion zu den führenden Akteuren weltweit und fördert bislang die Arbeiten an den oben genannten Forschungseinrichtungen (IPP, KIT, FZJ) im Rahmen der institutionellen Förderung mit derzeit rund 150 Millionen Euro jährlich. Im Bereich der Trägheitsfusion gibt es in Deutschland sowie in ganz Europa noch vergleichsweise wenige Aktivitäten. Um dieses Feld näher zu beleuchten und insbesondere die deutschen Potenziale herauszuarbeiten, hat das BMBF Ende 2022 eine internationale Expertenkommission mit einer Analyse und der Erstel­lung entsprechender Empfehlungen beauftragt. Die Ergebnisse sind in einem Memorandum mit dem Titel „Laser Inertial Fusion Energy“ festgehalten, das am 22. Mai 2023 an die Bundesforschungsministerin übergeben wurde.

Im Juni 2023 veröffentlichte das BMBF sein Positionspapier Fusionsforschung, welches Handlungsfelder und mögliche, strategisch ausgerichtete Maßnahmen in der Magnet- und Laserfusionsforschung umreißt. Das Papier bildet die Grundlage für ein zu erarbeitendes neues Förderprogramm des BMBF und ein Fusionsökosystem mit der Industrie. Wesentliches Ziel der Maßnahmen ist die Beschleunigung der Technologieentwicklung hin zu einem Fusionskraftwerk. Zu diesem Zweck wird die Forschungsförderung des BMBF ausgeweitet, noch stärker programmatisch ausgerichtet und auf strategische (Teil-)Ziele fokussiert werden. Das umfasst sowohl die institutionelle Förderung (Programm „Fusion“ der HGF) als auch die neu einzurichtende Projektförderung und deren wechselseitige Vernetzung.

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