Gemeinsame politische Forschungsziele : , Thema: POLITISCHE ENTSCHEIDUNGSSTRUKTUREN
Auch der Europäische Forschungsraum (EFR) steht wie andere europäische Grundwerte auf einem vertraglichen Fundament. Gemeinsame Interessen der Forschungspolitik werden von allen 27 Mitgliedsstaaten vereinbart.
Die Europäische Union (EU) verbindet mehr als die gemeinsame Währung. Es sind vor allem übereinstimmende politische Ziele und die Achtung gemeinsamer Grundwerte wie Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Schutz von Minderheiten. Diese Ziele und Werte sind im Vertrag von Lissabon und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt. Denn die EU ist eine Vertragsgemeinschaft, die auf Basis gemeinsamer Werte (Art. 2 EUV – Vertrag über die Europäische Union) ihre Ziele in Verträgen festlegt. Diese Verträge bilden die Basis für das Handeln über nationalstaatliche Grenzen hinweg – das gilt nicht nur für den Euro, sondern auch für die gemeinsame Forschung.
Im EFR werden Erkenntnisse und Innovationen geteilt
Weil kein Land alleine die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie etwa den Klimawandel allein bewältigen kann, verständigen sich die EU-Mitgliedsstaaten in Forschung und Innovation auf gemeinsame Themen und Rahmenbedingungen. Die Vielfalt der nationalen Forschungssysteme bleibt dabei allerdings bestehen. Das gemeinsame Engagement im Europäischen Forschungsraum und die eingesetzten Fördermittel im EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation sind vertraglich geregelt. Im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten diese Aufgaben gemeinsam mit der EU umsetzen: Sie koordinieren ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet der Forschung und der technologischen Entwicklung, um die Politik der einzelnen Staaten mit den politischen Linien der Europäischen Union abzugleichen. Mentale Offenheit, Erfindungsreichtum und der Bereitschaft, Erkenntnisse und Innovationen miteinander zu teilen zeichnen die „Forschung Made in Europe“ aus.
95,5 Milliarden Euro für „Horizont Europa“
In diesem Geist arbeitet die Europäische Kommission. Sie ist das ausführende Organ der Union, quasi die Regierung Europas. Sie überwacht nicht nur das Europarecht, sie bündelt auch die politischen Ziele der EU – also auch die Interessen der Forschungs- und Innovationspolitik. Unter Federführung der EU-Kommission wird eine Gesetzesinitiative für das wichtigste Förderprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa" erarbeitet. Für Horizont Europa steht für die Programmlaufzeit von 2021-2027 ein Gesamtbudget von bis zu 95,5 Milliarden. Euro zur Verfügung. Bevor die Gesetzesinitiative umgesetzt wird, benötigt sie die Zustimmung des EU-Parlaments sowie des Ministerrates. Erst dann wird die Verteilung der finanziellen Mittel für die Forschung und Innovationen beschlossen. Im März 2021 wurde daraufhin der Strategieplan für „Horizont Europa“ angenommen. Damit wurden die Leitlinien für die Ausrichtung der Investitionen in den ersten vier Jahren des Programms festlegt. So wird sichergestellt, dass die Forschungs- und Innovationsmaßnahmen die politischen Ziele – ein klimaneutrales und grünes Europa, ein Europa für das digitale Zeitalter und eine Wirtschaft im Dienst der Menschen – verwirklichen.
Sie wollen mehr wissen zu den politischen Entscheidungsstrukturen der EU? Hier ein Überblick:
Kommission ergreift die Initiative
Die Kommission hat das Initiativrecht, sie macht Vorschläge für rechtliche Regelungen und bündelt die politischen Ziele der EU. Die Kommission legt die Verordnungsvorschläge (Verordnung = EU-Gesetz) zum EU-Haushalt und zum EU-Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation vor. Sie verhandelt auch mit Staaten außerhalb der EU über deren Beteiligung an Programmen.
Stellungnahme durch den Rat der Europäischen Union
Der Rat der Europäischen Union (EU-Ministerrat) legt die Position der Mitgliedstaaten und die künftigen Prioritäten der Umsetzung fest. Im Ministerrat verhandeln die jeweils zuständigen Fachministerinnen oder -minister und entscheiden über eine Stellungnahme zu der Gesetzesinitiative der Kommission.
Alle sechs Monate übernimmt ein anderer Mitgliedstaat den Vorsitz im Rat und hat die Möglichkeit, politische Prioritäten einzubringen. Deutschland hatte im zweiten Halbjahr 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernommen und trieb u.a. die Neuorientierung des Europäischen Forschungsraums voran.
Entscheidung durch Parlament und Rat
Europäisches Parlament und Rat verhandeln im Gesetzgebungsverfahren über die Kommissionsvorschläge zum EU-Haushalt und zum EU-Rahmenprogramm und verabschieden diese. Sie legen damit die Ausgestaltung des „Horizont Europas“ fest und bestimmen, wieviel Geld aus dem EU-Haushalt für die Förderung von Forschung und Innovation zur Verfügung steht.
Nationale Strategien stützen den europäischen Plan
Die EU-Mitgliedstaaten setzen sich dafür ein, dass die nationale Forschungs- und Entwicklungspolitik zur Erreichung der europäischen Ziele beiträgt. In Deutschland soll Ende des Jahres 2023 auf die bisherige EFR-Strategie von 2014 ein Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum folgen. Auch das BMBF-Förderprogramm „Die europäische Innovationsunion – Deutsche Impulse für den Europäischen Forschungsraum“, die Kofinanzierung von Forschungspartnerschaften sowie die Beteiligung an großen EU-Forschungsinfrastrukturen und bi- und multilaterale Förderprogramme mit anderen Mitgliedstaaten sind Beispiele dafür, wie Deutschland die vertragliche Basis ausgestaltet.