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NOEMA: für die leisen Töne des Weltalls : Datum: , Thema: Erforschung von Universum und Materie

Auf einem Hochplateau in den französischen Alpen steht das leistungsfähigste Radioteleskop der Nordhalbkugel. Forschende wollen hier dem Ursprung unseres Universums auf die Spur kommen.

NOEMA steht auf dem Plateau de Bure bei Saint-Etienne-en-Dévoluy in den französischen Alpen. Dort sammelt es Radiowellen im Millimeterbereich. © IRAM

Seit jeher fasziniert der Blick ins Weltall. Wie entstanden die ersten Sterne nach dem Urknall? Woher kommt das Schwarze Loch in unserer Milchstraße? Woraus entwickeln sich Planeten? Um Antwort auf diese Fragen zu finden, beobachten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Himmel mit riesigen Teleskopen und fangen die Signale ein, die aus dem Weltraum unsere Erde erreichen. Unterschiedliche Teleskope sind dabei unterschiedlich spezialisiert: Optische Teleskope sammeln beispielsweise sichtbares Licht oder UV-Strahlung, andere Teleskope empfangen Röntgenstrahlen oder Radiowellen.

Den schwachen Signalen des Weltalls auf der Spur

NOEMA sammelt als Radioteleskop Radiowellen im Millimeterbereich – und damit Strahlung, die viel langwelliger ist als die des sichtbaren Lichts. Die Radiowellen transportieren einzigartige Informationen: Sie zeigen, wie neue Sterne geboren werden, oder verraten, welche Moleküle sich in kosmischen Wolken befinden. Allerdings sind die Radiosignale aus dem All extrem schwach: Damit sie genug Energie transportieren, um eine Glühbirne für 10 Sekunden zum Leuchten zu bringen, müsste NOEMA für gut 14 Milliarden Jahre den Himmel beobachten – was dem Alter unseres Universums entspricht.

Scharfes Auge in 2.500 Meter Höhe

NOEMA steht auf dem Plateau de Bure bei Saint-Etienne-en-Dévoluy in den französischen Alpen. Hier, in über 2.500 Meter Höhe, ist die Luft klar und trocken – und damit besonders durchlässig für Radiowellen. Insgesamt zwölf einzelne jeweils 15 Meter hohe Antennen beobachten hier den Himmel. Sie fahren auf Schienen und können genau aufeinander abgestimmt werden. Die Aufnahmen der einzelnen Antennen werden kombiniert. Dadurch arbeiten sie wie ein einzelnes, über einen Kilometer großes Teleskop zusammen. NOEMA fängt so nicht nur extrem schwache Signale ein, die Aufnahmen des Teleskops haben auch eine sehr hohe Auflösung: Auf den Alltag übertragen sieht NOEMA so scharf, als könne man mit bloßem Auge ein Buch in 500 km Entfernung lesen.

NOEMA blickt in entfernte Galaxien und die Vergangenheit des Universums

Seit 2022 sind alle zwölf NOEMA-Antennen in Betrieb. Doch schon während der Bauphase, die 2014 startete, lieferte NOEMA die ersten wissenschaftlichen Erkenntnisse: 2015 gelang die Aufnahme des „Auges der Medusa“, dem Inneren des Galaxienpaares Medusa Merger, in dem sich viele neugeborene Sterne befinden. Zuletzt wurde gezeigt, dass die Strahlung im Universum kurz nach dem Urknall noch deutlich wärmer war, als es heute der Fall ist. Zusätzlich sind die zwölf NOEMA-Antennen Teil eines noch größeren Experimentes: dem Event Horizon Telescope (EHT). Dabei schalten sich Radioteleskope auf dem gesamten Globus zusammen und richten ihre Antennen gemeinsam auf ein Objekt im Weltall. Dem EHT gelang bereits die spektakuläre Aufnahme des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße. Durch den Beitrag von NOEMA erhoffen sich die EHT-Forschenden zukünftig ein noch deutlich schärferes Bild vom Zentrum unserer Galaxie.

Grundlagenforschung am Rande des technisch Machbaren

Teleskope wie NOEMA gehören zu den größten und kompliziertesten Geräten, die jemals gebaut wurden. Nicht nur bei der Forschung selbst, auch bei Bau und Weiterentwicklung der Teleskope und bei der Auswertung astronomischer Daten müssen ständig Herausforderungen überwunden werden. Aus der Grundlagenforschung – und insbesondere der Astrophysik – entstehen dadurch immer wieder Technologien, die den Weg in unseren Alltag finden. So wurde das WLAN ursprünglich entwickelt, um Bilder aus der Radioastronomie noch schärfer zu machen. Und mit der Computer-Tomographie, heute Standard in der medizinischen Bildgebung, wurde zuerst die äußere Atmosphäre der Sonne untersucht.

Deutsch-französisch-spanische Zusammenarbeit für die Astrophysik

Für die Erforschung des Universums mit NOEMA arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler international zusammen. Betrieben wird NOEMA vom Institut für Radioastronomie IRAM mit Sitz in Grenoble, das von der deutschen Max-Planck-Gesellschaft, dem französischen Centre national de la recherche scientifique (CNRS) und dem spanischen Instituto Geográfico Nacional (IGN) gemeinsam geführt wird. Der Ausbau von NOEMA wurde über die Max-Planck-Gesellschaft mit etwa 25 Millionen Euro finanziert. Bund und Länder schaffen mit dem Pakt für Forschung und Innovation die Rahmenbedingungen für exzellente Grundlagenforschung in und aus Deutschland und fördern außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Institute. Gleichzeitig ermöglicht das BMBF mit dem Rahmenprogramm „Erforschung von Universum und Materie“ auch direkt exzellente Grundlagenforschung in der Astrophysik – damit unser Bild vom All in Zukunft noch schärfer wird.

Frankreich als Deutschlands engster und wichtigster Partner in Europa

Mit keinem anderen Land gibt es eine so regelmäßige und intensive Abstimmung auf allen politischen Ebenen und in allen Politikbereichen wie mit Frankreich. Dabei bildet den Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit der Vertrag von Aachen, der im Januar 2019 von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Macron unterzeichnet wurde und im Januar 2020 in Kraft trat. Er knüpft an den Élysée-Vertrag von 1963 an, der einen bedeutenden Beitrag zur historischen Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich geleistet hat. Der neue Vertrag, durch den Deutschland und Frankreich ihre Kooperation erneut bekräftigen, ist ein Bekenntnis zu einem starken, zukunftsfähigen und souveränen Europa.

Bei den jährlich stattfindenden Deutsch-Französischen Ministerräten tauschen sich die Regierungen beider Länder regelmäßig aus; dabei hat die Kooperation in Bildung, Forschung und Innovation eine zentrale Stellung. Der nächste Ministerrat findet am 26.10.2022 in Frankreich statt.

Von herausragender Bedeutung für die wissenschaftliche Zusammenarbeit beider Länder sind die seit 2002 regelmäßig stattfindenden Foren zur deutsch-französischen Forschungskooperation. Ziel der Foren ist es, sich auf hochrangiger Ebene über forschungs- und innovationspolitische Strategien abzustimmen.