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Forschungsorganisationen wie das CERN (Europäische Organisation für Kernforschung) oder die ESO (Europäische Südsternwarte) betreiben Großgeräte wie den Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) und das Extremely Large Telescope (ELT). Dort arbeiten deutsche Forschungsgruppen gemeinsam mit unseren europäischen und globalen Partnern an den großen Fragen der Menschheit:
- Was sind die kleinsten Bausteine der Materie?
- Wie entstand das Universum?
Sie befassen sich außerdem mit den großen Herausforderungen unserer Zeit: So wird etwa an den Großforschungsanlagen European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) und Institut Laue-Langevin (ILL) an leistungsfähigeren Photovoltaikanlagen oder neuartiger Batterietechnologie geforscht.
Deutschland ist als größte Forschungsnation Europas einer der wichtigsten Gestalter der europäischen und internationalen Forschungslandschaft. Die aktive Beteiligung an internationalen Forschungsorganisationen der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung sichert uns eine starke Position im globalen Wettbewerb um neues Wissen und Innovationen.
Wissenschaftsdiplomatie zur Völkerverständigung
Der Gewinn bahnbrechender Erkenntnisse ist in der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung mit großem technischem und finanziellem Aufwand verbunden. Um die hohen Kosten zu schultern, kooperieren wir in internationalen Organisationen der Forschung gezielt mit unseren Partnernationen. Davon profitieren alle:
- Die finanziellen Lasten werden geteilt,
- vorhandenes Know-how wird effektiv eingebunden
- und der Erkenntnisgewinn kommt allen zugute.
Ein exzellentes Beispiel hierfür ist das CERN: In den 1950er Jahren war ein Gründungsgedanke die Länder Europas nach dem Zweiten Weltkrieg zusammenzubringen. Absicht war und ist es bis heute, auf friedlichem Weg die Grenzen des menschlichen Wissens zu erweitern. Die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung baut – wie auch Kunst und Kultur – Brücken zwischen Nationen. Überall auf der Welt wird an Großforschungszentren eine Kultur der internationalen Kooperation vorgelebt, um gemeinsame Ziele zu erreichen.
Spitzentechnologie für Wirtschaft und Gesellschaft
Die Forschung an Großgeräten – ebenso ihr Bau und Betrieb – lassen kontinuierlich neue Erkenntnisse und Technologien entstehen. Hiervon profitieren die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft auf vielfältige Weise: So kommen etwa Teilchenbeschleuniger in unterschiedlichen Bereichen der Medizin, Technik und Industrie (etwa zur Materialprüfung) zum Einsatz.
Die hohen Ansprüche der Teilchenphysik führen zudem zur anhaltenden Weiterentwicklung der Detektortechnologie. Bessere Detektoren ermöglichen auch in der Medizintechnik höhere Auflösungen. Das schafft die Voraussetzung für präzisere medizinische Diagnosen und maßgeschneiderte Behandlung.
Aber auch im Alltag profitiert die Gesellschaft von Grundlagenforschung: So werden am CERN optimierte Methoden zur Datenverarbeitung eingesetzt, um zum Beispiel Nachfragespitzen im Supermarkt vorauszusagen. Durch die Digitalisierung werden Logistikabläufe oder Arbeitsprozesse verbessert und die Vorratshaltung von Waren optimiert, was Abfall und Kosten reduziert.
Technologietreiber: Hightech-Aufträge für deutsche Unternehmen
Die Aufträge durch Bau, Betrieb und Weiterentwicklung von Großgeräten internationaler Forschungsorganisationen steigern Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft unserer Wirtschaft. Die benötigten Komponenten müssen Anforderungen an der Grenze des technisch Möglichen erfüllen. Sogenannte Deep-Tech-Komponenten werden daher oftmals von Forschungseinrichtungen und Unternehmen gemeinsam entwickelt. Entsprechende Aufträge bieten Unternehmen viele Chancen:
- für aktiven Wissenstransfer,
- den Ausbau der Technologieführerschaft
- und das Erschließen neuer Märkte.
Bereits über 1.000 deutsche Unternehmen haben von Aufträgen internationaler Forschungseinrichtungen profitiert.
Exzellente Nachwuchsausbildung
Die Herausforderungen an internationale Forschungseinrichtungen liegen in verschiedenen hochkomplexen Technologiefeldern. So werden Expertinnen und Experten unter anderem in Beschleunigerphysik, Data Science, Elektrotechnik oder Maschinenbau ausgebildet. Der Forschungsnachwuchs lernt hier, wie er wissenschaftliche und technologische Herausforderungen in internationalen und interdisziplinären Teams meistern kann. Die so gewonnen analytischen Fähigkeiten sind für eine erfolgreiche Karriere in Wissenschaft und Wirtschaft ein großes Plus. Denn der Klimawandel, die globale Gesundheit, der Umgang mit riesigen Datenmengen und künstlicher Intelligenz sind komplexe Herausforderungen, die nur gemeinsam bewältigt werden können und für die wir hochqualifizierte Fachleute benötigen.
Wie engagiert sich das BMBF in internationalen Organisationen?
Die internationalen Forschungsorganisationen und die von ihnen betriebenen Großgeräte, sogenannte Forschungsinfrastrukturen, sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Forschungslandschaft. Ihre experimentelle Leistungsfähigkeit schafft einzigartige Möglichkeiten und setzt internationale Maßstäbe.
Wir arbeiten gemeinsam mit internationalen – insbesondere mit europäischen – Partnern daran, diese Forschungsinfrastrukturen zu planen, zu bauen, zu betreiben und weiterzuentwickeln. So schaffen wir die Voraussetzungen für Exzellenz und Innovationskraft. Unsere Strategie hierbei ist langfristig angelegt. Die Zeiträume von der Planung bis zum Aufbau und beim Betrieb von Forschungsinfrastrukturen werden häufig in Jahrzehnten gemessen.
Auf europäischer Ebene engagieren wir uns zudem im Europäischen Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI). Indem wir uns finanziell an unterschiedlichen internationalen Forschungsorganisationen beteiligen, stärken wir unsere herausragende Rolle in der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung – und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Völkerverständigung und zur Ausbildung der nächsten Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Europäisches Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen ESFRI
In ESFRI sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Assoziierte Staaten und die Europäische Kommission vertreten. Sie arbeiten gemeinsam daran, Forschungsinfrastrukturen von gesamteuropäischem Interesse zu identifizieren, den Abstimmungsprozess zu ihrer Umsetzung zu erleichtern und strategische Perspektiven für die Entwicklung der europäischen Forschungsinfrastrukturlandschaft zu entwickeln.
ESFRI-Roadmap
Die ESFRI-Roadmap bündelt die wichtigsten Planungen von EU-Mitgliedstaaten und Assoziierten Staaten für gemeinsame Forschungsinfrastrukturen in Europa. Sie wird in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben, zuletzt mit der ESFRI Roadmap 2021. Die nächste Aktualisierung der ESFRI-Roadmap ist in Vorbereitung.
ESFRI-Vorhaben
Die ESFRI-Roadmap 2021 umfasst 22 ESFRI-Projekte, die sich in der Vorbereitungsphase befinden, und 41 ESFRI Landmarks, die bereits in Betrieb sind oder kurz vor Inbetriebnahme stehen. Deutschland ist an einem Großteil dieser Vorhaben beteiligt.
Zu den Vorhaben auf der ESFRI-Roadmap zählen Großgeräte wie Teilchenbeschleuniger oder Teleskope, aber auch über mehrere Standorte verteilte Forschungsinfrastrukturen, die beispielsweise Instrumente oder Wissensressourcen wie Datenbanken und Archive länderübergreifend vernetzen.
An welchen internationalen Forschungsorganisationen ist Deutschland beteiligt?
Europäische Organisation für Kernforschung CERN
Das CERN betreibt den Large Hadron Collider (LHC), den leistungsfähigsten Teilchenbeschleuniger, den Menschen jemals gebaut haben. Forschende gewinnen einzigartige Einblicke in die Welt der Elementarteilchen. Einerseits, um diese besser zu verstehen und anderseits, um in unbekannte Dimensionen vorzudringen: Auf der Suche nach rätselhaften Phänomenen wie der Dunklen Materie.
Europäische Südsternwarte ESO
Die ESO ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Mit ihren Teleskopen und Instrumenten schafft die ESO die Voraussetzungen für astronomische Spitzenforschung. Die modernen Forschungseinrichtungen der ESO ermöglichen es Astronomen und Astrophysikerinnen, an vorderster Front und unter optimalen Bedingungen Wissenschaft zu betreiben.
- European Southern Observatory (auf Englisch)
- ALMA – Blick hinter die Kulissen des Kosmos (auf fis-landschaft.de)
- ELT – Das größte Auge der Menschheit (auf fis-landschaft.de)
- VISTA – Durchmusterung des Nachthimmels (auf fis-landschaft.de)
- VLT – Juwel der europäischen Astronomie (auf fis-landschaft.de)
Europäischen Spallationsquelle ESS
Mit der Europäischen Spallationsquelle ESS in Lund beginnt eine neue Ära für die Neutronenforschung. Sie wird mit dem leistungsstärksten jemals gebauten Linearbeschleuniger für Protonen den weltweit intensivsten gepulsten Neutronenstrahl liefern. Damit eröffnet sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine breite Palette an neuen Forschungsmöglichkeiten, um zur Lösung der großen Herausforderungen in Bereichen wie Klimawandel, Energieversorgung, Medizin und Quantencomputing beizutragen.
- European Spallation Source (auf Englisch)
- ESS – Eine neue Ära für die Neutronenforschung (auf fis-landschaft.de)
European Synchrotron Radiation Facility ESRF
Mehr als vierzig Experimentierstationen bietet sie und rund neuntausend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen dort pro Jahr: Die European Synchrotron Radiation Facility ist das High-End-Instrument unter den europäischen Synchrotrons. Sie stellt den Forschenden die energiereichste Röntgenstrahlung an einem Synchrotron zur Verfügung. Nun wurde sie auf die neueste Generation modernisiert und bietet noch brillantere und fokussiertere Strahlung. Diese wird etwa zur Erforschung neuartiger Batterietechnologie oder zur 3D-Detailuntersuchung menschlicher Organe eingesetzt.
- The European Synchroton (auf Englisch)
- ESRF – Gigant unter Europas Synchrotrons (auf fis-landschaft.de)
Europäischer Freie-Elektronen-Laser European XFEL
27.000 Lichtblitze in der Sekunde und eine milliardenfach höhere Leuchtstärke als klassische Röntgenquellen – dies macht den Freie-Elektronen-Laser European XFEL einzigartig. Er ist Anziehungspunkt für Forschende weltweit, die mit dem intensiven Laserlicht winzigste Strukturen untersuchen, Extremzustände simulieren und Molekularfilme von ultraschnellen Reaktionen drehen. So gewinnen sie wichtige Erkenntnisse, beispielsweise für künftige Photovoltaikanlagen, Datenspeicher und Medikamente.
- European XFEL (auf www.xfel.eu)
- European XFEL – Ein Röntgenlaser der Superlative (auf fis-landschaft.de)
Facility for Antiproton and Ion Research FAIR
In Darmstadt entsteht in einer internationalen Zusammenarbeit das gigantische Teilchenbeschleuniger-Zentrum FAIR. Mit extrem intensiven Strahlen aus Antiprotonen und Ionen werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kleinste Teilchen erforschen und eine Vielzahl von Fragestellungen zum Aufbau der Materie und die Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute untersuchen. Damit ist FAIR sozusagen das Universum im Labor.
Institut Laue-Langevin ILL
Die hervorragende Infrastruktur des Institut Laue-Langevin (ILL) produziert Neutronen mit besonders hoher Intensität. Diese neutralen Teilchen sind Teil des Atomkerns und ermöglichen die Aufklärung von spannenden Phänomenen in Proteinen und den Werkstoffen der Zukunft. Spitzenforscherinnen und -forscher aus aller Welt nutzen das ILL, um Einblicke etwa in die Herstellung und Speicherung von Wasserstoff zu ermöglichen.
- Institut Laue Langevin – Neutrons for Society (auf Englisch)
- HFR – Mit Neutronen die Rätsel der Natur lösen (auf fis-landschaft.de)
Quiz
FrageFrage: 1von 6
Ohne das CERN würde das Internet genauso funktionieren.
Redaktionsschluss dieses Textes: 01.11.2024