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Bekanntmachung : Datum:

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien zur Förderung „Neue Methoden in der Systembiologie“ Im Rahmenprogramm „Biotechnologie – Chancen nutzen und gestalten“

Vom 09.05.2008

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1. Zuwendungszweck

Die Genom-, Proteom- und Metabolomforschung hat in den vergangenen zehn Jahren zu einem großen Erkenntnisgewinn über den molekularen Aufbau der Zellstruktur und der Funktion einzelner Komponenten lebender Zellen geführt. Die bisher ermittelten Daten waren hauptsächlich statischer Natur. Das Wesen biologischer Prozesse liegt jedoch in ihrer Dynamik. Diese zu erschließen ist das übergeordnete Ziel des neuen konzeptionellen Forschungsansatzes der Systembiologie.

Der Forschungsansatz der Systembiologie ist gekennzeichnet durch die quantitative Analyse dynamischer Interaktionen der Komponenten eines biologischen Systems mit dem Ziel, das Verhalten des Systems als Ganzes zu verstehen und Vorhersagen zu seinem Verhalten unter der Einwirkung interner und externer Faktoren zu ermöglichen. Mathematische Konzepte werden dabei auf biologische Systeme angewandt und in einem iterativen Prozess aus Laborexperiment und Computersimulation überprüft und verbessert. Dazu ist die interdisziplinäre und arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen Biologen, Medizinern, Mathematikern, Physikern, Informatikern, Chemikern und Ingenieuren notwendig Diese Definition der Systembiologie liegt der vorliegenden Bekanntmachung zugrunde.

Der systembiologische Forschungsansatz besitzt eine enorme Schubkraft für den Erkenntnisfortschritt in den Lebenswissenschaften. Er bietet die Möglichkeit, neue Erkenntnisse für die Erschließung von Innovationspotenzialen in der Medizin, der Pharmaindustrie, der chemischen Industrie oder der biotechnologischen Industrie – also in den zur „Wissensbasierten Bio-Industrie“ gehörenden Branchen - zu erschließen. Zu erwarten sind beispielsweise ein umfassenderes Verständnis komplexer Erkrankungen und damit neue Ansätze für effizientere Therapien, ebenso wie neue Erkenntnisse für eine gezielte Pflanzenzüchtung oder die industrielle Nutzung biologischer Systeme.

Dieser Forschungsansatz ist vom BMBF bereits frühzeitig aufgegriffen und im Rahmen einer Reihe von Fördermaßnahmen unterstützt worden, so durch die Fördermaßnahme „Systembiologie der Leberzelle - HepatoSys“, die Maßnahmen FORSYS und FORSYS-Partner oder die Fördermaßnahme QuantPro. Letztere Fördermaßnahme verfolgte das Ziel, aufbauend auf den Plattformtechnologien der Genom-, Proteom- und Metabolomforschung sowie der Bioinformatik eine Brücke zwischen den „Omics-Technologien“ und der Systembiologie zu schlagen. Im Zuge der Etablierung systembiologischer Forschungsansätze wurde deutlich, dass die Weiterentwicklung bzw. Neuentwicklung von Methoden erforderlich ist, mit deren Hilfe der Zugang zu neuen Daten über dynamische Prozesse ermöglicht wird. Weiterhin ist die Erarbeitung neuer theoretischer Ansätze und mathematischer Modelle notwendig, um Zustände biologischer Systeme (z.B. Zellen) zu beschreiben und so ein besseres Verständnis biologischer Prozesse zu ermöglichen. Allen methodischen und technologischen Entwicklungen muss der Gedanke einer standardisierten Datenerhebung zugrunde gelegt werden.
Vor diesem Hintergrund zielt die vorliegende Förderinitiative darauf ab, neue experimentelle und theoretische Ansätze zu entwickeln, mit deren Hilfe komplexe biologische Netzwerke besser beschrieben und quantitativ erfasst werden können. Für beide Zielsetzungen ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Experimentatoren und Theoretikern Voraussetzung für eine Förderung. Die biologischen Fragestellungen sind an geeigneten Objekten zu bearbeiten.

Zur Erreichung der Ziele der Fördermaßnahme „Neue Methoden der Systembiologie“ unterstützt das BMBF insbesondere auch interdisziplinäre nationale Partnerschaften zwischen akademischer Forschung und Industrieforschung.

Diese Fördermaßnahme ist Bestandteil der Hightech-Strategie der Bundesregierung.

1.2. Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Gefördert werden im Rahmen dieser Richtlinien Verbundprojekte, die in einem interdisziplinären Ansatz aus Theorie und Experiment das Ziel verfolgen, innovative Methoden von grundlegender Bedeutung für die Systembiologie zu entwickeln. Die Entwicklung der Methoden soll anhand relevanter biologischer oder medizinischer Fragestellungen an geeigneten Untersuchungsobjekten erfolgen. Dabei soll im Sinne der in Ziffer 1.1. beschriebenen Definition der Systembiologie ein breites Spektrum an Expertise in die Konsortien eingebunden werden, bestehend aus z. B. Biologie, Chemie, Medizin, Physik, Mathematik, Bioinformatik, Ingenieurwissenschaften.

In den geförderten Verbundprojekten müssen Experimentatoren und Theoretiker eng zusammenarbeiten. Angestrebt werden Kooperationen zwischen Arbeitsgruppen aus Academia und Industrie. Die Projekte können für einen Zeitraum von drei Jahren gefördert werden.

2.1. Fragestellungen, Entwicklungsbedarf

Beispielhafte Fragestellungen für deren Beantwortung Methodenentwicklung erforderlich ist:

  • Erhebung quantitativer Metabolom- und Proteindaten in Zellkompartimenten und der ganzen Zelle
  • Erweiterung der Kenntnisse zu Kinetiken in vivo
  • Erfassung der dynamischen Prozesse in Zellen, z. B.
    • Selbstorganisation von Zellen (Proliferation, Differenzierung)
    • Reaktionsmuster in der Zelle
  • Organisation räumlicher Strukturen in der Zelle
  • Aufklärung der Transportprozesse zwischen Organellen

Beispiele für experimentelle und technologische Aktionsfelder:

  • Verbesserung der Quantifizierbarkeit von optischen Verfahren auf der Ebene lebender Einzelzellen
  • Durchflusszytometrie/FACS, insbesondere für intrazelluläre Prozesse
  • Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie und Korrelationsmikroskopie
  • Optische und bildgebende Methoden zur Untersuchung von Molekülinteraktionen, z.B. FRET
  • Massenspektrometrie, größeres Multiplexing von Proben
  • MALDI-Imaging auf Einzelzellebene
  • Verbesserung von NMR-Methoden, bessere Auflösung durch höhere Magnetfelder damit verbesserte Bestimmung von Metaboliten in der ganzen Zelle/Kompartimenten
  • Verbesserung von genetischen Methoden („homologe Rekombination“ in eukaryontischen Zellen; alternative Reportergene zu GFP)
  • Topographische Methoden

Beispielhafte Aktionsfelder für theoretische Entwicklungen:

  • Entwicklung neuer mathematischer Algorithmen,
  • Entwicklung neuer Softwaretools
  • Entwicklung von theoretischen Modellen

Es wird vorausgesetzt, dass die Bearbeitung der entsprechend Ziffer 2. gewählten Themenstellung nach dem konzeptionellen Ansatz der Systembiologie in Übereinstimmung mit Ziffer 1.1. erfolgt. Dies schließt ein, dass die Partner in enger interdisziplinärer Abstimmung und in einem iterativen Prozess aus Experiment, Datenanalyse und Computermodellierung Lösungsansätze erarbeiten und zur Ableitung von Vorhersagen kommen.

2.2. Datenmanagement

Angestrebt wird die Standardisierung experimenteller Daten und mathematischer Methoden, mit dem Ziel ihrer möglichst breiten Anwendung. In jedem Projektantrag ist daher darzulegen, wie innerhalb eines Verbundprojekts die Standardisierung erfolgen soll. Eine Standardisierung der Daten der Verbundprojekte untereinander wird angeregt. Weiter wird eine Anbindung an bestehende Managementsysteme der Systembiologie begrüßt.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit Sitz in Deutschland, darunter insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU; die Definition für KMU der Europäischen Gemeinschaft ist unter dem Link: http://ec.europa.eu/small-business/faq/index_de.htm einzusehen.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Jedes Verbundprojekt benennt einen Koordinator, der als Ansprechpartner für BMBF/PT fungiert und der das Verbundprojekt nach außen vertritt. Ihm obliegen die Organisation des Verbundes und die Information der Verbundpartner.

Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

Die Partner eines „Verbundprojekts“ haben Ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien nachgewiesen werden. Einzelheiten können einem BMBF-Merkblatt - Vordruck 0110 -
( https://foerderportal.bund.de/easy/easy_index.php?auswahl=easy_formulare&formularschrank=bmbf )
entnommen werden.

5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.

Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel - je nach Anwendungsnähe des Vorhabens - bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung – grundsätzlich mindestens 50% der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten – vorausgesetzt.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100% gefördert werden können.
Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für Verbundprojekte von Antragstellern von Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) eine differenzierte Bonusregelung zu, die ggf. zu einer höheren Förderquote führen kann.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF98).

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF98).

7. Verfahren

7.1. Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Abwicklung der Förderaktivität hat das BMBF seinen Projektträger

Projektträger Jülich (PtJ-BIO)
Geschäftsbereich Biologie
Forschungszentrum Jülich GmbH
D-52425 Jülich
Tel.: 02461/618786
Fax: 02461/618666
Internet: http://www.fz-juelich.de/ptj

beauftragt.

Ansprechpartner:
Frau Dr. Yvonne Pfeiffenschneider
Tel.: 02461/613852
E-Mail: y.pfeiffenschneider@fz-juelich.de
und
Frau Dr. Sigrid Grolle
Tel. 02461/618602
E-Mail. s.grolle@fz-juelich.de

Vordrucke für Förderanträge, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können unter der Internetadresse https://foerderportal.bund.de/easyonline abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung der förmlichen Förderanträge wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen ( https://foerderportal.bund.de/easyonline ).

7.2. Zweistufiges Förderverfahren

Das Förderverfahren ist zweistufig angelegt.

7.2.1. Vorlage und Auswahl von Projektskizzen

In der ersten Verfahrensstufe sind dem Projektträger Jülich bis spätestens 31.08.2008 zunächst Projektskizzen in schriftlicher und elektronischer Form auf dem Postweg vorzulegen. Bei Verbundprojekten sind die Projektskizzen in Abstimmung mit dem vorgesehenen Verbundkoordinator vorzulegen.

Es ist beabsichtigt, soweit notwendig, auf der Basis dieser Förderrichtlinien weitere Auswahlrunden durchzuführen. Die Fristen für die Einreichung der Projektskizzen werden rechtzeitig unter http://www.fz-juelich.de/ptj/systembiologie veröffentlicht.

Mit Blick auf das internationale Begutachtungsverfahren wird die Einreichung der Projektskizzen an den Projektträger in englischer Sprache empfohlen.

Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlußfrist. Verspätet eingehende Projektskizzen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Projektskizzen ist eine Darstellung mit folgender Gliederung beizufügen:

  1. Thema und Zielsetzung des Vorhabens
  2. Spezifischer Beitrag des Vorhabens zur Fördermaßnahme „Anwendungsorientierte Systembiologie“
  3. Stand der Wissenschaft und Technik, bisherige eigene Arbeiten, Patentlage, Wirtschaftliche Bedeutung
  4. Verwertungsplan
  5. Struktur des Verbundprojektes, Projektmanagement /Koordination
  6. Beteiligte Partner aus Wissenschaft und Industrie und deren Kompetenzen
  7. Beschreibung des wissenschaftlichen Konzeptes inklusive des Finanzgerüstes
  8. Notwendigkeit der Zuwendung

Die Projektskizzen sollen einen Umfang von maximal 15 DIN A4-Seiten (Arial, Schriftgrad 11) aufweisen und eine Übersicht zum Antragskonzept, zu den beteiligten Partnern sowie zur Finanzplanung enthalten. Darüber hinausgehende Darstellungen werden nicht berücksichtigt.

Aus der Vorlage einer Projektskizze kann ein Rechtsanspruch nicht abgeleitet werden.

Die eingegangenen Projektskizzen werden unter Beteiligung externer Gutachter/innen nach folgenden Kriterien bewertet:

  • Wissenschaftlich-technische Qualität und Innovationshöhe des Konzeptvorschlags
  • Wissenschaftliche Qualifikation der Projektleiter
  • Wirtschaftliche und technische Bedeutung des Konzeptes
  • Qualität der interdisziplinären Zusammenarbeit der Projektpartner im Hinblick auf den systembiologischen Ansatz sowie auf den möglichen Transfer in die Anwendung
  • Management des Projektkonsortiums

Auf der Grundlage der Bewertung werden dann die für eine Förderung geeigneten Projektideen ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.

7.2.2. Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In der zweiten Verfahrensstufe werden die Interessenten bei positiv bewerteten Projektskizzen aufgefordert, in Abstimmung mit dem vorgesehenen Verbundkoordinator einen förmlichen Förderantrag vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Berlin, den 09.05.2008
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Dr. Christiane Buchholz