Vermüllung der Ozeane: "Jeder kann etwas dagegen tun“ : Datum: , Thema: Forschung
Die Wanderausstellung "Ocean Plastics Lab" informiert über Plastikmüll im Meer. Im Gespräch mit bmbf.de erzählt Projekt-Koordinatorin Julia Schnetzer, wie Forschung helfen kann, die Meere zu schützen.
bmbf.de: Was sind die drei wichtigsten Dinge, die jeder von uns tun kann, um die Meere vor Plastik zu bewahren?
Julia Schnetzer: Erstens können wir beim Einkaufen darauf achten, weniger Plastik zu verbrauchen – indem wir weniger Plastikverpackungen kaufen und indem wir generell weniger konsumieren. Zweitens können wir unseren Müll richtig entsorgen, sodass er besser recycelt werden kann. Und drittens können wir weniger Kleidung aus synthetischen Materialien wie Fleece tragen. Denn bei jedem Waschgang geraten Mikrofasern ins Abwasser, die von vielen Kläranlagen nicht herausgefiltert werden können oder als Klärschlamm auf den Feldern landen.
Was können Besucherinnen und Besucher des Ocean Plastics Lab lernen?
Die Ausstellung besteht aus vier Containern: Der erste Container zeigt Kunst: Die Besucher tauchen buchstäblich in das Plastikproblem ein und bekommen ein Gefühl dafür, wie viel Müll im Meer schwimmt. Im zweiten Container geht es um Wissenschaft: Mit welchen Methoden untersuchen Wissenschaftler Plastik im Meer, woher kommt es und wo kann man es überall finden? Hier erfahren die Besucher zum Beispiel, dass es in den Weltmeeren fünf gigantische Müllstrudel gibt und dass Forscher schon in jedem Ökosystem der Erde Plastik gefunden haben, selbst in so entlegenen Regionen wie der Arktis und Antarktis. Im dritten Container geht es dann darum, was mit Plastik im Meer passiert und wie es die Meeresumwelt beeinflusst: Mit der Zeit zersetzen Wellen und UV-Strahlen das Plastik und es zerfällt in immer kleinere Partikel. Wenn die Partikel kleiner als fünf Millimeter sind, sprechen wir von Mikroplastik. Dementsprechend betreffen die Auswirkungen Tiere in den unterschiedlichsten Größen, angefangen beim winzigen Plankton bis hin zum Wal, dem größten Lebewesen der Erde. Im vierten Container geht es schließlich darum, das Plastikproblem in den Griff zu kriegen. Hier stellen wir Projekte aus der ganzen Welt vor. Und wir zeigen, dass wir das Problem nur gemeinsam angehen können – Forschung, Industrie, Politik und Verbraucher müssen alle an einem Strang ziehen.
Was ist die wichtigste Aussage der Ausstellung?
Die Vermüllung der Ozeane geht uns alle an und jeder kann etwas dagegen tun!
Was kann die Wissenschaft tun, um die Vermüllung der Meere zu stoppen?
Um die weitere Plastikverschmutzung der Meere zu vermeiden, müssen wir wissen, wo das Plastik herkommt und wie es in die Meere gelangt. Dabei kann uns die Forschung helfen. Und dann kann die Wissenschaft Lösungen entwickeln, wie wir die Meere von dem Plastik befreien, das schon dort ist. Es ist nämlich keine gute Lösung, einfach alles Plastik aus den Meeren herauszufiltern, da wir dann immer auch die Meereslebewesen herausfiltern, die wir eigentlich schützen möchten. Dann wären die Meere tot. Außerdem kann die Forschung herausfinden, wie sich Mikroplastik auf Lebewesen auswirkt. Um die Meere wirksam zu schützen, müssen wir sie zunächst verstehen.
Was haben Sie als Projektleiterin des Ocean Plastics Lab gelernt?
Ich habe viel über Plastik im Meer gelernt. Außerdem habe ich erfahren, dass es auf der ganzen Welt viele Menschen gibt, die sich für die Rettung der Meere engagieren. Und ich hatte auf den bisherigen Stationen in Turin, Paris und Brüssel schon tolle Erlebnisse: In Brüssel habe ich zum Beispiel mit dem Vater eines fünfjährigen Jungen gesprochen, der mir erzählt hat, dass er schon zum dritten Mal da ist, weil sein Sohn die Ausstellung so liebt. Die extrem positiven Rückmeldungen der Besucher zeigen mir, dass es uns gelungen ist, die Ausstellung so zu gestalten, dass sie dank der interaktiven Elemente auch für Kinder spannend ist. Das freut mich besonders, weil der Inhalt recht anspruchsvoll ist.
Was ist Ihre Vision für die Zukunft der Meere?
Die positive Vision ist, dass es uns gelingt, die Meere zu schützen. Denn Plastik ist nur eines der Probleme, unter denen die Meere leiden. Dazu kommen Versauerung, Erwärmung, Tiefseebergbau, Überfischung und die Zerstörung der Korallenriffe. Ich habe den Eindruck, dass der Meeresschutz immer mehr Menschen am Herzen liegt. Wir müssen die Ozeane für die nächsten Generationen erhalten, damit auch unsere Kinder die Faszination Meer erleben können. Ich würde mir wünschen, dass ich die Meere so sehen könnte, wie sie vor der Erfindung des Plastiks und der Industrialisierung der Fischerei aussahen. Ich habe mal einen Tagebucheintrag des Seefahrers und Entdeckers James Cook gelesen, in dem er beschreibt, wie er in Polynesien ankam: Das Wasser war voller Leben, es wimmelte von Haien und Schildkröten.
Wie sähe eine ideale Welt ohne Plastik aus?
Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn Plastik ist ein sehr praktisches Produkt. Wir müssen einerseits weniger Plastik verbrauchen und andererseits Plastik besser wiederverwerten. Alternativen zu Plastik sind bei näherem Hinsehen oft nicht besser: Papiertüten sind zum Beispiel sehr energieaufwändig in der Produktion und führen somit zu mehr CO2-Emissionen; andere Alternativen verbrauchen viel Wasser oder führen zu Bodendegeneration. Es gibt inzwischen alternative Produkte zu Styroporverpackungen, die aus Mais oder Milchproteinen bestehen. Wenn wir aber plötzlich ganz viel Mais für unsere Verpackungen nutzen, nehmen wir anderen Menschen ihre Nahrung weg. Ich habe die Hoffnung, dass die Forschung neue Materialien entdeckt, die eine echte Alternative zu Plastik bieten. Häufig sind Verpackungen schlicht überflüssig.