AI4EO: Himmel und Erde – KI in der Erdbeobachtung : Datum: , Thema: internationale zukunftslabore
Sie kommen, um zu forschen: In Berlin, Hannover und München nehmen Forschende der „Internationalen Zukunftslabore Künstliche Intelligenz“ ihre Arbeit auf. In München will das Team von AI4EO mit KI-Verfahren Satellitendaten auswerten.
Was haben München, Hannover und Berlin gemeinsam? In jeder Stadt ist ein so genanntes „AI Future Lab“ angesiedelt, ein „Internationales Zukunftslabor für Künstliche Intelligenz“. Hier kommen junge und erfahrene Forschende aus aller Welt zusammen und gehen wissenschaftlichen Fragen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Zukunft nach. Entstanden sind die Labore bei einem Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Im Mai 2020 sind sie gestartet, nun fördert das BMBF die internationalen Teams.
In München richtet das Labor „AI4EO“ seine Forschung auf KI in der Erdbeobachtung aus. AI4EO steht für „Artificial Intelligence for Earth Observation: Reasoning, Uncertainties, Ethics and Beyond“. Übersetzt bedeutet das „Künstliche Intelligenz für die Erdbeobachtung: (logische) Schlussfolgerungen, Unsicherheiten, Ethik und darüber hinaus“. Den Kern des Teams von AI4EO bilden die 13 „Core Scientists“ – Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten. Drei Jahre lang können sie in München forschen, unterstützt werden sie von 70 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, die im Rahmen eines Stipendiums jeweils für sechs Monate nach Deutschland kommen. Noch sind nicht alle Stipendiumsplätze vergeben, auf der Website des AI4EO gibt es weitere Infos für Interessierte.
Was kann Künstliche Intelligenz in der Erdbeobachtung leisten?
Ob Land, Luft oder Meer – Tag für Tag kreisen etwa 800 Satelliten um unseren Planeten und „beobachten“ die Erde (Quelle: UCS Satellite Database, Stand: Dezember 2020). Über lange Zeiträume machen sie Aufnahmen, die Veränderungen von Landoberflächen, Meeren oder der Atmosphäre dokumentieren.
Die Satellitenbilder machen es möglich, digitale und dreidimensionale Karten der Erdoberfläche zu erstellen. Und genau hier kommt bei AI4EO die Künstliche Intelligenz ins Spiel, denn hier geht es um Daten – viele Daten. Oder genauer gesagt, um Messungen wie sie Prof. Dr. Xiaoxiang Zhu, leitende Wissenschaftlerin von AI4EO nennt. „Für uns handelt es sich bei jedem Pixel eines Bildes um eine Messung“, erklärt sie. „Die Menge dieser Messungen in der Erdbeobachtung wächst unglaublich schnell und ist mittlerweile so groß, dass wir sie nur noch über KI-Verfahren auswerten können.“
Was aber soll die intelligente Auswertung von Satellitenbildern bringen? „Mit Hilfe von KI-Verfahren wollen wir das weltweite Wachstum von städtischen und ländlichen Regionen vermessen“, berichtet Prof. Zhu. Die Aufnahmen können mit KI-Methoden wie dem Deep Learning ausgewertet werden, zum Beispiel mit Blick auf verschiedene Gebäudetypen: Handelt es sich auf dem Bild um ein Wohn- oder ein Geschäftshaus? Dafür müssen die Forschenden die Algorithmen so trainieren, dass sie den Gebäudetyp erfassen und richtig zuordnen. Vereinfacht gesagt: Sie müssen der Maschine beibringen, wie sie auf einem Bild ein Wohnhaus erkennt und es als solches bezeichnet. Auf dieser Grundlage können dann digitale 3D-Modelle von bebauten Regionen erstellt werden. Ein Beispiel für den Nutzen solcher Modelle: „Verantwortlichen in Politik und Stadtplanung würde das wichtige Hinweise für eine nachhaltige Gestaltung der Städte in Zukunft geben“, ist Prof. Zhu überzeugt. Die KI-Analyse der Satellitendaten birgt aber noch mehr Chancen: Waldbrände könnten beispielsweise frühzeitig eingedämmt oder Maßnahmen für den Naturschutz abgeleitet werden. Möglicherweise ließe sich auch die Ernährung der Weltbevölkerung auf Basis der KI-Ergebnisse besser managen.
In den nächsten Monaten gibt es aber für das AI4EO noch einige grundlegende Fragen der KI im Zusammenhang mit der Erdbeobachtung zu untersuchen. Wie verlässlich und wie genau sind die Aussagen der KI-Modelle? Wie steht es um den Zugang zu den Daten und um ihren Schutz?
Das Labor: Starke Server und offene Räume
Riesige Bildschirme, Menschen, die große Aufnahmen von Erdoberflächen betrachten – sieht so in etwa das Labor von AI4EO aus? „Ganz so groß sind unsere Monitore nicht“, antwortet Dr. Daniela Espinoza-Molina, Science Managerin bei AI4EO. Die Power liege vielmehr in den Servern mit hoher Rechenleistung. Diese befinden sich auf einer Etage, die als „Open Office“ angelegt ist – große offene Räume, die zu Gesprächen und zur Zusammenarbeit einladen. Mitte September konnte die Science Managerin das Labor zum ersten Mal besichtigen, nun kümmert sie sich um die Ausstattung: „Moderne EDV haben wir schon, ein High-Power-Server wurde uns Mitte Dezember geliefert.“
Und dann? Dann wird Espinoza-Molina das zweitägige Kick-off-Meeting vorbereiten, das für Mai 2021 geplant ist. „Es wäre schön für uns, wenn wir wenigstens einen Tag davon in Präsenz durchführen könnten“, hofft sie. Auf der Agenda stehen Vorträge zu den Forschungs-Schwerpunkten von AI4EO, eine Podiumsdiskussion und eine Poster-Session für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
„Wir hoffen, dass alle Team-Mitglieder, die in diesem Jahr wegen Corona nicht reisen konnten, 2021 kommen können“, sagt Espinoza-Molina mit Blick auf das laufende Jahr. Für 2020 zieht sie dennoch eine positive Bilanz, und das nicht ohne Stolz: „Ich kann sagen, dass wir nun ein Running Team für das Labor haben.“