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Viren Schritt für Schritt entschlüsseln : Datum: , Thema: infektionsforschung

Bei einer drohenden Pandemie ist eine schnelle Diagnostik entscheidend. Ein vom BMBF gefördertes Projekt hat dafür eine Datenbank für die Entschlüsselung unbekannter Viren aufgebaut. Mikrobiologin Anne Pohlmann erklärt, welche Vorteile das hat.

Laborant
Im Projekt "DetektiVir" haben die Forschenden eine Datenbank für die Entschlüsselung unbekannter Erreger aufgebaut.   © Adobe Stock / motortion

bmbf.de: Frau Pohlmann, MERS, SARS, „2019 nCoV“: Warum sind es immer wieder Coronaviren, die als mögliche Pandemie-Erreger Schlagzeilen machen?

Anne Pohlmann: Coronaviren sind auf sehr viele verschiedene Wirte angepasst – überwiegend auf Tiere. Zudem sind sie genetisch sehr variabel. Das heißt, sie verändern häufig ihr Erbgut. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ihnen in einer neuen Variante der Übergang auf einen neuen Wirt gelingt – so wie es aktuell mit dem neuartigen Coronavirus „2019 nCoV“ in China geschehen ist.

Hilft diese „Verwandlungskunst“ den Viren, sich lange Zeit unerkannt zu verbreiten?

Ja, das erschwert natürlich den Nachweis. Beim ersten Auftreten haben wir es meist mit Erregern mit völlig neuen Gensequenzen zu tun. Wir wissen also nicht, „wer“ die Infektion verursacht hat. Doch gerade diese Information – also die schnelle Diagnostik – kann entscheidend sein, um Epidemien und Pandemien zu verhindern.

Im BMBF-geförderten Projekt „DetektiVir“ haben Sie sich genau das zum Ziel gesetzt: Neue Viren schnell erkennen und Nachweise entwickeln. Aber wie kommt man einem „Unbekannten“ auf die Schliche?

In dem wir sein Erbgut Stück für Stück entschlüsseln! Mit neuesten Methoden wie dem Next Generation Sequencing oder der Microarray-Diagnostik können wir die Nukleinsäuren der Viren analysieren. Das sind die Träger aller Erbinformationen – also die DNA und die RNA. Durch diese Analyse erhalten wir detaillierte Infos über die Eigenschaften der Viren.

Was lernen Sie aus diesen Infos?

Das Wissen hilft uns, neue Diagnostika zu entwickeln. Zum einen kann das der reine Nachweis sein. Also: Wer hat wirklich das gesuchte Virus? Zum anderen können wir mit sogenannten Antigen-basierten Nachweisen ganze Infektionsketten aufzeigen. Also: Bei welchem Wirt war das Virus schon einmal; wo liegt möglicherweise der Ursprung? Das lässt sich indirekt über Antikörper des Wirts nachweisen.

…und dennoch müssen Sie erst warten, bis sich neue Viren zeigen. Gibt es keine Möglichkeiten der Prävention?

Doch – indirekt, indem wir Daten sammeln. Umso mehr Proben wir aus der Umwelt und dem Tierreich analysieren, desto schneller und besser können wir auch auf neue Viren reagieren. Daher haben wir in unserem Projekt eine Datenbank aufgebaut, in der alle Daten intelligent verknüpft und ausgewertet werden. So können wir neue Viren mit Altbekannten vergleichen, Gemeinsamkeiten finden oder Unterschiede erkennen. All das hilft bei der schnellen Diagnose – und somit auch dabei, eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Frau Pohlmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Projekt "DetektiVir"

Das Projekt „Ad-hoc-de-novo-Detektion viraler Erreger mit adaptiver Diagnostik zur Verhinderung von Epidemien (DetektiVir)“ wurde von 2015 bis 2018 vom Bundesforschungsministerium im Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“ gefördert. Am Projekt beteiligt waren das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) mit Koordinatorin Anne Pohlmann, die Scopeland Technology GmbH und die JPT Peptide Solution GmbH.