Ukraine: Unterstützung in Kriegszeiten und beim Wiederaufbau : , Thema: Europa und die Welt
Das BMBF verurteilt die russische Aggression gegenüber der Ukraine und bekundet Solidarität mit den ukrainischen Partnern.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verurteilt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als einen eklatanten Bruch des Völkerrechts, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Als Konsequenz hat Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung mit der Russischen Föderation eingefroren. Den Menschen in der Ukraine versicherte sie ihre Solidarität: „Wir unterstützen alle Bemühungen, um den Krieg und die Gewalt zu beenden. Unsere Kontakte und Zusammenarbeit werden wir mit aller Entschlossenheit fortsetzen.“
BMBF-Initiative „Wiederaufbau Ukraine“
Das BMBF steht somit fest an der Seite der Ukraine und unterstützt das Land in Kriegszeiten und beim Wiederaufbau. Unmittelbar nach dem russischen Angriff im Februar 2022 standen vor allem Maßnahmen zur Abfederung der dramatischen Kriegsfolgen im Fokus. Mittel- und langfristig gewinnen jedoch Instrumente an Bedeutung, die dem Brain-Drain aus dem Land nachhaltig entgegenwirken, Erhalt und Ausbau der wissenschaftlichen Potenziale fördern und die Ukraine beim Wiederaufbau des Wissenschaftssystems unterstützen. Eine moderne und leistungsfähige Bildungs- und Forschungslandschaft sowie ein funktionierender Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in Wirtschaft und Gesellschaft sind die Grundlagen dafür, dass die Ukraine Kriegsfolgen bewältigt und gegenüber globalen Herausforderungen resilienter wird.
Als Teil der BMBF-Initiative „Wiederaufbau Ukraine‘“ hat das BMBF den Förderaufruf Deutsch-ukrainische Forschungskooperationen für den nachhaltigen Wiederaufbau veröffentlicht. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, neben der Bearbeitung eines gemeinsamen Forschungsvorhabens auch den Erhalt und Ausbau von Forschungskapazitäten in der Ukraine zu ermöglichen, indem ein Teil der Förderung an die Partnerinstitution in der Ukraine weitergeleitet werden kann. Dadurch soll die Abwanderung aus dem ukrainischen Wissenschaftssystem verringert und die „brain circulation“ zwischen Deutschland und der Ukraine gefördert werden.
Die deutsch-ukrainische Forschungszusammenarbeit
Mit kaum einem anderen Land pflegt die Ukraine so intensive Kontakte in der Wissenschaft wie mit Deutschland, was unter anderem auf die langjährige Zusammenarbeit zwischen dem BMBF und dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Ukraine zurückzuführen ist. Durch regelmäßige bilaterale Förderaktivitäten konnten viele gemeinsame Kooperationsprojekte angestoßen und Forschungsnetzwerke etabliert werden. Die Zusammenarbeit wird selbst in Kriegszeiten aufrechterhalten und zukunftsorientiert ausgebaut. Auch die Forschungskooperation mit der Ukraine im Bereich Energie & Wasserstoff wird weiterverfolgt und intensiviert, damit der (Wieder-) Aufbau eines nachhaltigen Energiesystems schnell gelingt.
Neben der Förderung wissenschaftlicher Projekte unterstützt das BMBF Modernisierung sowie Internationalisierung und Digitalisierung der ukrainischen Forschungs- und Hochschullandschaft. Der Weideraufbau, wenngleich ein Kraftakt, kann auch als Chance begriffen werden, um die Reform- und Umstrukturierungsprozesse weiter voranzutreiben und das ukrainische Wissenschaftssystem im Einklang mit gemeinsamen europäischen Werten zu erneuern. Das BMBF plant daher Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation in der Ukraine zu verbessern, Forschungskapazitäten und -infrastrukturen (wieder-) aufzubauen und dem wissenschaftlichen Nachwuchs gute Bleibe- und Rückkehrperspektiven zu bieten.
Vier Deutsch-Ukrainische Exzellenzkerne
Stärkung der deutsch-ukrainischen Forschungspartnerschaft: Vier Deutsch-Ukrainische Exzellenzkerne wurden zur Förderung ausgewählt. Ziel ist es, mit ihnen den ukrainischen Wiederausbau voranzubringen.
Die Förderbekanntmachung „Richtlinien für Zuwendungen für den Aufbau Deutsch-Ukrainischer Exzellenzkerne in der Ukraine“ ist themenoffen. Sie zielt darauf ab, deutsch-ukrainische Forschungsgruppen in der Ukraine zu etablieren und durch diese die bilateralen Forschungs- und Entwicklungskompetenzen nachhaltig zu stärken. Hierzu wurden von den zwölf eingereichten Konzepten, die von deutsch-ukrainischen Teams für die Einrichtungen der Exzellenzkerne erarbeiteten wurden, in einem wettbewerblichen, gutachtergestützten Verfahren die besten vier ausgewählt und zur Förderung empfohlen. Diese werden in der max. vierjährigen Implementierungsphase mit je bis zu 2,5 Mio. Euro gefördert.
Mit der Bekanntmachung sollen im Ausland tätige, exzellente, ukrainische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit erhalten, gemeinsam mit einer deutschen Forschungseinrichtung eine international wettbewerbsfähige Arbeitsgruppe zur Durchführung von Spitzenforschung in der Ukraine aufzubauen. So sollen in der Ukraine langfristig angelegte Zentren wissenschaftlicher Exzellenz entstehen, die gleichzeitig wichtige bilaterale Kooperationsbrücken bilden und „Brain Circulation“ zwischen beiden Ländern voranbringen.
Aufgrund der derzeitigen Kriegssituation können Arbeitsgruppen zunächst in Deutschland beginnen. Diese sollen jedoch in die Ukraine transferiert werden, sobald es die Sicherheitslage zulässt.
Das sind die Gewinner im Kurzportrait:
- Der Deutsch-Ukrainische Exzellenzkern EUU20 soll perspektivisch in Lwiw die deutsch-ukrainische und europäischen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts erforschen.
Hauptpartner in Deutschland: Ludwig-Maximilians-Universität München
Hauptpartner in der Ukraine: Ukrainische Katholische Universität Lviv - Der Deutsch-Ukrainische Exzellenzkern für Naturstoffforschung CENtR soll perspektivisch in Lwiw angesiedelt sein und fokussiert auf Strategien zur Entdeckung und medizinischen Nutzbarmachung neuer Antiinfektiva.
Hauptpartner in Deutschland: Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland
Hauptpartner in der Ukraine: Explogen LLC und Ivan Franko National University of Lviv - Der Deutsch-Ukrainische Exzellenzkern für Quantenmaterialien GU-QuMat soll perspektivisch in Kiew angesiedelt sein und wird sich auf die Suche nach neuartigen Quantenmaterialien sowie deren Funktionalisierung als Plattform für zukünftige Technologien konzentrieren.
Hauptpartner in Deutschland: Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden e.V.
Hauptpartner in der Ukraine: Kyiv Academic University (KAU) - Der Deutsch-Ukrainische Exzellenzkern PLASMA-SPIN-ENERGY soll perspektivisch in Charkiw angesiedelt sein. Ziel ist es, Plasmatechnologien für die Herstellung von Spintronik-Bauteilen zu nutzen und so elektronische Geräte der nächsten Generation zu schaffen.
Hauptpartner in Deutschland: Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik
Hauptpartner in der Ukraine: V. N. Karazin Kharkiv National University und National Science Centre “Kharkiv Institute of Physics and Technology”
Für ein gemeinsames Europa
Die Ukraine sieht ihre Zukunft in Europa, in der EU. Der im Juni 2022 verliehene EU-Beitrittskandidatenstatus sowie die Assoziierung des Landes an das Forschungsrahmenprogramm „Horizont Europe“ eröffnen neue Perspektiven in der Intensivierung der deutsch-ukrainischen Forschungskooperationen. Die enge Einbindung der Ukraine in die europäischen Wissensflüsse und Wertschöpfungsketten ist unverzichtbar, damit das Land sein Potential voll entfalten kann.
Die in den vergangenen Jahrzehnten systematisch entwickelte bilaterale Wissenschaftskooperation zwischen Deutschland und der Ukraine kommt auch dem Engagement auf europäischer Ebene zugute. Mit der Förderbekanntmachung „Bridge2ERA-EaP“ setzt sich BMBF aktuell für eine erfolgreichere Beteiligung von Forschungskonsortien aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft und darunter auch der Ukraine an EU-Forschungsrahmenprogrammen ein und fördert damit deren Integration in den europäischen Forschungsraum.
Europa unterstützt ukrainische Forscherinnen und Forscher
Damit die Ukraine von den europäischen Assoziierungsabkommen profitieren kann, wurde in Absprache mit den Mitgliedstaaten im Ausschuss für den Europäischen Forschungsraum und Innovation (ERAC) am 22. März 2022 das Portal "ERA4Ukraine" gestartet, das als zentrale Anlaufstelle für Informationen zur Unterstützung von Forscherinnen und Forschern aus der Ukraine dienen soll. Der Europäische Forschungsrat (ERC) veröffentlicht zudem mit der ERC4Ukraine-Initiative Stellenangebote für geflüchtete Forschende aus der Ukraine.
Über diese Initiative hinaus wurde die Ukraine im März Vollmitglied des COST-Programms, das Forschernetzwerke unterstützt. Forscherinnen und Forscher, die mit ukrainischen juristischen Personen verbunden sind, können sich unabhängig von ihrem geografischen Standort um kurzfristige Forschungsaufenthalte, virtuelle Netzwerkwerkzeuge bewerben und/oder einer der Aktionsarbeitsgruppen beitreten. Mittelfristig plant die Kommission zudem ein spezielles Stipendienprogramm in Höhe von 25 Millionen Euro zur Unterstützung vertriebener Forscher und Forscherinnen aus der Ukraine im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Programms.