Infektionserkrankungen – Bakterien, Viren und Parasiten bekämpfen : Datum: , Thema: Forschung
Bakterien, Viren und Parasiten sind eine große Gefahr für unsere Gesundheit. Mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums wird nach Möglichkeiten gesucht, Infektionen zu vermeiden und gezielt zu bekämpfen.
Infektionskrankheiten gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Hepatitis, Tuberkulose, AIDS und neu auftretende Erreger wie das Coronavirus SARS-CoV-2 sind für Menschen in allen Länder eine große Bedrohung. Denn die weltweite Mobilität und die internationalen Handelsströme begünstigen die rasche Ausbreitung von Krankheitserregern.
Diese Bedrohung kann kein Land im Alleingang lösen. Daher beteiligt sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) an zahlreichen internationalen Initiativen. Dieses Engagement wird in Zukunft weiter ausgebaut.
Das BMBF setzt dabei verstärkt auf den One-Health-Ansatz. Er betrachtet die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt im engen Zusammenhang. Expertinnen und Experten – beispielsweise aus der Human- und der Veterinärmedizin, den Umwelt- und Agrarwissenschaften bis hin zur Lebensmitteltechnik oder dem öffentlichen Gesundheitsdienst – arbeiten dafür eng zusammen.
Klinisch-infektiologische Forschung: Vernetzung von Wissenschaft und Praxis
Ein wesentlicher Eckpfeiler für die klinische Forschung zu Infektionen ist das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung, kurz DZIF. Es ist eines von insgesamt sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Im DZIF arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Grundlagenforschung und der Klinik eng vernetzt an wichtigen infektiologischen Themenbereichen, beispielsweise an HIV oder der Identifizierung neuer antibiotischer Wirkstoffe.
Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersucht die Mechanismen von Infektionskrankheiten und ihrer Abwehr. Was macht Viren und Bakterien zu Krankheitserregern? Und wie lassen sich diese Erkenntnisse für den Menschen nutzen? Am HZI schaffen Forscherinnen und Forscher wichtige Grundlagen für neue Diagnoseverfahren, neue Wirk- und Impfstoffe sowie Therapien.
Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) wurde im April 2020 als Reaktion auf die SARS-CoV-2-Pandemie geschaffen. Alle 36 Universitätskliniken in Deutschland sind dem Netzwerk beigetreten, das von der Charité – Universitätsmedizin Berlin koordiniert wird. In kooperativen Forschungsprojekten und durch die Etablierung standortübergreifender Forschungsinfrastrukturen trägt das NUM entscheidend dazu bei, die SARS-CoV-2-Pandemie zu meistern und auf künftige Epidemien bzw. Pandemien besser vorbereitet zu sein.
Auch die Möglichkeiten der Digitalisierung sollen dazu beitragen, Ausbrüche von Krankenhausinfektionen zu vermeiden. Die Medizininformatik-Initiative entwickelt dafür ein computerbasiertes Frühwarnsystem. Es soll Infektionen in Krankenhäusern zeitnah aufspüren und die Übertragungswege identifizieren. Dadurch können vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, die weitere Übertragungen reduzieren und neue Ausbrüche vermeiden.
Kompetenzen bündeln, Wissenschaft stärken
Um die wissenschaftliche Basis in der Infektionsforschung zu stärken, fördert das Bundesforschungsministerium seit 2020 Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung. Die Fördermaßnahme zielt auf eine langfristige Stärkung der Infektionsforschung in Deutschland. Um dies zu erreichen, wird die Karriere von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern in der klinischen und anwendungsorientierten Infektionsforschung gefördert. Im Mai 2022 startete die zweite Runde der Maßnahme. Die geförderten 21 Projekte befassen sich mit einem breiten Spektrum an Themen zu Virus-, Bakterien- und Pilz-Infektionen. Inhaltliche Schwerpunkte sind die Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten sowie die Verbesserung der klinischen Praxis.
Die SARS-CoV-2-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Modellrechnungen sind, um die weitere Entwicklung abschätzen zu können. Diese Kompetenz stärkt das BMBF mit dem Modellierungsnetz zur Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten. Ziel ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Forschungsschwerpunkt Modellierung untereinander zu vernetzen sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit relevanten Fachdisziplinen wie Virologie und Epidemiologie zu stärken. Zum Modellierungsnetz zählen sieben Verbünde und eine Koordinierungsstelle. Das BMBF fördert die Initiative bis 2025 mit insgesamt rund 15,4 Millionen Euro.
Das BMBF unterstützt seit 2016 die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern im Gesundheitsbereich über die Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika. Sie erforschen Krankheiten, die eine hohe Krankheitslast in Afrika verursachen, darunter armutsassoziierten Infektionskrankheiten wie Tuberkulose oder parasitären Wurmerkrankungen. Anfang 2023 starten die Netze in eine zweite, fünfjährige Förderphase.
Antibiotika-Resistenzen: Forschung für neue Antibiotika und alternative Therapien
Weltweit werden Bakterien zunehmend resistent gegen Antibiotika. Das bedeutet, dass diese Medikamente gegen sie nicht mehr wirken. Besonders gefährlich sind die multiresistenten Keime. Ihnen können die bekannten Antibiotika kaum noch etwas anhaben. Resistenzen sind ein großes Problem, weil sie die Behandlung von Infektionskrankheiten erschweren. Auch medizinische Eingriffe wie Organtransplantationen oder Chemotherapien bergen ohne den begleitenden Einsatz wirksamer Antibiotika große Risiken.
Das BMBF hat daher im Jahr 2018 angekündigt bis zu 500 Millionen Euro für zehn Jahre bereitzustellen, um die Entwicklung neuer Antibiotika, alternativer Therapien, Impfstoffe und Diagnostika zu unterstützen. Das Ministerium fördert entsprechende Forschungsvorhaben unter anderem unter dem Dach des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung.
Auch international beteiligt sich das BMBF intensiv an Initiativen, um das Auftreten und die Ausbreitung von multiresistenten Keimen zu verhindern und Krankenhausinfektionen besser vorzubeugen. Der verantwortungsvolle Einsatz von Antibiotika bei Mensch, Tier und Umwelt im Sinne des One-Health-Ansatzes steht dabei im Mittelpunkt.
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Zoonosen: Gefährliche Krankheitserreger aus dem Tierreich
Etwa zwei Drittel aller Infektionskrankheiten weltweit sind Zoonosen. Ihre Erreger werden von Tieren auf Menschen – und von Menschen auf Tiere – übertragen. Einige dieser Erreger haben das Potenzial, Epidemien oder sogar Pandemien auszulösen. In den vergangenen Jahren haben Zoonosen mehrfach Schlagzeilen gemacht, beispielsweise die Schweinegrippe (Influenza A/H1N1) oder das Ebola-Fieber. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gehört auch das Coronavirus SARS-CoV-2 zu den zoonotischen Krankheitserregern.
Das BMBF hat die Gefahr, die von diesen Erregern ausgeht, früh erkannt. Bereits im Jahr 2006 hat es gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Gesundheit eine Forschungsvereinbarung zu Zoonosen abgestimmt. Später schloss sich auch das Bundesministerium der Verteidigung an. In der Folge brachte das BMBF mehrere Förderinitiativen auf den Weg, darunter im Jahr 2007 den Förderschwerpunkt Zoonotische Infektionserkrankungen, im Anschluss daran die Nationale Forschungsplattform zu zoonotischen Infektionserkrankungen und 2017 das Nationale Forschungsnetz zoonotische Infektionserkrankungen.
Ein wichtiges Ziel dieser Förderinitiativen ist es, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachbereichen – insbesondere aus der Human- und Veterinärmedizin – zu vernetzen. Zudem soll der Transfer in die Praxis verbessert werden – das heißt, Ergebnisse aus der Forschung sollen schneller genutzt werden, um Zoonosen besser vorzubeugen oder sie zu behandeln.
Das Forschungsnetz zoonotische Infektionskrankheiten trug Anfang 2020 auch dazu bei, rasch auf den weltweiten Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 zu reagieren. So konnten schnell Fördermittel bereitgestellt werden, um das Virus, seine Übertragung und Möglichkeiten zur Behandlung der Erkrankten zu erforschen.
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Globale Gesundheitsvorsorge: One Health
Das seit Anfang 2022 vom BMBF geförderte Helmholtz-Institut für One Health (HIOH) widmet sich den Schwerpunkten Zoonosen und Antibiotika-Resistenzen. Es verfolgt dabei einen Ansatz, der die Gesundheit von Mensch und Tier sowie von Umwelt- und Klimafaktoren umfasst. Somit hat das HIOH auch die globale Gesundheitsvorsorge im Blick.
Im Oktober 2022 wurde eine neue Forschungsvereinbarung veröffentlicht, der sich auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angeschlossen haben. Diese Forschungsvereinbarung legt den Grundstein dafür, den One Health-Ansatz in der Gesundheitsforschung zu stärken. Hierfür wird die Forschungsplattform für Zoonosen zu einer Forschungsplattform für One Health weiterentwickelt.
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Kampf gegen Blutstrominfektionen und Sepsis
Eine Blutstrominfektion geht immer von einer lokalen Infektion aus. Wenn es dem Körper nicht gelingt, diese Infektion am Ursprungsort zu bekämpfen, können die Krankheitserreger in den Blutkreislauf gelangen. Ihre Gifte können dann eine Sepsis auslösen, die umgangssprachlich oft auch als Blutvergiftung bezeichnet wird. Das führt dazu, dass innerhalb weniger Stunden lebenswichtige Organe Entzündungszeichen aufweisen und zu versagen drohen. Über ein Drittel der Betroffenen stirbt an den Folgen einer Blutstrominfektion. Viele der überlebenden Patientinnen und Patienten leiden ein Leben lang unter den Langzeitfolgen.
Das vom BMBF für zehn Jahre geförderte Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum für Sepsis und Sepsisfolgen (Center for Sepsis Control and Care, kurz CSCC) am Universitätsklinikum Jena hat neue Ansätze im gesamten Behandlungspfad der Sepsis entwickelt: von der Risikoabschätzung über die gezielte Behandlung bis hin zu rehabilitativen Maßnahmen, um die Langzeitfolgen einer Sepsis erträglich zu machen. Die Förderung ermöglichte auch, neue Strukturen in der Hochschulmedizin zu schaffen.
Auch im Kampf gegen Blutstrominfektionen eröffnet die Digitalisierung der Medizin neue Möglichkeiten. So entwickelte die Medizininformatik-Initiative eine App, die Ärztinnen und Ärzten hilft, Antibiotika gezielt und verantwortungsvoll gegen die Infektionen einzusetzen.