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Die Zeit der datengetriebenen Medizin hat längst begonnen. So erfassen beispielsweise tragbare Sensoren die Vitaldaten herzschwacher Patientinnen und Patienten zuhause und übermitteln sie direkt an die behandelnde Klinik. Ärztinnen und Ärzte können so erste Anzeichen kritischer Entwicklungen frühzeitig erkennen, die Betroffenen besser behandeln und Krankenhauseinweisungen vorbeugen. Ebenso helfen intelligente Smartphone-Apps in akuten Notfällen – etwa auf Intensivstationen –, schnell die bestmöglichen Therapieentscheidungen zu treffen. Digitale Technologien wie diese verbessern die Gesundheitsversorgung.
Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Krankheiten
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erschließt mit seiner Förderung neue Potenziale in der datenbasierten Gesundheitsforschung. Hierfür werden fachübergreifend ausgebildete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Schnittstelle von Informationstechnik und Lebenswissenschaften benötigt. Deshalb fördert das BMBF gezielt den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Neue Möglichkeiten für Gesundheitsforschung
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Ob Genanalysen, Röntgen-Bilder oder digital dokumentierte Therapieverläufe: Daten aus Grundlagenforschung und klinischer Versorgung sind ein wertvoller Rohstoff der Wissenschaft. Mit ihren Analysen gewinnen Forscherinnen und Forscher aus den enormen Datenmengen immer tiefere Einblicke in die Entstehung von Krankheiten. Fachleute sprechen von Data Mining oder datenbasierter Gesundheitsforschung. Sie ermöglicht neue Erkenntnisse, mit deren Hilfe Ärztinnen und Ärzte Erkrankungen immer präziser diagnostizieren und wirkungsvoller bekämpfen können.
Insgesamt kann die computergestützte Analyse von digitalen Gesundheitsdaten die Forschung effizienter, präziser und schneller machen: Allein mit datengestützten Methoden können künftig viele Forschungsfragen beantwortet werden, bei denen heute noch Labor- und Tierversuche vonnöten sind. Auch können klinische Studien am Menschen besser abgesichert werden als bisher.
Die datenbasierte Gesundheitsforschung ist auch ein wichtiger Wegbereiter der personalisierten Medizin. Je besser Ärztinnen und Ärzte Daten analysieren können – auch mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) –, desto individueller können sie jede einzelne Patientin und jeden Patienten behandeln.
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>480
Millionen Euro investiert das BMBF in die Medizininformatik-Initiative.
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36
Unikliniken stellen bereits Behandlungsdaten für die Forschung bereit.
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Digitale FortschrittsHubs mit IT-Lösungen für die regionale Versorgung
Gesetzliche Rahmenbedingungen und Datenschutz
Umfassender Datenschutz und Datensicherheit sind unabdingbar, wenn es um sensible Bereiche wie die Gesundheit geht. Ohne eine freiwillige und explizite Einwilligung der Patientinnen und Patienten oder die Möglichkeit zu einem Widerspruch gegen die Datenverarbeitung wie etwa bei der elektronischen Patientenakte, dürfen Gesundheitsdaten nicht für Forschungszwecke genutzt werden. Die Einwilligung kann jederzeit geändert oder widerrufen werden.
BMBF-Förderung in der Systemmedizin
Das BMBF unterstützt die Digitalisierung in der Gesundheitsforschung mit großen Fördermaßnahmen. Seit 2013 hat es für die Förderung der Systemmedizin rund 285 Millionen Euro bereitgestellt. Sie befasst sich mit den vielfältigen Prozessen und Wechselwirkungen im Körper – von den Molekülen über die Zellen und Organe bis hin zur Psyche. Zusammen mit anderen Disziplinen analysiert sie wissenschaftlich erhobene Daten und modelliert Zusammenhänge, um beispielsweise Krankheitsmechanismen zu erkennen. Ein Beispiel: Wie Körperzellen haben auch Krebszellen eine innere Uhr, die ihre Vorgänge steuert. Mit moderner Langzeit-Hochdurchsatz-Mikroskopie können Forscherinnen und Forscher die Wirkung von Medikamenten in lebenden Krebszellen verfolgenden. Mithilfe von KI können sie den Zeitpunkt bestimmen, an dem die Krebszellen besonders empfindlich sind und die Gabe von Medikamenten besonders vielversprechend ist.
BMBF-Förderung für Entwicklung neuer KI-Methoden
Das BMBF fördert seit 2019 die Entwicklung neuer KI-Methoden in der lebenswissenschaftlichen Forschung, unter anderem mit der Fördermaßnahme Computational Life Sciences. Sie trägt dazu bei, innovative Softwarewerkzeuge zu entwickeln, mit denen sich Daten präziser analysieren lassen. So soll KI Fortschritte in der Prävention, Diagnose und Therapie von Krankheiten ermöglichen. Ein Forschungsfeld sind Postvirale Infektionssyndrome, also Erkrankungen, die nach einer akuten Viruserkrankung auftreten. Neben dem Erreger SARS-CoV-2 werden solche Folgeerkrankungen beispielsweise auch durch das Epstein-Barr-Virus oder Herpes-simplex ausgelöst. Mithilfe von KI erkennen Forscherinnen und Forscher Muster, die ohne sie nur schwer zu sehen oder zu deuten wären.
Computational Neuroscience
In der Computational Neuroscience wird erforscht, wie das menschliche Gehirn Informationen verarbeitet. Mit mathematischen Modellen und KI-Methoden lassen sich auf Grundlage experimenteller Daten neuronale Vorgänge am Computer simulieren, die wiederum experimentell überprüft werden. So können Hirnfunktionen Schritt für Schritt besser verstanden werfen. Von dieser Forschung profitieren auch innovative Technologien, zum Beispiel intelligente Prothesen. Auch können Computermodelle helfen, Fehlfunktionen des Gehirns und Krankheitsursachen zu entschlüsseln, Therapieansätze zu optimieren und virtuell zu erproben. Forscherinnen und Forscher aus den Neurowissenschaften, aus Medizin, Psychologie sowie Mathematik, Informatik, Physik und Ingenieurwissenschaften arbeiten hier eng zusammen.
Medizininformatik-Initiative
Die moderne Gesundheitsforschung braucht verlässliche Gesundheitsdaten. Deshalb fördert das BMBF die Medizininformatik-Initiative (MII).
Forschungsdatenportal für Gesundheit
An den universitätsmedizinischen Standorten in ganz Deutschland werden im Rahmen der Medizininformatik-Initiative Datenintegrationszentren aufgebaut, die Patientendaten und Bioproben aus der Gesundheitsversorgung datenschutzgerecht für die medizinische Forschung bereitstellen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können diese Daten über das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) für ihre Untersuchungen abrufen – nachdem geprüft wurde, ob das Projekt alle wissenschaftlichen, ethischen und datenschutzrechtlichen Standards erfüllt. Das Portal hilft aber nicht nur, die richtigen Daten für ein bestimmtes Projekt zu finden – es sorgt auch für öffentliche Transparenz, indem es interessierte Bürgerinnen und Bürger über alle laufenden Projekte informiert, in denen mit diesen Patientendaten geforscht wird.