„Wir müssen die Mikroelektronik beherrschen“ : Datum: , Thema: Forschung
Elektronik, auf die wir uns verlassen können: Das ist ein Ziel der Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“. Doch was ist das eigentlich – und wie können Industrie und Politik den Grundstein dafür legen? Ein Interview mit Hans-Jürgen Straub.
bmbf.de: Herr Straub, warum ist es wichtig über „Vertrauenswürdige Elektronik“ zu sprechen?
Hans-Jürgen Straub: Digitale Elektronik dringt in alle Lebensbereiche vor: Intelligente Roboter mähen den Rasen, im Smart Home springt die Heizung an, wenn der Hausherr auf dem Heimweg ist und um die passende Beleuchtung kümmert sich das Haus auch selbst. Grundlage dafür ist die Mikroelektronik – und auf die müssen wir uns verlassen können.
Was genau heißt das?
Ein Elektronik-Chip ist ein Schaltkreis, der Informationen mittels Strom verarbeitet. Vereinfacht gesagt: Ein Signal kommt an und wird bearbeitet und weitergegeben. Dabei muss sichergestellt sein, dass niemand das Signal abhören oder schlimmstenfalls verändern kann.
Wo sehen Sie Gefahren, wenn beispielsweise fremde Mächte über Elektronik-Hintertüren das Licht ausknipsen?
Die Gefahr liegt in den großen Dimensionen: Würde eine fremde Macht das Licht in einem Haus kontrollieren, wäre das ärgerlich. Hätte sie aber die Kontrolle über viele Häuser, könnte sie das ganze Stromnetz destabilisieren.
Wie kann man das verhindern?
Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Aber dieser kann man sich bestmöglich nähern, wenn man von der Anwendungsseite her denkt. Also: Was sind eigentlich kritische Bereiche, die wir schützen müssen? Künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Medizintechnik, Energieversorgung: Wenn wir dabei international eine Rolle spielen wollen, müssen wir die Mikroelektronik beherrschen.
Was heißt das für die Industrie?
Von der Chip-Planung und -Entwicklung über die Fertigung bis hin zur Auslieferung muss jeder Schritt nachvollziehbar sein. Dafür muss definiert sein, was eine zuverlässige Produktions- und Lieferkette ist – hier brauchen wir gemeinsame Standards.
Muss denn jeder Chip aus Deutschland und Europa kommen?
Nicht zwangsläufig – sofern sich auch internationale Hersteller an nachvollziehbare Standards halten. Dennoch wäre es wünschenswert. Deutschland ist in Forschung und Entwicklung stark. Doch was nützt das, wenn man dann nicht selbst produziert? Wir brauchen die Fähigkeiten und Kapazitäten, vertrauenswürdige Chips zu entwickeln und zu produzieren.
Welche Erwartungen haben Sie an die Leitinitiative des Bundesforschungsministeriums zu „Vertrauenswürdiger Elektronik“?
Ich bin überzeugt, dass Politik und Industrie damit etwas bewegen können. Mit dem gebündelten Know-how können wir kritische Bereiche analysieren – und dafür gemeinsam aus der Forschung heraus definieren, was für eine sichere und zuverlässige Elektronik zu tun ist.