31.03.2010 - 30.06.2010

Bekanntmachung

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien zur Förderung der empirischen Bildungsforschung im Bereich „Chancengerechtigkeit und Teilhabe. Sozialer Wandel und Strategien der Förderung“

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck

Der soziale und demographische Wandel hat erhebliche Auswirkungen sowohl auf individuelle als auch auf institutionelle Bildungsprozesse. Die Frage des gerechten Zugangs zu Bildung, der Teilhabe am Bildungssystem und der Aufstiegschancen durch Bildung ist eine der wichtigsten sozialen und wirtschaftlichen Fragen des 21. Jahrhunderts.

Während der letzten Jahrzehnte wurden geschlechtsspezifische, konfessionelle und regionale Ungleichheiten beim Zugang zu den Institutionen weiterführender Bildung weitgehend aufgehoben, soziale Ungleichheiten konnten allerdings nur abgemildert werden. Die Prozesse der Bildungsexpansion wurden nicht zuletzt von einem historisch beispiellosen Ausbau der Schulangebotsstrukturen getragen, der aufgrund der verschiedenen Facetten des demographischen Wandels derzeit erheblichen Veränderungen unterzogen ist. Damit sind neue bildungspolitische Strategien gefragt.

Ziel des Förderschwerpunkts ist es, Ausmaß, Erscheinungsformen und Ursachen – auch neu zu beobachtender – ungleicher Bildungsteilhabe sowie die Wirkungsweise von Maßnahmen, Programmen und Reforminstrumenten zur Verringerung von Bildungsungleichheit, insbesondere zur Verringerung der „Risikogruppen“ im Bildungssystem, zu untersuchen, um Förderstrategien für die pädagogische Praxis weiterentwickeln zu können. Dies setzt empirische Kenntnisse über die beteiligten Akteure in ihren sozialen Lebenswelten, ihre Bildungsstrategien und -einstellungen voraus. Akteure sind v. a. Kinder und Jugendliche selbst, weil sie weder nur Teil der Familie noch passive Adressaten in Bildungsinstitutionen sind, aber auch das pädagogische Personal und die Eltern. Über formale Bildungssettings hinaus sind non-formale und informelle Bildungsprozesse mit ihren möglichen kompensatorischen Funktionen oder auch gegenseitig (negativ) verstärkenden Wirkungen einzubeziehen.

Ein Schwerpunkt der Förderung sind Untersuchungen zu den Mechanismen der Bildungsmobilität und des Bildungserfolgs von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, da hier ein besonderer wissenschaftlicher Erkenntnisbedarf besteht.

1.2 Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu §§ 23, 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet vorbehaltlich der ordnungsgemäßen Verabschiedung des Bundeshaushalts und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens. Gemäß Verwaltungsvorschrift (VV) Nr.1.3 zu § 44 BHO dürfen Zuwendungen zudem nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind.

2. Gegenstand der Förderung

Die Fördermaßnahme bezieht sich auf empirische Forschungsvorhaben zu gegenwärtigen Erscheinungsformen ungleicher Bildungsteilhabe infolge des sozialen und demographischen Wandels im Wechselwirkungsverhältnis institutioneller und individueller Bildungsprozesse. Untersucht werden sollen dabei insbesondere auch die Gelingensbedingungen für die erfolgreiche Teilhabe am Bildungssystem und erfolgreiche Bildungsprozesse sowie die Wirkungsweise von Reforminstrumenten zur Verringerung des Zusammenhangs von sozialer Herkunft und Bildungserfolg.

Neben der (funktionalen) Evaluationsperspektive auf der Makroebene soll eine (lebensweltliche) Differenzialperspektive auf der Mikroebene eingenommen werden. Zur Realisierung eines solchen empirischen Forschungsprogramms erscheinen besonders geeignet

  • Längsschnittuntersuchungen (mit Vergleichsgruppen),
  • Kontrastive Fallanalysen,
  • Interventionsstudien, die Programme und deren praktische Umsetzung vergleichen und bewertbar machen,
  • Reanalysen vorhandener Datensätze (z. B. PISA, SOEP),
  • Metaanalysen von relevanten Evaluationsbefunden (national und international).

Die Forschungsvorhaben sollen folgenden Prinzipien genügen:

  • Interdisziplinarität: Die Einbeziehung verschiedener disziplinärer Ansätze (z. B. Verbindung von erziehungswissenschaftlichen, pädagogisch-psychologischen, soziologischen, kulturgeographischen Fragestellungen und Forschungsmethoden) ist im Regelfall nachzuweisen.
  • Theoriegeleiteter Zugang und internationale Anschlussfähigkeit: Die Forschungsvorhaben sollen an etablierten Theorien und Konzepten der Bildungsforschung und der Transmission von Bildungsungleichheit anknüpfen und die Anschlussfähigkeit an den internationalen Forschungsstand gewährleisten.
  • Empirischer Zugang: Es werden ausschließlich empirische Forschungsvorhaben (quantitative und/oder qualitative Zugänge) gefördert.
  • Anwendungsbezug: Die zu erwartenden Ergebnisse sollen Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Maßnahmen zur Verringerung von Bildungsungleichheit bieten, die für die Entwicklung von Förderstrategien für die pädagogische Praxis sowie für die Aus- und -fortbildung des Personals in Bildungsinstitutionen relevant sind.

I. Folgen des demographischen Wandels und Veränderungen im Schulsystem

Der demographische Wandel führt bundesweit zu Veränderungen im Schulangebot, die auch kommunale Entwicklungsperspektiven berühren. Wo der Geburtenrückgang mit ökonomischen Strukturkrisen zusammenfällt, drohen Regionen, Städte oder Stadtteile zu „Abwanderungsregionen“ zu werden. Diese Konstellationen stellen neben der Vollständigkeit der regionalen Schulangebotsstrukturen vielfach auch die traditionelle Gliederungsstruktur des Sekundarschulwesens in Frage. Neue Formen des Verbunds von Schulformen und der kommunalen Kooperation (bis zur vollzeitschulischen Berufsausbildung) werden eingeführt oder befinden sich in der Erprobung.

Gefördert werden können

  • vergleichende Analysen, wie sich die Dimensionen des demographischen Wandels auf regionale und lokale Schulangebote im Hinblick auf soziale Ungleichheits- bzw. Ausgleichsprozesse auswirken (verschiedene Strukturtypen von Regionen, kleinräumige Segregationsprozesse);
  • Analysen zu den Strategien in Ländern, Regionen, Kommunen und Schulen, um Formen der sozialen Ungleichheit in Schulen und deren sozialräumlichen Umfeld zu bearbeiten (z. B. Dezentralisierung, Aufhebung von Schulbezirken, mehr Wahlmöglichkeiten der Eltern), Chancen und Risiken;
  • kontrastive Fallanalysen auf der schulischen Ebene zu den Veränderungen der sozialen Zusammensetzung von Schulklassen sowie zur Bedeutung entstehender differentieller Entwicklungsmilieus für Bildungslaufbahnen und Bildungsaspirationen; Untersuchungen auf schulischer Ebene zu Strategien und Kriterien, gezielt Schüler aufzunehmen/abzulehnen, Klassen und Lerngruppen zusammenzusetzen und so den Kontext der Altersgleichen zu gestalten;
  • Untersuchungen von Maßnahmen zur Förderung der formalen Schulabschlüsse und der Ausbildungsfähigkeit (z. B. Förderklassen; Übergangsklassen von der Realschule ins Gymnasium, Berufsvorbereitungsklassen im Übergangssystem zur beruflichen Bildung);
  • Untersuchungen von Maßnahmen zum Abbau von Bildungsungleichheit (z. B. flexible Eingangsstufen, Reduzierung des Sitzenbleibens, Sprachförderung, Veränderung des Übergangs in die Sekundarstufen I und II, Zusammenschlüsse von Sekundarschulen und Auflösung von Hauptschulen, erleichterter Zugang von Haupt- und Realschulen in das Berufsbildungssystem und gymnasiale Oberstufen) sowie von Maßnahmen, die Nebenwirkungen auf Veränderungen in der sozialen Auslese erzielen (z. B. Auflösung der Grundschulbezirke, Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft, Schulzeitverkürzung, zentrale Prüfungen).

II. Bildungsverläufe und individuelle Bildungsprozesse

Bildungsverläufe und individuelle Bildungsprozesse entstehen im Zusammenspiel eines intersubjektiven Handlungsgeschehens, individueller Entscheidungen, sozialer Bedingungen und intergenerationaler Vorerfahrungen. Um die Reproduktion ungleicher Bildungsteilhabe zu verstehen, ist der analytische Blick auf das in der Lebenszeit ablaufende komplexe Geschehen von Bildungsprozessen zu richten, auf sozial unterschiedliche Lebenslagen und bedingungen von Kindern und Jugendlichen, die je eigenen Logiken, Sinnstrukturen und Anerkennungsverhältnisse in familialen Interaktionen und Peer-Beziehungen.

Gefördert werden können - insbesondere vergleichende - Untersuchungen

  • zur Genese von Bildungsverläufen im Zusammenspiel eines intersubjektiven Handlungsgeschehens, individueller Entscheidungen, sozialer Bedingungen und intergenerationaler Vorerfahrungen;
  • zur Ausbildung von Bildungsaspirationen und unterschiedlicher (Bildungs-) Habitus, insbesondere unter Berücksichtigung der Lebensformen und Identitätsmuster von Kindern und Jugendlichen in riskanten Lebenslagen, deren Anschluss an den legitimen Bildungshabitus und Erreichbarkeit für unterstützende Maßnahmen und Programme;
  • zur Herausbildung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in Abhängigkeit von Rahmenbedingungen, Beziehungserfahrungen, der Qualität von Beziehungen (Eltern-Kinder, andere nahe Erwachsene-Kinder, Freunde), Bildungsprozessen und Bildungserfolg;
  • der Bildungsverläufe von in und nach der Schule erfolgreichen und nicht erfolgreichen Jugendlichen, die vergleichbaren „Risikogruppen“ angehören.

III. Institutionelle Strukturen und Akteure im Bildungssystem

In Bildungsinstitutionen treffen Sichtweisen und Handlungslogiken von Eltern, Schülern und pädagogischem Personal aufeinander. Für die Weiterentwicklung der Aus- und Fortbildung ist von Belang, welchen Anteil an der Zuweisung von Bildungschancen institutionelle Strukturen und welche Möglichkeiten aktiver Einflussnahme auf den Abbau von Bildungsungleichheit die Lehrkräfte haben. Die professionelle Reflexion und Bearbeitung sozialer Disparitäten in Bildungsinstitutionen erfolgt dabei im Spannungsfeld von personellen und räumlichen Ausgangsbedingungen zu Alltagstheorien und kulturellem Habitus des pädagogischen Personals.

Gefördert werden können - insbesondere vergleichende - Untersuchungen

  • zu selektiven Effekten der Relation zwischen Lehrerhabitus (Einstellungen, pädagogisch-didaktische Handlungspräferenzen, Diagnostik) und den sozial heterogenen Habitus der Schülerinnen und Schüler im Kontext der Logik pädagogischen Handelns in Bildungsinstitutionen und deren Einfluss auf Bildungswegentscheidungen bzw. Bildungsverläufe;
  • zu institutionell bedingten Hemmnissen (Optimierung der institutionellen Handlungsbedingungen, Erwartungen und „Zumutungen“ der Lehrkräfte, „Pygmalion-Effekt“, gruppenspezifische Zuschreibungen) beim Übergang in das weiterführende Schulsystem oder in die berufliche Ausbildung;
  • zur institutionellen Gestaltung von Bildungsverläufen (unterschiedliche Gestaltung von Übergängen und Durchlässigkeiten) und deren Nutzung durch Eltern, Schüler und Lehrer bei Entscheidungen für Bildungslaufbahnen sowie
  • Interventionsstudien zur Wirksamkeit entsprechender Programme und Fortbildungsmaßnahmen für das pädagogische Personal (Kita, Schule, Berufsvorbereitungsklassen/Berufsfördermaßnahmen im Übergangssystem).

IV. Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Auf welchen Mechanismen die im internationalen Vergleich geringeren Bildungserfolge von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund basieren, ist weithin ungeklärt. Grundsätzlich kann die Erforschung ansetzen: (a) an besonderen Eigenschaften des Bildungssystems, (b) an besonderen Eigenschaften der jeweiligen Schüler einschließlich ihrer Herkunftsfamilien und sozialen Kontexte, z. B. der sozialstrukturellen Komposition von Schülern, peer groups, Nachbarschaften; (c) Interaktionseffekten im Sinne von Mehrebenen-Prozess-Analysen. Gefördert werden sollen Untersuchungen zu den Ursachenbündeln (a und b), um eine solidere Grundlage für die Analyse von Selektions- und Wechselwirkungsprozessen zu schaffen,

  • zur Ausstattung von Familien mit Migrationshintergrund mit sozialem und kulturellem Kapital und dessen Wirksamkeit sowie zu den Primär- und Sekundäreffekten der sozialen Herkunft mit dem Ziel der Entwicklung eines dynamisierten Modells von Bildungsentscheidungen unter Migrationsbedingungen bei Differenzierung nach ethnischer Zugehörigkeit und im Vergleich mit einer autochthonen Referenzpopulation; zu den Bildungsstrategien verschiedener Ethnien im regionalen Umfeld und zu den Mechanismen der Selbstexklusion im Verlauf der Bildungsbiographien;
  • zur Aufklärung von mit dem individuellen Bildungs- und Lernerfolg verknüpften psychologischen Variablen, zu interindividuellen Unterschieden (Lernmotivation, Selbstwirksamkeitserwartung, akademisches Selbstkonzept, Kausalattributionen bei Erfolg/Misserfolg); zur Beeinträchtigung kognitiver und motivationaler Funktionen durch Lernkontexte, zum Einfluss von Misserfolgserfahrungen oder erlebter Diskriminierung auf Bildungsentscheidungen; „Cooling out“-Prozesse im Übergang Schule-Ausbildung; zu Resilienzfaktoren; zu Mechanismen des Erkennens wie des Verkennens von Begabungen;
  • zu Beratungskonzepten von Bildungsinstitutionen und anderen Beratungsstellen, zur Entwicklung einer kultursensiblen Diagnostik im Bereich der Bildung und Ausbildung und zur Bildungsarbeit von Migrantenorganisationen (außerschulische Bildungsarbeit, Vernetzung); zur Partizipation von Migranteneltern am Schulleben und den Effekten auf Bildungsmotivation und –erfolg ihrer Kinder.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung beabsichtigt darüber hinaus, im Bereich "Chancengerechtigkeit und Teilhabe im sozialen und demographischen Wandel" eine Koordinierungsstelle einzurichten, die vor allem folgende Aufgaben übernehmen soll:

  • Vernetzung der geförderten Forschungsprojekte untereinander sowie mit thematisch verwandten Forschungs-, Entwicklungs- und darauf bezogenen Evaluationsprojekten, u. a. durch die Einrichtung einer Plattform für den projektübergreifenden Informationsaustausch und durch die Organisation von in der Regel jährlich stattfindenden Workshops bzw. Symposien, einschließlich spezieller Veranstaltungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs;
  • Aufbereitung von projektübergreifenden Ergebnissen für die Öffentlichkeit, u. a. für das Subportal "Empirische Bildungsforschung" des BMBF;
  • Vorbereitung des Transfers der in den Forschungsprojekten gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere durch den zielgerichteten Informationsaustausch zwischen Wissenschaft, Bildungspolitik und Bildungsadministration.
    Nicht gefördert werden Vorhaben ohne anschlussfähige Theoriebasierung, Vorhaben ohne Anschluss an den aktuellen Forschungsstand sowie reine Einzelfall-Analysen.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind staatliche und nicht-staatliche Hochschulen sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen ergänzend zu Ihrer Grundfinanzierung eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert ausschließlich empirisch-analytische Forschungsvorhaben, die systematische verallgemeinerbare Erkenntnisse zum unter 2. skizzierten Gegenstand der Förderung erwarten lassen und ein den Standards der empirischen Forschung entsprechendes Design einsetzen.

Die Antragstellerinnen/Antragsteller müssen durch wissenschaftliche Vorarbeiten im beantragten Forschungsbereich sehr gut ausgewiesen sein. Die Antragstellerinnen/Antragsteller werden gebeten, dem Antrag eine Liste ihrer einschlägigen Forschungen und Publikationen der letzten fünf Jahre beizufügen. Von den Antragstellerinnen/Antragstellern werden eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Bereitschaft zum fachlichen Austausch mit weiteren geförderten Forschungsvorhaben erwartet.

Die Durchführung eines Forschungsvorhabens erfordert ggf. die Zustimmung des jeweiligen Landes, in dem die Forschung durchgeführt werden soll, und die Beachtung der jeweils geltenden Genehmigungsverfahren. Es wird empfohlen, bereits bei der Konzeption darauf zu achten, dass im Falle der Forschung in Bildungseinrichtungen deren Belastung (insbesondere bei Fragebogenerhebungen) so gering wie möglich zu halten ist.
Im Rahmen dieser Fördermaßnahme für die empirische Bildungsforschung werden sowohl Einzel- als auch Verbundprojekte gefördert. Im Fall von Verbünden wird eine gemeinschaftliche Bewerbung der Interessentinnen/Interessenten in Form der Vorlage einer gemeinsamen Vorhabenbeschreibung vorausgesetzt.

Jede Vorhabenbeschreibung muss die Unterschrift der/des Hauptverantwortlichen für das geplante Vorhaben tragen. Partnerinnen/Partner innerhalb einer Institution haben in geeigneter Weise eine Vereinbarung über ihre Zusammenarbeit zu treffen. Sofern unterschiedliche Institutionen beteiligt sind, haben alle Partnerinnen/Partner eines solchen Verbundes ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der endgültigen Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft nach bestimmten, vom BMBF vorgegebenen Kriterien nachgewiesen werden. Einzelheiten können einem BMBF-Merkblatt - Vordruck 0110 - ( www.foerderportal.bund.de) entnommen werden.

Antragstellerinnen/Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

Die Antragstellerinnen/Antragsteller verpflichten sich, die im Rahmen des Projektes gewonnenen Daten nach Abschluss des Projekts in weitergabefähiger Form einer geeigneten Einrichtung (z. B. dem Zentralarchiv für empirische Sozialforschung an der Universität Köln [ZA] oder einem Forschungsdatenzentrum) zur Verfügung zu stellen. Dort werden die Daten archiviert, dokumentiert und auf Anfrage für weitere wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung gestellt.

Antragstellerinnen/Antragsteller verpflichten sich, die Ergebnisse ihrer Vorhaben außer für die Fachöffentlichkeit zusätzlich auch zur Veröffentlichung für ein breites bildungspolitisch interessiertes Publikum aufzubereiten. Hierzu zählt die Bereitschaft, geeignete Vorhabenergebnisse im Rahmen der BMBF-Schriftenreihe „Bildungsforschung“ zu veröffentlichen. Veröffentlichungen sollen u. a. auf dem Subportal "Empirische Bildungsforschung" des BMBF abrufbar sein. Dieser Beitrag zur Verwertung/Öffentlichkeitsarbeit lässt die Regelungen der Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98) sowie die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (NKBF 98) unberührt.

Antragstellerinnen/Antragsteller müssen sich ferner bereit erklären, Angaben über ihr Vorhaben in standardisiertem Format zur Veröffentlichung im genannten Internetportal zur Verfügung zu stellen.

5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung für einen Zeitraum von in der Regel bis zu drei Jahren als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden. In besonders begründeten Fällen kann eine zweite Förderphase von erneut bis zu drei Jahren beantragt werden. Ein Anspruch auf Förderung einer zweiten Phase besteht nicht.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100 % gefördert werden können.

Zuwendungsfähig sind Personalausgaben, Sachmittel und Ausgaben für Dienstreisen im Inland sowie in begründeten Ausnahmefällen weitere Finanzpositionen.

Das BMBF ist bestrebt, den internationalen Austausch auf dem Gebiet der empirischen Bildungsforschung zu verbessern. Mittel für Auslandsreisen und Auslandsforschungsaufenthalte sind grundsätzlich zuwendungsfähig, wenn dadurch Synergien und internationale Vernetzung erwartet werden können.

Es wird besonderer Wert auf die Qualifizierung von nicht promovierten Nachwuchswissenschaftlerinnen/Nachwuchswissenschaftlern gelegt. Deren Einstellung soll daher mit wissenschaftsüblichen Personalstellen gefördert werden. Neben der Beschreibung des Forschungsvorhabens sind Ausführungen dazu notwendig, wie die Projektarbeiten konkret mit den Qualifizierungsarbeiten der Nachwuchswissenschaftlerinnen/Nachwuchswissenschaftler verbunden werden sollen.

Das BMBF fördert den fachlichen Austausch und die Vernetzung der an den bewilligten Forschungsvorhaben Beteiligten. Zu diesem Zweck können Mittel für Reisen zu Workshops und Symposien beantragt werden, die von der Koordinierungsstelle veranstaltet werden.

Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen.

6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF98).

7. Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers

Mit der fachlichen und administrativen Betreuung der Fördermaßnahme hat das BMBF seinen Projektträger beauftragt:

Projektträger im DLR
Empirische Bildungsforschung
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Tel.: 0228-3821 782
Fax: 0228-3821 257

Ansprechpartnerin ist Frau Dr. Sandra Konrad

Es wird empfohlen, vor Antragstellung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Dort sind weitere Informationen und Erläuterungen erhältlich.

Zur Beratung der Antragstellerinnen/Antragsteller ist am 20.05.2010 eine Informationsveranstaltung in den Räumen des Projektträgers vorgesehen. Bitte melden Sie sich unter der o.g. Adresse an und nennen Sie ein Stichwort zum Inhalt Ihres geplanten Vorhabens.

7.2 Förderverfahren

Das Förderverfahren ist zweistufig angelegt.

7.2.1 Vorlage und Auswahl von Vorhabenbeschreibungen

In der ersten Verfahrensstufe sind dem Projektträger zunächst Vorhabenbeschreibungen bis spätestens 30. Juni 2010 in deutscher Sprache auf dem Postweg sowie in elektronischer Form vorzulegen. Bei Verbundprojekten sind die Vorhabenbeschreibungen in Abstimmung mit dem vorgesehenen Verbundkoordinator vorzulegen.

Aus der Vorlage einer Vorhabenbeschreibung kann kein Rechtsanspruch auf Förderung abgeleitet werden. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Vorhabenbeschreibungen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Bestandteil des Verfahrens ist eine fachliche Prüfung unter Einbezug externer Gutachterinnen/Gutachter. Die Vorhabenbeschreibungen müssen daher alle fachlichen Angaben enthalten, die eine abschließende gutachterliche Stellungnahme erlauben. Über die Vorhabenbeschreibung hinaus gehende Dokumente werden nicht in die Begutachtung einbezogen. Die Vorhabenbeschreibungen dürfen einen Umfang von 15 Seiten für ein Einzelvorhaben und 20 Seiten bei Verbünden (ohne Anlagen) nicht überschreiten. Die Vorhabenbeschreibungen sind in 15 Exemplaren (DIN A4, doppelseitig, 11 pt und 1 Exemplar einseitig und ungebunden als Kopiervorlage) sowie als pdf-Dokument auf CD-ROM vorzulegen. Das Original der Vorhabenbeschreibung muss die Unterschrift der/des Hauptantragstellers für das geplante Vorhaben tragen.

Die vorgelegten Vorhabenbeschreibungen werden unter Einbezug von im Gegenstandsbereich der Fördermaßnahme ausgewiesenen, unabhängigen externen Gutachterinnen/Gutachtern nach folgenden Kriterien bewertet:

  • Relevanz der Fragestellung, Anschlussfähigkeit an den internationalen Forschungsstand, Interdisziplinarität
  • Anknüpfen an etablierten Theorien und Konzepten der Bildungsforschung und der Transmission von Bildungsungleichheit
  • Angemessenheit des Forschungsdesigns, Realisierbarkeit des Arbeitsprogramms, Finanzierungs- und Zeitplan
  • Nachweis einschlägiger Vorarbeiten der Antragsteller/Antragstellerinnen (siehe auch unter 4.),
  • Relevanz der erwarteten Ergebnisse für die Weiterentwicklung im Bildungssystem und Anwendungsbezug der Ergebnisse

Auf der Grundlage der Bewertung werden die für eine Förderung geeigneten Anträge ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Antragstellern/Antragstellerinnen schriftlich mitgeteilt.
Die Vorhabenbeschreibungen sind entsprechend der nachfolgenden Gliederung anzulegen und müssen Aussagen zu allen Punkten enthalten:

A. Allgemeine Angaben zum Vorhaben
  • Titel/Thema des Forschungsprojektes,
  • Art des Vorhabens: Einzelvorhaben oder Verbundvorhaben mehrerer wissenschaftlicher Einrichtungen
  • Charakter der Vorhabenarbeiten: Längsschnittstudie, kontrastive Fallstudien, Interventionsstudien, Reanalysen von Datensätzen oder Sonstiges (bitte nennen, Mehrfachnennungen möglich)
  • Hauptansprechpartnerin/Hauptansprechpartner (nur eine Person), vollständige Dienstadresse,
  • ggf. (z. B. bei Verbünden) weitere Projektleiterinnen/ Projektleiter, vollständige Dienstadressen,
  • ausdrückliche Nennung der beteiligten Disziplinen (Verzicht auf Interdisziplinarität ist zu begründen)
  • beantragte Laufzeit, geplanter Beginn des Vorhabens,
  • detaillierter Gesamtfinanzierungsplan, ggf. (bei Verbünden) gegliedert nach den beteiligten Einrichtungen (jeweils Personalmittel, Sachmittel, ggf. weitere Positionen; Angaben pro Jahr und Gesamtsumme) sowie
  • Unterschrift der/des Hauptverantwortlichen für das Vorhaben und ggf. der beteiligten Projektleiterinnen/Projektleiter.
B. Beschreibung der Forschungsinhalte und weitere Erläuterungen zum Vorhaben
  1. Kurze Zusammenfassung (max. 1 Seite),
  2. Darstellung des nationalen und internationalen Forschungsstandes
  3. Fragestellung, Ziel(e)
  4. Theoretischer Zugang/analyseleitende Theorie(n)
  5. Interdisziplinarität:
    1. Aufzählung der am Projekt direkt beteiligten Disziplinen im engeren Sinne unter Nennung der konkreten Disziplin und verantwortlichen Beteiligten. Ein Verzicht auf Interdisziplinarität im engeren Sinne muss erläutert werden.
    2. Aufzählung weiterer vorgesehener wissenschaftlicher Kooperationen
  6. Arbeitsprogramm: Untersuchungsdesign mit Begründung der Methoden/Verfahren der Datenerhebung und -auswertung, Stichprobengröße, Ein- und Ausschlusskriterien; Durchführung der Untersuchung (Arbeits- und Zeitplan, Personalressourcen etc.); Erläuterung der beantragten Finanzpositionen / des Finanzierungsplans.
  7. Aussagen zur Nutzbarkeit der Forschungsergebnisse (Zielgruppen/potentielle Nutzer, Relevanz für Bildungspraxis und -politik, ggf. Disseminationsvorhaben, ggf. weitere Verwertungsstrategie);

Angaben, die nur bei gegebenem Antragsinhalt notwendig sind (innerhalb der oben angegebenen Gesamtseitenzahl):

  1. Stellungnahme zur Gewährleistung des Feld-/Datenzugangs
  2. Ggf. Kooperation zwischen den Projektpartner/-innen (ggf. zwischen den Verbundpartner/-innen wechselseitiger Mehrwert und kurze Beschreibung der Arbeitsteilung zwischen den Partnern)
  3. Bei Längsschnittstudien und anderen besonders begründeten Fällen mit zweiter Phase: Neben der genauen Beschreibung der ersten Förderphase von 3 Jahren ist ein Ausblick auf die zweite Förderphase - inklusive Finanzabschätzung zur zweiten Phase - erforderlich.
  4. Bei Promotionsvorhaben im Rahmen des Forschungsprojekts: Erläuterungen zur Einbindung des/der Promovierenden in den Forschungskontext sowie Verbindung der Projektarbeiten mit den Qualifizierungsarbeiten der Nachwuchswissenschaftler/innen, Arbeitstitel der Dissertation/en.
  5. Bei Workshops/Symposien etc.: Angaben zu Zielen, Thema, voraussichtliche Teilnehmerzahl, Referenten, Dauer etc.
  6. Ggf. Interessenbekundung zur Beantragung einer Koordinierungsstelle im Falle der Förderung des beantragten Projektes
C. Anlagen

0. CV der Projektleiterin/des Projektleiters und ggf. weiterer Projektbeteiligter,

1. Eigene Vorarbeiten der Projektleiterin/des Projektleiters und ggf. weiterer Projektbetreuer (Liste einschlägiger Forschungen und max. zehn einschlägige Publikationen der letzten fünf Jahre, laufende Drittmittelvorhaben mit Bezug zum geplanten Vorhaben (Titel, Förderer und Umfang)

2. Literaturverzeichnis
Vorhabenbeschreibungen, die diesen Anforderungen und dem oben genannten Gliederungsschema nicht genügen, können nicht berücksichtigt werden.
Der Antragsteller hat keinen Rechtsanspruch auf Rückgabe einer eingereichten Vorhabenbeschreibung

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In der zweiten Verfahrensstufe werden die Antragstellerinnen/Antragsteller bei positiv bewerteten Vorhabenbeschreibungen aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag/förmliche Förderanträge der Institution(en) vorzulegen, über den/die nach abschließender Prüfung entschieden wird.

Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems "easy" dringend empfohlen ( www.foerderportal.bund.de).

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Berlin, den 18. März.2010
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Bettina Bundszus