Weg zur Praxis

Gute Forschung erfordert Geduld. Bis Ergebnisse in Kliniken, Praxen und Pflegeeinrichtungen ankommen, sind viele Schritte nötig. Die BMBF-Forschungsförderung hilft, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zügig zu Patientinnen und Patienten gelangen.

Chancen

  • Medizinische Neuerungen müssen anspruchsvolle Zulassungsverfahren durchlaufen, bevor der Mensch sie nutzen kann. Erkenntnisse etwa zu neuen Therapieverfahren müssen in sorgfältig geplanten Studien geprüft und wissenschaftlich abgesichert werden.
  • Das BMBF unterstützt den Transfer von Forschungsergebnissen in die Anwendung. Neben klinischen Studien fördert es den Strukturaufbau, die Wirkstoffforschung und die Qualifizierung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
  • Die BMBF-Forschungsförderung zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Zulassungsbehörden zu optimieren.

Blasenentzündung heißt automatisch Antibiotika-Behandlung? Das muss nicht unbedingt so sein. Bei unkomplizierten Infekten können pflanzliche Präparate aus Bärentraubenblättern eine gute Alternative darstellen. Mit ihnen lässt sich der Einsatz von Antibiotika um rund 64 Prozent reduzieren, so ein Projekt der Universitätsklinika Göttingen, Würzburg, Hannover und Jena. Aber welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit solche Erkenntnisse möglichst rasch in die Anwendung kommen? Welche Schritte sind nötig, damit Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen möglichst schnell profitieren?

Von der Erkenntnis in die Anwendung

Ziel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ist, neue wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Gesundheitsforschung zügig in die Praxis zu bringen. Der Prozess dauert oft Jahre, da dafür viele einzelne Schritte nötig sind. Voraussetzung ist, dass die Forschung den wissenschaftlichen Nutzen erbringt, die sogenannte Evidenz. Erst dann dürfen neue wissenschaftliche Erkenntnisse in der Praxis angewandt werden. Dieser Prozess wird auch Translation genannt – die Übersetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in konkretes medizinisches Handeln.

Kreislaufdarstellung mit Verlinkungen unter allen fünf Punkten: Grundlagenforschung, Präklinische Forschung, Klinische Forschung/ Klinische Studien, Versorgungsforschung/Public Health, Versorgungspraxis.

Translationskreislauf "Weg in die Praxis"

Kreislaufdarstellung mit Verlinkungen unter allen fünf Punkten: Grundlagenforschung, Präklinische Forschung, Klinische Forschung/ Klinische Studien, Versorgungsforschung/Public Health, Versorgungspraxis.
© | BMBF Translationskreislauf
© | BMBF Translationskreislauf

Wie erfolgt die Translation?

Zunächst muss die Frage beantwortet werden, ob wissenschaftliche Methoden richtig und nachvollziehbar angewendet wurden. Was sich beispielsweise im Reagenzglas bewährt, muss auch in Zellkulturen oder auch Tiermodellen funktionieren. Erst dann können erste Studien mit Patientinnen und Patienten erfolgen. Danach werden Prozesse oder Produkte bis zur Marktreife verbessert. Entspricht das Ergebnis den Anforderungen der Zulassungsbehörden, kann der Transfer in den Versorgungsalltag erfolgen.

BMBF fördert an verschiedenen Stellen der Translation

Das BMBF setzt mit seiner Forschungsförderung an mehreren Stellen des Translationsprozesses an. Hierzu zwei Beispiele:

  • Übergang von der biomedizinischen Forschung zu den ersten Studien mit Patientinnen und Patienten,
  • Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft im Pharmabereich, wozu das BMBF eine eigene Förderinitiative für die Wirkstoffforschung aufgelegt hat. 

Klinische Forschung als Brücke zum Versorgungsalltag

Das oberste Prinzip bei der Einführung neuer medizinischer Verfahren oder Produkte ist: Die Wirkung und Sicherheit für Patientinnen und Patienten muss nachgewiesen sein. Der klinischen Forschung kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. In klinischen Studien wird die Wirksamkeit einer Behandlung für die Patientinnen und Patienten belegt. Frühe klinische Studien beinhalten die erste Anwendung eines neuen Präventions-, Diagnose- oder Therapieverfahrens am Menschen. Geprüft werden die Sicherheit, die Verträglichkeit und die Dosierung beispielsweise von neuen Arzneimitteln. Anschließend werden weitere klinische Studien mit einer immer größeren Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt.

Förderschwerpunkt des BMBF zur klinischen Forschung

Das BMBF hat in seinem Förderschwerpunkt zu klinischen Studien in den vergangenen 20 Jahren mehr als 130 solcher Arbeiten gefördert – so wie auch mehr als 160 systematische Übersichtsarbeiten (Reviews).

Mit der Stärkung des Förderbereichs "frühe klinische Studien" möchte das BMBF erreichen, dass vielversprechende Ansätze aus der präklinischen Forschung künftig effizienter in die klinische Forschung einfließen. Um die Hürden an dieser Stelle der Transferkette zu überwinden, fördern wir beispielsweise innovative Therapieansätze (Immun- oder Zelltherapien) sowie die Nutzung bereits zugelassener Arzneimittel in neuen Einsatzgebieten.

Auch setzt die BMBF-Förderung an den weiteren Stufen der Translation an – der Grundlagenforschung, der Systemmedizin, der präklinischen Forschung oder auch der klinischen Forschung im Bereich Allgemeinmedizin.

Erforschung von Pathomechanismen

Trotz großer Fortschritte in der Medizin gibt es noch viele Erkrankungen, die bisher nur gelindert, aber nicht geheilt werden können, weil ihre Ursachen noch nicht ausreichend geklärt sind. Interdisziplinäre Forschungsverbünde suchen nach neuen Ansatzpunkten zur Prävention, Diagnose und Behandlung.
Richtlinie zur Förderung interdisziplinärer Verbünde zur Erforschung von Pathomechanismen

Präklinische konfirmatorische Studien

Die Gesundheitsversorgung benötigt neue Therapieverfahren sowie bessere und sichere Wirkstoffe für Arzneimittel. Damit diese sich in den klinischen Entwicklungsschritten als verlässlich erweisen, müssen die präklinischen Ergebnisse valide sein und durch Qualitätsstandards abgesichert werden.

Richtlinie zur Förderung von präklinischen konfirmatorischen Studien und systematischen Reviews

Klinische Studien

Frühe klinische Studien fungieren als Bindeglied in der Translation und erforschen Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit neuer Therapien. Spätere klinische Studien unterstützen den Transfer von Forschungserkenntnissen. Ihre Ergebnisse fließen in die Versorgung von Patientinnen und Patienten ein.

Frühe klinische Studien

Klinische Studien mit hoher Relevanz für die Patientenversorgung

Datengestützte Forschungsansätze

Die Systemmedizin untersucht das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren, die für Krankheiten verantwortlich sein können. Große Datenmengen werden dafür computergestützt analysiert, um bislang unbekannte Zusammenhänge aufzuspüren und daraus Therapieansätze abzuleiten.

Forschungskonsortien zur Systemmedizin

Praxisverändernde klinische Studien

Im Zuge der Nationalen Dekade gegen Krebs fördert das BMBF aufwändige Studien, die etablierte Strategien zur Prävention, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen vergleichen. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, den Versorgungsalltag zum Beispiel durch die Reduzierung von Nebenwirkungen zu verbessern.

Ambulante Forschungspraxen

Hausärztliche Praxen sind für viele Menschen die erste Anlaufstelle bei Krankheiten; dort fallen wertvolle Daten an. Um sie für die Gesundheitsforschung besser nutzen zu können, fördert das BMBF den Aufbau allgemeinmedizinischer Forschungspraxennetze und einer übergreifenden Koordinierungsstelle.

Aufbau einer Netzwerkstruktur für Forschungspraxen zur Stärkung der Allgemeinmedizin

Rahmenbedingungen der translationalen Forschung

Die präklinische Forschung ist auch auf Tierversuche angewiesen, die nur dann vertretbar sind, wenn sie auf das unerlässliche Maß beschränkt bleiben. Um Tierversuche in der Forschung oder Arzneimittelprüfung zu ersetzen, ihre Anzahl zu reduzieren oder die Belastung der Versuchstiere zu verringern, fördert das BMBF die Erforschung von Alternativmethoden zum Tierversuch. 

Klinische Studien unterliegen international festgelegten Vorgaben und gesetzlichen Regularien, mit dem Ziel, die Sicherheit und das Wohl von Patientinnen und Patienten in klinischen Studien sicherzustellen. Außerdem soll dadurch gewährleistet werden, dass die bei einer klinischen Studie erhobenen Daten glaubwürdig und verlässlich sind. Auch in der Förderung klinischer Studien durch das BMBF müssen diese Vorgaben der „Good Clinical Practice“ (GCP) zwingend eingehalten werden. 

Spitzenkräfte für die medizinische Forschung

Forschung und Versorgung müssen eng miteinander verknüpft werden, damit neue Erkenntnisse der Wissenschaft zügig bei Patientinnen und Patienten ankommen. Ärztinnen und Ärzte, die selbst auch in der Forschung aktiv sind, spielen im Zusammenspiel zwischen Forschung und Versorgung eine wichtige Rolle. Sie kennen sowohl die Besonderheiten von Krankheiten und Krankheitsverläufen als auch die Abläufe im Klinikalltag und können so die Forschung zu neuen Therapie- und Diagnosemöglichkeiten effizient voranbringen. Um diesen Medizinerinnen und Medizinern attraktive Karrierewege zu eröffnen, stärkt das BMBF die Rahmenbedingungen in der deutschen Universitätsmedizin. Mit Unterstützung des BMBF wurden dort besondere Programme für Fachärztinnen und Fachärzte etabliert, die sowohl in der Patientenversorgung als auch in der Wissenschaft tätig sind, den Advanced Clinician Scientists, kurz ACS.

  • 8

    Das BMBF fördert ACS-Programme an 8 universitären Standorten.

  • 88

    Damit sollen bis zu 88 ACS-Stellen dauerhaft geschaffen werden.

  • 10

    Die ACS-Programme werden bis zu zehn Jahre gefördert.

  • 92,6

    Die Gesamtfördersumme für die Programme beträgt bis zu 92,6 Millionen Euro.