Brasilien: Forschungspartner für Nachhaltigkeit und Innovation : Datum: , Thema: Europa und die Welt
Deutschland und Brasilien forschen gemeinsam für die innovative und nachhaltige Nutzung von Ressourcen und für den Erhalt der Umwelt. Brasilien ist in Bildung und Forschung der wichtigste Partner Deutschlands in Lateinamerika.
Brasilien ist die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Land hat die zentrale Bedeutung von Innovation für die Entwicklung der eigenen Wirtschaft erkannt und verschiedene Initiativen zum Ausbau des Innovationssystems gestartet. Deutschland ist für Brasilien dabei ein traditioneller und wichtiger Partner. Über 1.600 deutsche Unternehmen sind in Brasilien niedergelassen. Sie tragen mit etwa 10 Prozent zum industriellen Bruttoinlandsprodukt Brasiliens bei. Allein im Bundesstaat São Paulo sind etwa 250.000 Mitarbeitende in deutschen Unternehmen beschäftigt.
Die Fraunhofer-Gesellschaft hat Brasilien beim Aufbau eines Netzwerks von über 60 Innovationszentren unterstützt. Fraunhofer-Expertinnen und -Experten begleiteten darüber hinaus 26 von der Industrie getragene Institute in ganz Brasilien, die angewandt forschen.
Gemeinsame Forschungsziele
Die Bundesregierung baut die Partnerschaft mit Brasilien systematisch aus. Die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie ist hierbei seit über 50 Jahren ein wichtiges Element.
Beide Regierungen kommen regelmäßig zusammen, um ihre Zusammenarbeit im Sinne gemeinsamer Ziele abzustimmen. Bei diesen Gesprächen legen das Bundesforschungsministerium im Dialog mit seinen brasilianischen Partnerministerien die Schwerpunktthemen der Kooperation fest.
Die Gemischte Kommission für Zusammenarbeit in Wissenschaft, Technologie und Innovation trat zuletzt im November 2020 zusammen. Das Steuerungsgremium tagte dabei zum ersten Mal in einem virtuellen Format. In vier thematischen Arbeitsgruppen wurden künftige gemeinsame Aktivitäten vereinbart: 1) Bioökonomie; 2) angewandte Technologien; 3) Lebenswissenschaften und Gesundheit und 4) Klima- und Nachhaltigkeitsforschung.
Nachhaltiger Umgang mit unserer Umwelt
Gemeinsam mit Brasilien forscht Deutschland an neuen Konzepten zum Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Atmosphäre. Mitten im brasilianischen Amazonasgebiet hat das Bundesforschungsministerium den Aufbau des Atmosphärenmessturms ATTO (Amazonian Tall Tower Observation Facility) mit 5,2 Millionen Euro gefördert. Der Turm ist 325 Meter hoch und wurde unter schwierigen Bedingungen im Regenwald aufgebaut. Ein großer Aufwand, der sich langfristig auszahlt. Mit hochempfindlichen Messgeräten beobachten Deutsche und Brasilianer den Zusammenhang zwischen Klima, Atmosphärenchemie und dem Regenwald. Die Messergebnisse sollen ermöglichen, die Entwicklung des Klimas in der Zukunft besser vorherzusagen.
Ozeane haben eine wichtige Funktion bei der Stabilisierung des Klimas. Sie haben große Bedeutung für das Leben auf unserem Planeten und bilden das größte zusammenhängende Ökosystem. Wie können wir die Meere wirksam schützen? Wie kann ihre ausgleichende Wirkung auf das Klima erhalten werden? Brasilien und Deutschland erforschen zusammen die Rolle der Ozeane als Kohlenstoff-Speicher im fortschreitenden Klimawandel. Das Bundesforschungsministerium fördert zudem ein Projekt zu Mikroplastik in den Meeren. Deutsche, brasilianische und weitere europäische Experten untersuchen die Verbreitung der kleinen Kunststoffteilchen und erarbeiten Lösungsansätze dafür, die Lebensräume im Meer langfristig gesund zu erhalten.
Rohstoffe für die Wirtschaft von morgen
Metalle und Mineralien sind endliche Ressourcen. In vielen Technologien, wie in der Energiespeicherung oder in Gasturbinen, sind Rohstoffe wie Wolfram, Nickel oder Kobalt unverzichtbar. Brasilien ist ein wichtiger Produzent von Metallen. Deshalb haben Brasilien und Deutschland vereinbart, die Zusammenarbeit bei der Erforschung der wirtschaftsstrategischen Rohstoffe zu intensivieren. Das BMBF unterstützt im Programm „CLIENT II - Internationale Partnerschaften für nachhaltige Innovationen" mehrere deutsch-brasilianische Projekte, die den verantwortungsvollen Umgang mit Rohstoffen fördern.
In Brasilien spielt die Landwirtschaft immer schon eine große Rolle. In den letzten Jahren wird dort zunehmend darauf Wert gelegt, diese umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten. Zudem spielt der Aspekt der Kaskadennutzung eine wichtige Rolle. So sollen Bio-Reststoffe aller Art zu hochwertigen Produkten weiterverarbeitet werden. Die Erfahrungen Brasiliens in diesem Bereich ergänzen sich gut mit denen Deutschlands. Das Bundesforschungsministerium fördert daher im Förderprogramm „Bioökonomie International“ derzeit sechs Projekte mit Brasilien.
Die Forscherteams untersuchen zum Beispiel die Gewinnung von Bio-Insektiziden aus einheimischen Naturstoffen. Sonnenblumenkerne sollen vollständig für die Herstellung von Bio-Chemikalien und von Lebensmitteln genutzt werden. Gemeinsam wird die Widerstandskraft von Reben untersucht, um nachhaltig Wein produzieren zu können, und aus Bestandteilen von Holz entwickeln die Forschergruppen biobasierte Kunststoffe. Beide Länder wollen die Zusammenarbeit in der Bioökonomie weiter ausbauen.
Gesellschaftliches Miteinander gerechter gestalten
Das Zusammenleben in Gesellschaften ist eine soziale Herausforderung. Besonders dann, wenn diese von starker Ungleichheit und kulturellen, religiösen und ethnischen Unterschieden geprägt sind. Unter dem Dach des „Maria Sibylla Merian Centre for Advanced Studies“ (Mecila) forschen Spitzenforscherinnen und -forscher in São Paulo zu diesen Themen. Gemeinsam suchen etablierte und junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Lösungsansätzen. Die Freie Universität Berlin, die Universität von São Paulo und weitere Partner aus Deutschland und Lateinamerika untersuchen, wie das soziale Gefälle in einer heterogenen Gesellschaft vermindert werden kann. Mecila wird mit Mitteln des BMBF gefördert.