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Klinische Studien: Was hilft – und was nicht? : Datum: , Thema: Gesundheitsforschung

Wenn im Labor etwas funktioniert, ist das zunächst nur ein erster Schritt. Ob eine Therapie auch beim Menschen wirkt, ist damit noch längst nicht bewiesen. Erst klinische Studien zeigen, ob eine Behandlung auch die gewünschte Wirkung hat.

Ärztin analysiert mit ihren Kollegen in der Klinik medizinische Berichte.
Neue Methoden werden erst dann für den Einsatz im Versorgungsalltag zugelassen, wenn klinische Studien ihre Wirksamkeit und Sicherheit wissenschaftlich nachgewiesen haben. © Adobe Stock/Drazen

Wie kann Darmkrebs früher erkannt werden? Welche Therapie hilft herzschwachen Patientinnen und Patienten am besten? Fragen wie diese beantworten Forschende mit klinischen Studien. Die Gesundheitsforschung liefert damit stetig Ansätze für bessere Behandlungen, neue und sichere Medikamente. Doch der Weg ihrer Entwicklung vom Labor bis zu den Patientinnen und Patienten ist komplex. Klinische Studien sind dabei ein entscheidender Meilenstein. Denn mit ihnen testen Forschende neue Therapien und Wirkstoffe oft erstmals am Menschen. Die Sicherheit der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer hat dabei höchste Priorität.

Phasen der Studien: Kleine Schritte für hohe Sicherheit

Klinische Studien umfassen verschiedene Phasen, um die Verträglichkeit und Wirkungsweise neuer Methoden nachzuweisen. Diese gliedern sich wie folgt:

  • Phase-I-Studien sind kleine Studien, in denen eine neue Behandlung erstmals am Menschen, und zwar an gesunden Freiwilligen, eingesetzt wird. In diesem Stadium werden grundlegende Eigenschaften wie Verträglichkeit und Sicherheit überprüft.
  • Phase-II-Studien haben meist 100 bis 300 Teilnehmende. Die Behandlung wird hier zum ersten Mal bei Patientinnen und Patienten überprüft, die an der entsprechenden Erkrankung leiden. So werden erste Daten zur Wirksamkeit erhoben und die optimale Dosierung festgestellt.
  • Phase-III-Studien sind große Studien, in denen die Wirksamkeit und Verträglichkeit umfassend untersucht wird. Oft sind es Vergleichsstudien. Dabei werden Patientinnen und Patienten, die die zu untersuchende Behandlung erhalten, mit einer Kontrollgruppe verglichen, die eine andere Behandlung erhält.
  • Phase-IV-Studien finden statt, wenn ein Medikament bereits auf dem Markt ist. Durch sie wird beispielsweise ein bereits zugelassenes Medikament bei Patientinnen und Patienten mit bestimmten Eigenschaften noch einmal gezielt untersucht. Zudem können seltene Nebenwirkungen besser beurteilt werden, weil mehr Patientinnen und Patienten behandelt werden.

Viele klinische Studien finanziert die pharmazeutische Industrie. Doch zu wichtigen Fragestellungen, die keine profitablen Ergebnisse erwarten lassen, führen Unternehmen in der Regel keine Studien durch. Genau hier setzt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) an, indem es die nicht-kommerzielle klinische Forschung in Deutschland unterstützt.

Aus dem Labor ins Krankenhaus: Schwerpunkte der Förderung klinischer Studien

Seit rund 20 Jahren fördert das BMBF klinische Studien mit hoher Relevanz für die Patientenversorgung. In die Entwicklung der zentralen Forschungsfragen bringen sich auch Patientinnen und Patienten ein. Das stellt sicher, dass sich die Forschung auch an den Erwartungen und Wünschen der Patientinnen und Patienten ausrichten kann. Im Fokus der Förderung stehen dabei zum einen Studien, von denen viele Patientinnen und Patienten profitieren. Dazu zählen Studien zu Volkskrankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf- oder neurodegenerative Erkrankungen, zum Beispiel Demenz. In der Nationalen Dekade gegen Krebs fördert das BMBF sogenannte praxisverändernde klinischen Studien. Mit ihnen vergleichen Forschende verschiedene bereits vorhandene Ansätze zur Prävention, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. So können die Forscherinnen und Forscher prüfen, welche Konzepte sich in der Praxis am besten bewähren. Die Erkenntnisse helfen den Ärztinnen und Ärzten, Betroffene bestmöglich zu behandeln.

Ein weiterer Aspekt der BMBF-Förderung sind klinische Studien, die die Versorgung von Kindern verbessern. Denn Kinder sind keine „kleinen Erwachsenen“ und fallen oft durch die Raster der von der Pharmaindustrie finanzierten Studien. Das gilt auch für die Seltenen Erkrankungen, die nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen betreffen.

Weitere Informationen zur Förderung von klinischen Studien lesen Sie auf unserem Fachportal Gesundheitsforschung-bmbf.de.

Infrastrukturen für klinische Studien in Deutschland stärken

Damit Deutschland in der klinischen Forschung wettbewerbsfähig bleibt und auch an internationalen Studien und Entwicklungen teilhaben kann, etablierte das BMBF spezialisierte Einrichtungen, die solche Studien durchführen oder sie unterstützen.

Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS)

Weil klinische Studien den Menschen direkt einbeziehen, müssen sie sehr hohe Qualitätsstandards erfüllen. Nicht jedes Krankenhaus kann diese Anforderungen neben der normalen Krankenversorgung erfüllen. Deshalb hat das Bundesforschungsministerium den Aufbau von „Klinischen Studienzentren“ und „Koordinierungszentren für Klinische Studien“ an Universitätskliniken initiiert. Auf diese Weise wurde eine nachhaltige Infrastruktur für die klinische Forschung an Universitätskliniken geschaffen. Die Zentren garantieren die Einhaltung der hohen Qualitätsstandards und stellen den Forschungsgruppen dafür qualifiziertes Personal zur Verfügung. Zudem bilden sie Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal für die Mitarbeit in klinischen Studien aus. Sie stärken die Forschungslandschaft in Deutschland und tragen dazu bei, dass Ergebnisse aus der Forschung die Versorgungspraxis schneller verbessern können.

Mehr zu den Koordinierungszentren für klinische Studien lesen Sie auf der Webseite des Netzwerks.

Klinische Studien in der Chirurgie: CHIR-Net und SDGC

Operationen sind Eingriffe in den menschlichen Körper, das erfordert gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Operationsmöglichkeiten. Solche Erkenntnisse sind nur mit klinischen Studien zu gewinnen. Das Studiennetzwerk Chirurgie (CHIR-Net) und das Studienzentrum der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (SDGC) bündeln das Wissen und die Erfahrung zu klinischen Studien in der Chirurgie. Diese Organisationen schaffen auch einen Ort, an dem dieses Wissen an junge Chirurginnen und Chirurgen weitergegeben wird.

Netzwerk für die internationale klinische Forschung

Viele medizinische Fragestellungen lassen sich oft nur durch international aufgestellte Teams lösen, die ihre Ressourcen und ihr Fachwissen bündeln und gemeinsam klinisch forschen. Wollen sich mehrere europäische Länder an einer klinischen Studie beteiligen, dann ist das „European Clinical Research Infrastructure Network“ (ECRIN) die erste Anlaufstelle für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

European Clinical Research Infrastructure Network (ECRIN)

ECRIN bündelt das Know-how nationaler Partner und Netzwerke und bietet Forschenden effiziente und hochwertige Dienstleistungen an, um sie bei der Planung und Durchführung multinationaler klinischer Studien zu unterstützen. Beispielsweise berät ECRIN Studienleitende zur Umsetzung der aktuell geltenden und oft komplexen Regularien. Ziel des Netzwerkes ist es, die Qualität und Effizienz multinationaler klinischer Forschung in Europa weiter zu verbessern. ECRIN wird von neun Mitgliederstaaten und drei Beobachterstaaten finanziert. Deutschlands Beitrag von jährlich rund 325.000 Euro stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung.

Digitalisierung in der Medizin: Die Medizininformatik-Initiative

Klinische Studien sind auf freiwillig Teilnehmende angewiesen, die – je nach Fragestellung der Studie – bestimmte Vorgaben erfüllen müssen, etwa hinsichtlich ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen. Solche Teilnehmenden finden sich oft nur über einen längeren Zeitraum oder nicht in ausreichender Zahl. Die Folge: Die Zulassung neuer Therapien oder diagnostischer Verfahren kann sich verzögern. Die vom BMBF geförderte Medizininformatik-Initiative soll unter anderem die Suche nach geeigneten Personen für die Teilnahme an klinischen Studien erleichtern. Künftig sollen Computerprogramme die Routinedaten von Patientinnen und Patienten aus der klinischen Versorgung analysieren und geeignete Personen identifizieren – schneller und effizienter, als der Mensch allein das kann. Die so gefundenen Personen können dann zur Teilnahme an klinischen Studien eingeladen werden. Die Nutzung von Versorgungsdaten zu diesem Zweck setzt stets das Einverständnis der Patientinnen und Patienten voraus und beachtet strenge ethische und datenschutzrechtliche Vorgaben.