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Bekanntmachung : Datum:

von Richtlinien des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Rahmen der sozial-ökologischen Forschung Themenbereich: "Strategien zum Umgang mit systemischen Risiken" (2005 - 2008)

1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

Innerhalb des Rahmenprogramms „Forschung für die Nachhaltigkeit“ beabsichtigt das BMBF in einem weiteren Themenbereich der sozial-ökologischen Forschung die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Umgang mit systemischen Risiken. Als übergeordnetes Ziel soll die Fördermaßnahme in Zusammenarbeit mit relevanten zivilgesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Akteuren handlungsorientierte Forschungsbeiträge zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie liefern.

Ziele der projektbezogenen Forschungsförderung sind

  • die zielgruppengerechte Bereitstellung integrierter Handlungsstrategien zum Umgang mit systemischen Risiken, die durch die Entwicklung und Nutzung neuer Technologien oder durch individuelle und kollektive Verhaltensmuster hervorgerufen werden, sowie
  • die Anwendung und Verbesserung inter- und transdisziplinärer Forschungsmethoden in einem Aufgabengebiet der sozial-ökologischen Forschung.

In der Vergangenheit wurden folgende sozial-ökologische Fördermaßnahmen bekannt gegeben:

  • Nachhaltige Entwicklung im Spannungsfeld „Umwelt - Ernährung - Gesundheit“: Langfriststrategien für einen nachhaltigen Konsum (LINK);
  • Sozial-ökologische Transformationen im Ver- und Entsorgungssektor (STRIVE);
  • Politische Strategien zur Bewältigung globaler Umweltprobleme - zwischen Lokalität und Globalität (STRATUM);
  • Sozial-ökologische Transformationen im Raum - Synthese von raum- und regionalbezogenem Wissen (STRARE).

Das BMBF gewährt Zuwendungen für den oben genannten Zweck auf der Grundlage dieser Bekanntmachung, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungsanträge auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO). Ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2 Gegenstand der Förderung

Vor dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung sollen Strategien aufgezeigt werden, um den Umgang mit Risiken zu verbessern. Zugrunde gelegt werden soll - in Anlehnung an die Definition der OECD (2003) - ein systemisches Verständnis von Risiko, das sich folgendermaßen charakterisieren lässt:

Bei klassischen Risiken sind Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß weitgehend quantifizierbar, die Schadensausbreitung in räumlicher und zeitlicher Dimension relativ begrenzt. Die Kalkulation stützt sich auf wissenschaftliche Expertise und empirische Erfahrungswerte, das Risikomanagement vollzieht sich anhand rationaler, wissenschaftlicher Routineverfahren.

Systemische Risiken verfügen dagegen über ein extrem hohes Schadenspotenzial. Eine ursprünglich als harmlos eingeschätzte Risikoquelle (bspw. Chemikalien, Mobilfunk) könnte über große Entfernungen oder nach einem Zeitraum der Latenz ungeahnte Schäden entfalten, die die Funktionsfähigkeit der betroffenen Systeme (Umwelt, Gesundheit, Finanz- und Arbeitsmärkte, gesellschaftliches Zusammenleben u. a.), aber auch des Ursprungssystems selbst, gefährden. Hinzu kommt, dass sich zwischen Ursache und (positiven wie negativen) Wirkungen über die eigentliche Quelle hinaus vielfach nur schwer direkte Zusammenhänge nachweisen lassen. In aller Regel sind systemische Risiken durch ein hohes Maß an Komplexität, Ungewissheit und Ambiguität gekennzeichnet: Wissenschaftlich seriöse Aussagen über Art, Richtung, Ausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit ökonomischer, ökologischer und sozialer Effekte von technologischen und gesellschaftlichen Innovationen können erst nach langjähriger Praxis getroffen werden. Dies bedeutet aber, dass mit neuen Technologien und Verhaltensweisen regelmäßig unter hoher Ungewissheit bis hin zu Nichtwissen über die Art der Folgen umzugehen ist.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Eingriffstiefe neuer Technologien, einer beschleunigten technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung sowie einer zunehmenden globalen Vernetzung in Wirtschaft, Kommunikation, Politik und Kultur werden Risiken immer weniger als begrenzte und damit relativ gut einschätzbare Gefahrenpotenziale wahrgenommen. Zudem lösen isolierte Risikovermeidungsstrategien ihrerseits häufig Folgerisiken in anderen Systemen aus (sächliche, räumliche oder zeitliche Risikoverlagerung).

Erforderlich ist deshalb eine erweiterte Analyse der Primär- und Sekundäreffekte technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen, die erstens ökonomische, ökologische und soziale Wirkungen integriert und die zweitens Unsicherheiten und Nichtwissen als immanente Begleitumstände des Handelns akzeptiert. Systemische Risiken - so die Hypothese - entziehen sich somit den Verfahren des klassischen Risikomanagements und erfordern die Entwicklung neuer Strategien und Instrumente für den Umgang mit systemischen Risiken.

Die sich abzeichnenden Veränderungen im Risikodiskurs weisen enge Beziehungen zum Nachhaltigkeitsdiskurs auf. Zu den Kernpunkten des Nachhaltigkeitsparadigmas gehört die Forderung nach intergenerationaler Gerechtigkeit, was bedeutet, dass heute bereits Vorsorge im Hinblick auf die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen zu treffen ist. Demnach sind Maßnahmen für solche Fälle zu entwickeln, in denen wissenschaftliche Beweise bezüglich der Folgen nicht ausreichen, keine eindeutigen Schlüsse zulassen oder unklar sind, in denen jedoch aufgrund einer vorläufigen und willkürfreien wissenschaftlichen Risikobewertung begründeter Anlass zu der Besorgnis besteht, dass es möglicherweise zu Gefährdungen für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft kommen könnte (Vorsorgeprinzip).

Von verschiedenen Seiten wurden erste Versuche unternommen das Vorsorgeprinzip in praktische Handlungsmaßnahmen umzusetzen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch festgestellt werden, dass Vorschläge zur Operationalisierung lediglich in Bezug auf Gesundheitsbeeinträchtigungen des Menschen durch unterschiedlichste Stoffgruppen konkretisiert wurden (auf nationaler Ebene u. a. durch den Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, 1999 und die von der Bundesregierung eingesetzte Risikokommission, 2003). Das Management systemischer Risiken aus sozial-ökologischer Perspektive erfordert jedoch einen umfassenderen Zugang, der soziale, ökonomische und ökologische Analysedimensionen integriert. Neben quantitativen Bewertungsverfahren kommen qualitative Methoden zum Einsatz. Interesse besteht auch an einer Untersuchung der Frage, inwiefern naturwissenschaftliche Konzepte wie Resilienz, Reversibilität, Diversität oder Entropie Dimensionen übergreifend nutzbar gemacht werden können.

In der Auswahl des Forschungsgegenstandes (konkrete Problemlage) sollen insbesondere wissenschaftlich-technisch induzierte sowie verhaltensinduzierte Risiken sozialer Modernisierungsprozesse thematisiert werden. Hingegen bleibt der Bereich der Naturrisiken im Rahmen dieser Bekanntmachung bewusst ausgeschlossen, weil das BMBF parallel Fördermaßnahmen zu den Bereichen „Risikomanagement extremer Hochwasserereignisse“ (vom 22.03.04), zu Anpassungsstrategien an kurzfristige Klimatrends und Risiken extremer Wetterereignisse sowie zu Frühwarnsystemen im Erdmanagement veröffentlicht.

Die Forschungsarbeiten sollen sich auf zwei Aufgaben des Umgangs mit Risiko konzentrieren:

2.1 Managementregime für wissenschaftlich-technisch induzierte Risiken

Das klassische Risikomanagement basiert bislang insbesondere in Deutschland bei der Zuordnung von Verantwortung auf einer Mischung aus Verursacher-, Gemeinlast- und Betroffenenprinzip. Es ist geprägt durch aufwändige und langwierige staatliche Zulassungs- und Kontrollverfahren mit weitgehender gesellschaftlicher Haftung für nicht absehbare Schadensfälle. Allmählich ist jedoch auf europäischer wie deutscher Ebene ein Paradigmenwechsel im Sinne einer Übertragung des Risikomanagements vom Staat auf Wirtschaft und Gesellschaft zu verzeichnen:

  • Organisation umfangreicher gesellschaftlicher Diskurse (bspw. Ethik-Kommissionen in der Gentechnologie), in die neben Expertenwissen auch die Alltagserfahrung außerwissenschaftlicher Akteure bewusst einbezogen wird;
  • Einführung von Informationsfreiheitsgesetzen mit individuellen oder kollektiven Auskunftsrechten und -pflichten zur Erhöhung der akteursübergreifenden Transparenz;
  • Verlagerung der Risikobewertung auf Produzenten (bspw. die geplante EU-Chemikalienregulierung REACH);
  • Elemente einer erweiterten unternehmerischen Haftung (bspw. das 2004 beschlossene deutsche Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts oder die ab 2007 geltende EU-Richtlinie zur Umwelthaftung).

Diese oder weitere neuere Ansätze von „Risiko-Governance“ sind im Hinblick auf ihre Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen bei systemischen Risiken zu untersuchen. Im Sinne des 3-Säulen-Konzepts der Nachhaltigkeit sind die neueren Instrumente einer Nachhaltigkeitsbewertung hinsichtlich festzulegender ökonomischer, ökologischer und sozialer Kriterien zu unterziehen. Ziel ist eine bessere Balance zwischen Innovation und Gefahrenschutz. Basierend auf internationalen Erfahrungen sind praktikable Übertragungsmöglichkeiten auf das deutsche System der Risikoregulierung oder innovative Alternativlösungen zu entwickeln. Gleichzeitig offenbaren internationale Handelskonflikte im Rahmen der WTO über möglicherweise riskante Produkte die Notwendigkeit von Vorschlägen zur Harmonisierung der Risikoregulierung auf internationaler Ebene.
Untersucht werden sollten insbesondere solche Schlüsseltechnologien, die im öffentlichen Diskurs weniger Beachtung finden, deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt jedoch gravierend sein könnten. So wird bisher kaum über die Folgen der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche gesprochen. Durch die Entwicklung „intelligenter“ Geräte („ambient intelligence“) beispielsweise sind nicht nur Erleichterungen bei der Organisation des Alltags zu erwarten, sondern auch weit reichende Auswirkungen auf die Verhaltens- und Kommunikationsformen der Menschen.

2.2 Handlungsstrategien für verhaltensinduzierte Risiken

Technikfolgenabschätzung und Umweltwissenschaften thematisieren zwar seit langem die unbeabsichtigten und unbekannten, teilweise mit erheblicher Zeitverzögerung auftretenden Nebeneffekte technologischer Innovationen. Die Rolle, die das Verhalten von Individuen oder Akteursgruppen für systemische Risiken spielt, blieb dagegen bislang weitgehend außerhalb der Betrachtung.

  • Durch Outsourcing nimmt längerfristig die Fähigkeit von Unternehmen zur Herstellung von Vorprodukten und eigenständigen Erfüllung betrieblicher Management-Funktionen ab. Kurzfristigen Kostenvorteilen steht eine erhöhte Vulnerabilität der Austauschbeziehungen und Abhängigkeit der Abnehmer gegenüber, die bei exogenen Schocks systemische Ausmaße annehmen können (sinkende Vorsorgekompetenz).
  • Welche funktionsgefährdenden Risiken für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt können aus der Einengung individueller Freiheitsgrade entstehen? Der beobachtbare Abbau von Handlungsspielräumen und Reflexionszeiten in Unternehmen kann die Fehlersensibilität und Kreativität von Beschäftigten schwächen. Handlungsrechte von Konsumentinnen und Konsumenten laufen ins Leere, wenn durch Standardisierung von Gütern und Dienstleistungen faktische Einflussmöglichkeiten des Konsumenten auf die Produkteigenschaften und -nutzung eingeschränkt werden. Staatliche Fürsorge und Überregulierung kann Bürgerinnen und Bürger tendenziell entmündigen (beschränkte Vorsorgerechte).
  • Aber auch die Sorglosigkeit der handelnden Individuen und kollektiven Akteure (fehlende Vorsorgemotivation) kann erhebliche Langfristrisiken für Umwelt, Gesundheit, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung bergen: So werden Eigenheime in Überschwemmungsgebieten gebaut, obwohl nur ein Viertel der wetterbedingten Schäden derzeit versichert ist. Ebenso wird die individuelle Altersvorsorge auf Kosten der Gemeinschaft unterlassen.

Gesellschaftliche Trends wie Überalterung, zunehmende Vielfalt der Lebensstile, Globalisierung, Beschleunigung, räumliche Risikoakkumulation oder Vernetzungsprozesse in und zwischen Organisationen wirken auch im Bereich verhaltensinduzierter Risiken als Verstärker systemischer Risikolagen. Wie die schnelle globale Diffusion und Wirkungsintensität von Infektionskrankheiten wie SARS und AIDS zeigen, können Lebensweisen Finanz- und Arbeitsmärkte sowie die Resilienz ganzer Gesellschaften bedrohen.

Diese und andere verhaltensinduzierte systemische Risikolagen sollen aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeitsforschung hinsichtlich ihrer ökonomischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen systemübergreifend untersucht und bewertet werden. Dabei stellt sich auch die Frage nach sozialer Ungleichheit in der Betroffenheit und Bewältigung von Risiken.

Ziel der Bekanntmachung ist es individuelle und kollektive Selbstorganisationsprozesse zu identifizieren und Ansätze für Eigenverantwortung und das Verursacherprinzip zu stärken, wo dies möglich und zielführend ist. Dabei geht es einerseits um die Reichweite ökonomisch-rechtlicher Anreizmechanismen und somit um die Frage, wer die Kosten für eingegangene Risiken tragen soll, aber auch, ab welchem Punkt systemische Risiken weiterhin durch die Allgemeinheit aufgefangen werden müssen. Andererseits sind Strategien zur kognitiven Sensibilisierung, für Empowerment und Selbsthilfe zu entwickeln, d. h. es geht um die Frage, wer wann etwas wissen und tun können muss. Zu klären ist, wie das Verhältnis von staatlicher Regulierung und Fürsorge, marktlicher und gesellschaftlicher Rahmensetzung und Stärkung der Eigenverantwortung gesellschaftlicher Gruppen und des Einzelnen ausfallen sollte. Die Erreichung dieser Ziele wird anhand der unter Punkt 7.4 genannten Kriterien überprüft.

3 Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (insbesondere KMU) unter Einbeziehung der relevanten Nutzer und betroffenen Akteure. Institute der Max-Planck-Gesellschaft, Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft und Leibniz-Institute unterliegen den für das BMBF geltenden Regelungen hinsichtlich einer Zusatzfinanzierung.

Die Beteiligung von Versicherungsgesellschaften, produzierenden Unternehmen, Regulierungsbehörden und Einrichtungen des technischen Katastrophenschutzes, zivilgesellschaftlichen Umwelt- und Verbraucherverbänden, Kommunen, der Öffentlichkeit oder anderer relevanter Akteure ist besonders erwünscht.

Vorausgesetzt werden einschlägige Vorarbeiten und eine umfassende Kenntnis der aktuellen Debatte zur Risikoanalyse und dem Umgang mit Risiken auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene. Von der Förderung ausgenommen sind Themenbereiche, die bereits im Rahmen anderer Förderaktivitäten substanziell gefördert werden.

4 Methodische und sonstige Zuwendungsvoraussetzungen

Grundlage für diese Förderaktivitäten ist das Rahmenkonzept „Sozial-ökologische Forschung“, das unter abrufbar ist. Der Förderschwerpunkt „Sozial-ökologische Forschung“ zielt auf den Aufbau einer Wissensbasis über gestaltungsorientierte und akteursbezogene Forschungsansätze, die folgende Charakteristika berücksichtigen:

  • Problemorientierung: Um eine Überkomplexität der Forschungsthemen zu vermeiden, ist der Forschungsgegenstand im gewählten Forschungsfeld auf ein konkret zu lösendes Problem zu fokussieren. Als Ergebnis werden praktikable Lösungsvorschläge erwartet.
  • Interdisziplinarität: Ziel ist es Methoden und Modelle für die Integration unterschiedlicher Fachdisziplinen zu entwickeln. Die Integration problemlösungsrelevanter Perspektiven muss bereits in der Phase der Antragstellung erfolgen (gemeinsame Definition des Problems und der Ziele).
  • Praxisintegration: Der Förderschwerpunkt erfordert, dass die Werthaltungen und Handlungslogiken der unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteure berücksichtigt werden und Praxispartner aktiv in die Projektarbeit eingebunden werden. Transdisziplinäre Forschung erfordert deshalb die Bereitschaft und Aktivitäten der Forschenden zur Kommunikation mit der außerwissenschaftlichen Öffentlichkeit. Hierfür sind bereits im Antrag Finanzmittel einzuplanen. Die Bereitschaft zur transdisziplinären Kommunikation sollte sich in den eingereichten Unterlagen auch sprachlich widerspiegeln.
  • Berücksichtigung der Genderperspektive: Im Förderschwerpunkt werden die Geschlechterverhältnisse als eine Form sozialer Differenzierung betrachtet. Eine gendersensible Vorgehensweise bei empirischen Erhebungen wird daher vorausgesetzt. Ausdrücklich begrüßt wird die Nutzung der Genderperspektive auch als Erkenntnis leitender Zugang zur Problemdefinition und -lösung.
  • Prozessorientierung: Sozial-ökologische Forschung ist als lernender Förderschwerpunkt konzipiert. Themen und Methoden werden nicht zu Beginn festgeschrieben, sondern können im Verlauf der Förderung weiterentwickelt werden. Die Beteiligung an mindestens zwei Querschnittsarbeitsgruppen des Förderschwerpunkts sozial-ökologische Forschung ist Fördervoraussetzung.

Antragsteller sollen sich im Umfeld des national beabsichtigten Projektes mit dem http://www.rp6.de vertraut machen und prüfen, inwieweit ausschließlich oder ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann oder ob spezifische Anknüpfungspunkte an laufende Forschungsvorhaben gegeben sind. Das Ergebnis dieser Prüfung ist im Antrag kurz darzustellen. Informationen zur EU-Förderung im 6. Forschungsrahmenprogramm sind unter http://www.rp6.de abrufbar oder können bei den nationalen Kontaktstellen DLR (0228 / 447-641) oder GSF (089 / 651088-57) angefordert werden.

Prioritär werden Verbundprojekte gefördert. Zuwendungen für innovative Einzelvorhaben sind jedoch nicht ausgeschlossen, wenn der interdisziplinäre Charakter und der Praxisbezug gewährleistet sind. Partner eines Verbundprojektes haben ihre Zusammenarbeit in einer schriftlichen Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung über ein Verbundprojekt muss die grundsätzliche Übereinkunft der Kooperationspartner über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien ( https://foerderportal.bund.de/easy/easy_index.php?auswahl=easy_formulare&formularschrank=bmbf ) nachgewiesen werden.

5 Art und Umfang der Zuwendung

Die Zuwendungen werden im Wege der Projektförderung für einen Zeitraum von zunächst bis zu drei Jahren als nicht rückzahlbarer Zuschuss zu FuE-Vorhaben gewährt.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die bis zu 100 % gefördert werden können.

Bemessungsgrundlage für Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel bis zu 50 % anteilfinanziert werden können. Nach den BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung - grundsätzlich mindestens 50 % - der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten vorausgesetzt. Eine einzelfallbezogene Bewertung schließt jedoch eine geringere Eigenbeteiligung nicht aus.

Bei der Bemessung der Förderquoten wird unabhängig von den BMBF-Grundsätzen der Gemeinschaftsrahmen für staatliche FuE-Beihilfen der Europäischen Kommission berücksichtigt. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für Verbundprojekte, für Antragsteller aus den neuen Bundesländern und für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine differenzierte Bonusregelung zu, die ggfs. zu einer höheren Förderquote führen kann.

Kooperationen mit ausländischen Forschungseinrichtungen sind erwünscht. Die dadurch zusätzlich anfallenden Mittel für Reisen sind grundsätzlich zuwendungsfähig, wenn dadurch Synergieeffekte für das geplante Forschungsvorhaben entstehen.

6 Sonstige Nebenbestimmungen

Die allgemeinen und besonderen Nebenbestimmungen des BMBF werden Bestandteil der Zuwendungsbescheide:

  • für Zuwendungen auf Ausgabenbasis die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Ausgabenbasis (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98);
  • für Zuwendungen auf Kostenbasis grundsätzlich die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (NKBF 98).

7 Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Durchführung der Fördermaßnahme hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung den Projektträger GSF beauftragt:

GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit GmbH
Projektträger (PT GSF)
Kühbachstr. 11;
D - 81543 München
089 / 65 10 88-51;
089 / 65 10 88-54;
pt-ukf@gsf.de
Internet:

Ansprechpartnerinnen: Dr. Monika Wächter, Ingrid Balzer.

Die Vordrucke für förmliche Förderanträge (vgl. Nr. 7.3), Richtlinien, Merkblätter, Hinweise sowie die Nebenbestimmungen können im http://www.kp.dlr.de/profi/easy abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Auf die Nutzung des elektronischen Antragssystems „ http://www.kp.dlr.de/profi/easy “ für förmliche Förderanträge wird hingewiesen.

7.2 Vorlage von Projektskizzen

Das Förderverfahren ist zweistufig. Zunächst sind dem Projektträger bis zum 11.12.2004 (Poststempel) in schriftlicher und elektronischer Form begutachtungsfähige Projektskizzen in deutscher Sprache und im Umfang von maximal 8 DIN-A4-Seiten (Arial 11, 1,5-zeilig) vorzulegen (1 einseitiges Exemplar und 20 doppelseitige Kopien, gelocht und geheftet).

Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Skizzen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Als Anhang können Projektskizzen lediglich Literaturlisten und Curricula beigefügt werden. Der Skizze ist ein Deckblatt voranzustellen, aus dem Antragsteller mit Institution, Titel des Vorhabens, Laufzeit, Förderquote und die Höhe der Förderung hervorgehen. Projektskizzen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, werden nicht berücksichtigt.

Folgende Gliederung ist einzuhalten:

  1. Beschreibung der Problemstellung und Zielsetzung;
  2. Bezug zur sozial-ökologischen Forschung;
  3. Darstellung der Wissensbasis, auf die Bezug genommen wird;
  4. vorgesehene Kooperationen (Forschungs- und Praxispartner) und Arbeitsteilung;
  5. Design und Methodik des Forschungsvorhabens;
  6. Berücksichtigung der Genderperspektive;
  7. erwartetes Ergebnis und angestrebte Ergebnisverwertung;
  8. Zeitplanung und Kostenschätzung (beantragte Förderung, Eigenbeteiligung, Drittmittel).

Aus der Vorlage der Projektskizzen können keine Rechtsansprüche abgeleitet werden.

7.3 Auswahl- und Entscheidungsverfahren

Die Projektskizzen werden unter Hinzuziehung von Sachverständigen begutachtet. Bewertungskriterien für eine Förderung sind neben den inhaltlichen und formalen Voraussetzungen die folgenden Kriterien:

  • wissenschaftliche Qualität und Originalität des Projektes;
  • Herleitung des Forschungsgegenstandes aus einer interdisziplinären Perspektive;
  • Fokussierung der Forschungsaufgabe statt thematische Breite;
  • eine gut nachvollziehbare Zuteilung von Arbeitspaketen auf die einzelnen Forschungspartner mit klaren inhaltlichen Abgrenzungen;
  • ein durchdachtes Integrationskonzept;
  • ausgewiesene Qualifikation des Projektleiters bzw. der Projektleiterin insbesondere bei der Koordination interdisziplinärer und praxisorientierter Forschungsprojekte;
  • Relevanz und Rolle der Praxispartner im Forschungsprozess;
  • anwendungsorientierte und wissenschaftliche Verwertungsperspektiven;
  • Vernetzungspotenziale auf nationaler und internationaler Ebene.

Auf der Grundlage der Bewertung werden bis zu 10 positiv bewertete Skizzen ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt. Die ausgewählten Interessenten werden in einer zweiten Verfahrensstufe zur Vorlage eines förmlichen Förderantrags aufgefordert.

Für jedes Verbundprojekt ist eine Arbeitsgruppe aus interdisziplinärer Wissenschaft und Praxis zu bilden. Die in diesem Rahmen notwendigen Aktivitäten des jeweils bestimmten Koordinators eines Verbundes können in einer Vorphase (Laufzeit 4 Monate) bis zu einer Höhe von maximal 20.000 € gefördert werden. Angestrebt wird, bis zu 4 Verbundprojekte zu fördern, deren Laufzeit zunächst auf 3 Jahre befristet ist.

Über alle förmlichen Förderanträge wird das BMBF nach abschließender Prüfung entscheiden.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind. Der Bundesrechnungshof und seine Prüfungsämter sind gemäß §§ 91, 100 BHO zur Prüfung beim Zuwendungsempfänger berechtigt.

7.4 Erfolgskriterien und Evaluierung

Die Projektteilnehmer müssen ihre Bereitschaft zur Mitwirkung bei integrativen und evaluierenden Maßnahmen erklären. Das Durchführungskonzept des Förderschwerpunktes sieht Evaluierungsstufen auf Projektebene durch den Projektträger GSF sowie auf Programmebene unter Einbeziehung eines externen Sachverständigenkreises vor. Die Ergebnisse der Fördermaßnahme werden der Wissenschaft und der Öffentlichkeit regelmäßig auf Statusseminaren und Konferenzen präsentiert.

Akademische Erfolgskriterien:

  • wissenschaftliche Veröffentlichungen in referierten Zeitschriften, Monografien und Sammelbänden;
  • Vorträge bei nationalen und internationalen wissenschaftlichen Tagungen;
  • wissenschaftliche Auszeichnungen.

Anwendungsorientierte Erfolgskriterien:

  • Präsentationen bei Nutzerkonferenzen bzw. bei Entscheidungsträgern;
  • populärwissenschaftliche Veröffentlichungen in Zeitschriften, Tageszeitungen u. a.;
  • Präsenz in weiteren Medien (Radio, TV, Internet u. a.);
  • Beratung von Stakeholdern der Risikoregulierung (Zivilgesellschaft, Versicherungen u. a.);
  • Beeinflussung der nationalen oder internationalen Risikoregulierung (innovative Verfahren des Risikomanagements, Kommentierung von Regulierungsentwürfen);
  • ggfs. Erstellung von Materialien zur schulischen und außerschulischen Bildung, insbesondere spielerisch-kreative Formen (Ausstellungen, Wettbewerbe o. a. geeignete Aktionen).

Forschungspolitische Erfolgskriterien:

  • Stärkung der interdisziplinären Kompetenz (Zusammensetzung der Forschungsteams; Bildung von Institute übergreifenden oder internationalen Kompetenznetzen);
  • Integration außerwissenschaftlicher Akteure und nichtakademischen Wissens in den Forschungsprozess (Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxisakteuren ab der Problemformulierung);
  • ggfs. Berücksichtigung der Gender-Perspektive;
  • Offenlegung normativer Grundannahmen.

8 Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Bonn, den 30.09.2004

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Dr. Angelika Willms-Herget