Medizininformatik : Datum: , Thema: Forschung
Die digitale Transformation im Gesundheitswesen läuft – und braucht verlässliche Gesundheitsdaten. Dafür fördert das BMBF die Medizininformatik-Initiative. Ziel: Forschung, Versorgung und Erkrankte sollen von intelligent vernetzten Daten profitieren.
Ziel der Medizininformatik-Initiative des Bundesforschungsministeriums ist es, Daten aus der Routineversorgung digital, verlässlich und schnell für die medizinische Forschung bereitzustellen. Die Forschung hilft durch IT-gestützte Analysen dieser Daten, Krankheiten besser zu erkennen, zu behandeln und ihnen möglichst wirkungsvoll vorzubeugen. Perspektivisch können auch Informationen über vergleichbare medizinische Fälle oder Ergebnisse aktueller Studien den behandelnden Ärztinnen und Ärzten bereitgestellt werden. So können diese Informationen für eine bestmögliche Therapieentscheidung genutzt werden.
Was wird gefördert?
Konsortien und Datenintegrationszentren (2018-2026)
In der Medizininformatik-Initiative haben sich Universitätskliniken mit weiteren Partnern, z.B. Forschungsinstituten, Hochschulen und Unternehmen, zu Konsortien zusammengeschlossen. Sie schaffen die Voraussetzungen dafür, dass Forschung und Patientenversorgung ihre Daten untereinander standortübergreifend austauschen können. Ihre Aufgabe ist es, sogenannte Datenintegrationszentren (DIZ) an den Universitätskliniken und Partnereinrichtungen aufzubauen. Diese Zentren schaffen die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für den Datenaustausch zwischen Krankenversorgung und medizinischer Forschung. Darüber hinaus entwickeln die Konsortien IT-Lösungen für erste Anwendungsfälle der Medizininformatik, die sogenannten Use Cases. Sie können den medizinischen Mehrwert des Datenaustauschs und der IT-Lösungen für die Patienten aufzeigen. Das BMBF fördert die Konsortien, DIZ und die konsortien-übergreifenden Anwendungsfälle in der Aufbau- und Vernetzungsphase (2018 bis 2022) und der aktuell laufenden Ausbau- und Erweiterungsphase (2023 bis 2026) mit insgesamt über 400 Millionen Euro.
Digitale FortschrittsHubs Gesundheit (2021-2025)
Künftig sollen die Menschen nicht nur in den Universitätskliniken, sondern auch in regionalen Krankenhäusern, in den Praxen niedergelassener Ärztinnen und Ärzte und in Rehabilitationseinrichtungen von den digitalen Innovationen der Medizininformatik-Initiative profitieren. Um Modelle für diesen Transfer zu entwickeln, vernetzen sich die Universitätskliniken in den „Hubs“ mit Einrichtungen der regionalen Patientenversorgung. Das BMBF fördert die Fortschrittshubs bis 2025 mit bis zu 50 Millionen Euro.
Nachwuchsgruppen (2020-2026)
Gut ausgebildete Fachkräfte sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Medizininformatik-Initiative. Daher fördert das BMBF an der Schnittstelle von Informatik und Medizin 21 Nachwuchsgruppen bis 2026 mit rund 30 Millionen Euro. Mit vielfältigen Forschungsansätzen erweitern sie die Möglichkeiten, aus der Analyse von Gesundheitsdaten neue Erkenntnisse zu gewinnen und medizinische Innovationen zu generieren. Das macht das zukunftsweisende Forschungsfeld in Deutschland für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler attraktiv und motiviert die Universitäten, neue Medizininformatik-Lehrstühle zu etablieren.
Woran forschen die Konsortien?
DIFUTURE (Data Integration for Future Medicine)
Das Konsortium DIFUTURE führt unter strenger Beachtung des Datenschutzes zahlreiche Informationen aus der Krankenversorgung und der Forschung zusammen und analysiert sie mithilfe innovativer IT-Lösungen. Das Konsortium nimmt mit seinen Use Cases Menschen in den Blick, die unter Erkrankungen wie Multipler Sklerose und Parkinson leiden. Um Präventions-, Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zu verbessern, werden verschiedenste Arten von Daten aus der Krankenversorgung und der Forschung zusammengefügt und analysiert.
Weitere Informationen zum Konsortium "DIFUTURE"
HiGHmed (Medical Informatics)
Patientinnen und Patienten besser versorgen und die klinische Forschung effizienter machen – dieses Ziel möchte HiGHmed durch neue medizininformatische Lösungen und eine übergreifende Datenauswertung erreichen. Konkrete Anwendungsfälle im Bereich der Krebsmedizin und der Kardiologie sowie die Etablierung eines Frühwarnsystems für Krankenhausinfektionen stehen dabei im Fokus des Konsortiums.
Weitere Informationen zum Konsortium "HIGHMED"
MIRACUM (Medical Informatics in Research and Care in University Medicine)
MIRACUM entwickelt IT-Lösungen, die Krankheiten präziser erkennen und ihren möglichen Verlauf individuell vorhersagen können. Um die Krebsmedizin zu unterstützen, bereiten Computerprogramme die Vielzahl behandlungsrelevanter Patientendaten anschaulich auf. Das erleichtert es den Behandlungsteams, für jeden Einzelfall schnell die bestmögliche Therapie zu finden. Ein weiteres Ziel des Konsortiums: Medizinische Fortschritte sollen künftig schneller bei den Menschen ankommen. Dafür will MIRACUM die klinische Forschung effizienter machen. Bei all diesen Zielen spielt MIRACOLIX – ein Set komplexer IT-Lösungen – die Schlüsselrolle.
Weitere Informationen zum Konsortium "MIRACUM"
SMITH (Smart Medical Information Technology for Health Care)
Das Konsortium SMITH entwickelt innovative IT-Lösungen, die den Einsatz von Antibiotika zur Bekämpfung bestimmter Erreger verbessern sollen. Ein weiterer Anwendungsfall ist die Intensivmedizin. Hier sollen IT-Lösungen den Ärztinnen und Ärzten helfen, Komplikationen früher zu erkennen und lebensrettende Maßnahmen schneller einzuleiten.
Die Methodenplattform „Phänotypisierungs-Pipeline“ spielt eine Schlüsselrolle bei der medizinischen Klassifizierung von Patientinnen und Patienten sowie Befunden und soll insbesondere die klinische Forschung stärken. Sie soll Ärzten und Forschern helfen, den riesigen Informationsschatz aus elektronischen Patientenakten zu erschließen, damit sie Krankheiten besser erforschen und behandeln können.
Weitere Informationen zum Konsortium "SMITH"
Konsortienübergreifende Anwendungsfälle
Viele Standorte aus allen Konsortien arbeiten zusammen, damit Seltene Erkrankungen besser erforscht, erkannt und behandelt werden können. In einem ersten Schritt optimieren und vereinheitlichen die Partner ihre Dokumentationen zu Seltenen Erkrankungen. Mit maßgeschneiderten IT-Lösungen suchen sie in diesen Daten dann nach neuen Ansatzpunkten für die Diagnostik und Therapien.
Weitere Informationen zum Use Case "Collaboration on Rare Diseases" (CORD-MI)
Im Anwendungsfall zu Arzneimittelwechselwirkungen standardisieren die Partner ihre klinischen Daten über verordnete Medikamente. Mit IT-Lösungen wollen sie darin riskante Wirkstoffkombinationen und Risikopatienten aufspüren, um die Menschen künftig noch besser vor unerwünschten Nebenwirkungen schützen zu können.
Von der Blutprobe bis zur Gewebebiopsie – Bioproben aus der Routineversorgung helfen Ärztinnen und Ärzten, präzise Diagnosen zu stellen und Therapieverläufe zu beurteilen. Die an den Universitätskliniken gewonnenen Proben lagern in den Biobanken der jeweiligen Standorte. In diesem Anwendungsfall sollen die Daten der Bioproben mit anderen Patientendaten aus der Routineversorgung verknüpft werden. Die gemeinsame Analyse beider Datenpools soll neue Erkenntnisse ermöglichen und die personalisierte Medizin vorantreiben.
Weitere Informationen zum Use Case "Aligning Biobanking and DIC Efficiently" (ABIDE_MI)
Weitere Informationen
Wie profitieren Patientinnen und Patienten von der Initiative?
Die Medizininformatik-Initiative will Patientendaten für viele verschiedene medizinische Forschungszwecke vernetzen und der medizinischen Forschung zur Verfügung stellen. Gleichzeitig soll es einen „Rückfluss“ der Forschungsergebnisse in die Versorgung geben. Dadurch kann die Behandlung optimiert und die Patientensicherheit erhöht werden, etwa weil Diagnosen schneller und präziser gestellt, Doppeluntersuchungen vermieden oder unerwünschte Arzneimittelwirkungen verhindert werden können. Zudem können Patientinnen und Patienten individueller charakterisiert werden. Dadurch wird es immer häufiger gelingen, den besten Behandlungsansatz bereits vor Therapiebeginn zu bestimmen. Diese maßgeschneiderten Therapien können zu höheren Behandlungserfolgen führen oder Nebenwirkungen reduzieren.
Wie profitieren Ärztinnen und Ärzte?
Mit dem Fortschritt in der Medizin wächst die Menge an Daten, Informationen und neuen Erkenntnissen immer schneller. Ärztinnen und Ärzte profitieren davon umso mehr, je schneller sie auf relevante und aktuelle Informationen zugreifen können. Dabei helfen ihnen intelligente Programme zur klinischen Entscheidungsunterstützung, die „Clinical decision aids“. Sie präsentieren den Behandelnden neben den Patientendaten auch Hinweise zu möglichen gefährlichen Arzneimittelwirkungen und machen konkrete Therapievorschläge, die auf aktuellen Studien und Leitlinieninformationen basieren. Die Entwicklung der „Clinical decision aids“ erfordert eine intensive Medizininformatik-Forschung – sie sorgt im Hintergrund dafür, dass die digitalen Innovationen in der Praxis funktionieren und die Versorgung der Menschen verbessern.
Wie wird der Schutz der Patientendaten sichergestellt?
Die freiwillige und informierte Einwilligung der Patientinnen und Patienten ist die Voraussetzung dafür, dass die Gesundheitsforschung die Daten nutzen darf. Die Initiative bezieht Datenschutzbeauftragte, Ethikkommissionen sowie Vertreterinnen und Vertreter von Patientenorganisationen in ihre Planungen ein. Ausgewiesene IT-Expertinnen und Experten stellen sicher, dass die Einwilligungen sicher elektronisch dokumentiert und sorgfältig verwaltet werden. Die Patientinnen und Patienten können ihre Einwilligung jederzeit ändern oder widerrufen.
Alle Patientendaten werden verschlüsselt. Das bedeutet, dass alle eine Person identifizierenden Angaben aus den Datensätzen entfernt werden, wie zum Beispiel Name, Geburtsdatum und Wohnort. Die Datensätze, mit denen die Forscherinnen und Forscher arbeiten, ermöglichen also keine Rückschlüsse auf bestimmte Personen. Nur wenn Patientinnen und Patienten es ausdrücklich wünschen, können ausgewählte Daten zu ihnen zurückverfolgt werden. Dadurch können Betroffene über neue und wichtige medizinische Zusatzbefunde informiert werden, die sich bei der Datenanalyse ergeben. Diese Identifizierung ist nur über eine unabhängige Treuhandstelle möglich.