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Grundlagenforschung: die Welt erklären, Neues erschaffen

Hier wird der Wissensdurst unterschiedlicher Disziplinen gestillt. Die Interpretation physikalischer Phänomene ist nicht nur Basis anderer Naturwissenschaften: Physik macht Alltagshandeln begreifbar und hilft, bislang fremde Galaxien zu vermessen.

Zwei Sorten Wasser
Zwei Sorten Wasser © BKW/Bernd Lammel

Wasser ist Wasser ist Wasser? Tatsächlich kann Wasser, zumindest bei besonders tiefen Temperaturen und damit bei langsamer Eiskristallisation, in zwei Varianten auftreten – als Flüssigkeit mit hoher Dichte (HDL, High Density Liquid) und als Flüssigkeit mit niedriger Dichte (LDL, Low Density Liquid). Es gibt also zwei unterschiedliche Sorten Wasser, die hier sinnbildlich als Exponate zu sehen sind. Herausgefunden wurde dies mithilfe einer Röntgenuntersuchung und in Kooperation mit Stockholmer Forschenden am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY). Doch nicht nur am DESY, auch in zahlreichen weiteren universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen geht die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung elementaren Fragen nach, wie etwa:

  • „Was sind die kleinsten Bausteine unserer Materie?“
  • „Wie ist das Universum entstanden? Und wie wird es sich entwickeln?“
  • „Gibt es Leben auf anderen Planeten?“
  • „Welche Eigenschaften haben bestimmte Materialien – und warum?“
  • „Wie funktionieren die Prozesse in den Zellen unseres Körpers?“

Förderung von Spitzenforschung in Deutschland

Deutschlands Wirtschaftsleistung basiert heute – und zukünftig noch stärker – auf Wissen, Technologien und Innovationen. Diese Fähigkeiten von Generation zu Generation zu erweitern, ist ein Ziel der Förderaktivitäten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf dem Gebiet der Grundlagenforschung. Jede neue Generation baut auf den Erkenntnissen der Vorjahre und -jahrzehnte auf. Mit dem Erlangen neuer Erkenntnisse verschieben sich die Grenzen des technisch Machbaren und bildet sich ein Nährboden für technologische Neuerungen.
Das BMBF schafft die Voraussetzungen für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung auf höchstem Niveau und gestaltet gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern die Landschaft der Großgeräte. Dies sichert den Forscherinnen und Forschern in Deutschland den Zugang zu weltweit führenden Großgeräten. An welchen der weltweit verteilten Anlagen sich Deutschland beteiligt, ist das Ergebnis strategischer Überlegungen: Mit einem nationalen Roadmap-Prozess wird politisch entschieden, welche Forschungsanlagen priorisiert werden, sodass deren Bau mit Mitteln des Ministeriums unterstützt werden kann.

Die nationale Strategie ist dabei eingebettet in die europäischen und globalen Überlegungen zur Weiterentwicklung einer leistungsfähigen Landschaft von Forschungsinfrastrukturen.
Die Großgeräte der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung erfordern modernste Technologien und erreichen eine – oft beeindruckende – Komplexität und Größe. Damit sich deutsche Forscherinnen und Forscher angemessen an diesen Anlagen beteiligen können, unterstützt sie der Bund durch institutionelle oder projektbezogene Förderung. Die institutionelle Förderung der Wissenschaftsorganisationen, wie die Helmholtz-Gemeinschaft oder die Max-Planck-Gesellschaft, wird dabei ergänzt durch das Förderinstrument der Verbundforschung.
Durch die Verbundforschung macht das BMBF für Forscherinnen und Forscher aus deutschen Universitäten die wissenschaftliche Beteiligung an den weltweit führenden Großgeräten möglich – wie etwa dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN in der Schweiz. Diese gezielte Projektförderung erlaubt es insbesondere jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, innovative Experimente und Apparaturen für die Großgeräte zu entwickeln. Dadurch wird es möglich, diese Geräte international wettbewerbsfähig zu halten, neue grundlegende Erkenntnisse zu gewinnen und so einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsvorsorge zu leisten. Die Projektförderung spannt dabei einen weiten Bogen von der wissenschaftlichen Qualifizierung junger Menschen bis hin zu nobelpreiswürdigen Forschungsarbeiten.

Higgs, Planeten und Zellen: Der lange Atem zählt

Im Jahr 2012 wurde am größten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem LHC am Forschungszentrum CERN nahe Genf, das Higgs-Boson entdeckt. Mehr als fünfzig Jahre lang suchten Forscherteams nach diesem Elementarteilchen, das allen anderen ihre Masse verleiht. Der Nobelpreis für Physik ging 2013 an Peter Higgs und François Englert, die das Teilchen in den 1960er-Jahren vorhergesagt hatten. Die Entdeckung des Teilchens war nur möglich durch die internationale Finanzierung des LHC, mit dem Bundesforschungsministerium als größtem Beitragszahler.
Mitte der 1990er-Jahre entdeckten Astronominnen und Astronomen die ersten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Heute sind fast 2.000 dieser extrasolaren Planeten bekannt. Leben, wie wir es kennen, fand man bisher auf keinem dieser Exoplaneten. Mit modernsten Teleskopen wie etwa dem European Extremely Large Telescope (E-ELT) können Astronominnen und Astronomen in den kommenden Jahren auch außerhalb unserer direkten kosmischen Nachbarschaft hinsehen. Vielleicht entdecken sie demnächst die ersten Hinweise auf einen belebten Zwillingsplaneten unserer Erde.

In unseren Zellen entstehen laufend neue Proteine. Wie dabei spezielle Biomoleküle, die Ribosomen, ihre Arbeit verrichten, untersuchten zuerst Ada Yonath und ihr Team mit einem Verfahren, das als Röntgenstrukturanalyse bezeichnet wird. Mit intensivem Röntgenlicht konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schließlich die Struktur des Ribosoms entschlüsseln und erhielten dafür 2009 den Nobelpreis für Chemie. Dafür bedarf es Elektronenbeschleuniger wie heute bei ESRF in Frankreich oder PETRA III in Hamburg, die mit Mitteln des Forschungsministeriums gebaut und betrieben werden. Hier lässt sich eine besondere Art von Röntgenstrahlung – die Synchrotronstrahlung – erzeugen.

Diese Beispiele zeigen: Zum einen ist naturwissenschaftliche Erkenntnis interessant und relevant für unsere Gesellschaft – auch heute noch sind viele grundsätzliche Fragen nicht erforscht. Zum anderen braucht Naturwissenschaft einen langen Atem. Planungszeiträume für Versuchsreihen oder den Bau von großen Experimenten werden eher in Jahrzehnten als in Jahren gemessen. Daher ist die Strategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung langfristig ausgelegt. Die Entscheidungen für Bau, Betrieb und Rückbau von Großgeräten werden gemeinsam mit internationalen – besonders europäischen – Partnern getroffen. Dabei gestaltet das Ministerium eine weltweit führende Forschungslandschaft im Dialog mit der Wissenschaft.