Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience : , Thema: Forschung
Mit dem Förderschwerpunkt „Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience“ (NNCN) hat das BMBF die grundlegenden strukturellen Rahmenbedingungen geschaffen, um das Forschungsfeld der Computational Neuroscience in Deutschland zu etablieren.
Neurowissenschaftliche Forschung widmet sich den immer noch weitgehend unverstandenen Vorgängen im Gehirn und im Nervensystem. Denken, Fühlen und Handeln werden durch komplexe Nervennetze verwirklicht, die aus Nervenzellen und ihren Verknüpfungen gebildet werden. Sie zu verstehen bedarf es intensiver Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachrichtungen und Methoden. Ein besonders vielversprechender methodischer Ansatz ist die Kombination von mathematischen Modellen und experimenteller Forschung – dies ist charakteristisch für das Fachgebiet Computational Neuroscience.
Struktur und Vernetzung
Mit dem Nationalen Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience werden Strukturen gefördert, um die in Deutschland vorliegende hervorragende Expertise in den experimentellen und theoretischen Neurowissenschaften in einer neuen Qualität zu bündeln, zu verstärken, zu vernetzen und international sichtbar zu machen. Das Netzwerk ist nach dem deutschen Physiologen Julius Bernstein (1839 - 1917) benannt, der mit seiner "Membrantheorie" die erste biophysikalische Erklärung für die neuronalen Erregungsausbreitung lieferte.
Das Bernstein Netzwerk wurde zunächst mit vier "Bernstein Zentren für Computational Neuroscience" (München, Berlin, Göttingen, Freiburg) ins Leben gerufen, die die zentralen strukturellen Elemente des Netzwerks bilden. Diese Bernstein Zentren befassen sich mit der Aufklärung grundlegender Prozesse des Gehirns. Sie untersuchen unter anderem, welche Mechanismen bewirken, dass das Gehirn so zuverlässig, präzise und anpassungsfähig ist. In einem zweiten Schritt wurden zwei weitere Bernstein Zentren für Computational Neuroscience in Heidelberg/Mannheim und Tübingen gefördert. Diese beiden Zentren untersuchen, welchen Einfluss genetische Faktoren auf psychiatrische Erkrankungen haben oder wie es dem Gehirn gelingt, die aktuellen Informationen der Sinne und entsprechendes Vorwissen zu einer schlüssigen Wahrnehmung der Umwelt zu kombinieren.
Die Bernstein Zentren haben Maßnahmen zur langfristigen institutionellen Verankerung getroffen, sodass die aufgebauten Strukturen auch nach dem Auslaufen der BMBF-Förderung fortgeführt werden.
Anwendungsperspektiven
Die Ergebnisse dieser Forschung eröffnen vielfältige Anwendungen. In der Medizin ermöglichen sie zum Beispiel die Entwicklung von Prothesen und Hilfsmitteln - etwa für Querschnittsgelähmte oder Patienten nach einem Schlaganfall - sowie von neuen Therapien für neurologische Erkrankungen, wie zum Beispiel Alzheimer. In der Informatik und modernen Kommunikationstechnik lassen sich neue Ansätze zur Steuerung von Robotern und für technische Assistenz-Systeme, wie zum Beispiel Fahrerassistenzsysteme, ableiten. In der Bildung können die kognitiven Prozesse, die dem Lernen zugrunde liegen, wissenschaftlich besser verstanden werden.
Um Brücken aus der Forschung in die Anwendung zu schlagen, wurde in den Jahren 2008-2015 die Förderinitiativen "Bernstein Fokus: Neurotechnologie" und "Bernstein Fokus: Neuronale Grundlagen des Lernens" etabliert. Von den beteiligten Universitäten wurden flankierende Maßnahmen zur langfristigen nachhaltigen Verankerung der Neurotechnologie mitgetragen. Die Beteiligung von industriellen Partnern stellt sicher, dass Ergebnisse in marktfähige Produkte überführt werden können.
Preis für wissenschaftlichen Nachwuchs
Unter den exzellenten Nachwuchskräften in diesem Forschungsfeld wurde jährlich der "Bernstein Preis für Computational Neuroscience" vergeben. Das Preisgeld von bis zu 1,25 Millionen Euro ermöglichte den Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern eine eigene Arbeitsgruppe an einer deutschen Universität oder Forschungseinrichtung aufzubauen und sich dadurch im deutschen Wissenschaftssystem zu etablieren.
Internationale Vernetzung
Die Anbindung des Bernstein Netzwerkes an die internationalen Entwicklungen in der Neuroinformatik erfolgte über den nationalen Neuroinformatik Knoten als struktureller Bestandteil der „International Neuroinformatics Coordinating Facility“.
Seit 2010 hat das Forschungsministerium im Programm „Collaborative Research in Computational Neuroscience“ eine Zusammenarbeit mit den Amerikanischen Förderorganisationen National Science Foundation und National Institutes of Health etabliert.
Zudem förderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung in den Jahren 2012-2017 eine bilaterale Zusammenarbeit mit Japan im Bereich Computational Neuroscience gemeinsam mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Japan Science and Technology Agency.