Inhalt
Forschung hilft uns, die Welt zu verstehen und innovative Lösungsansätze für gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln. Dabei können Forscherinnen und Forscher von der aktiven Beteiligung der Zivilgesellschaft an wissenschaftlichen Prozessen, sprich Citizen Science, profitieren. Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn wird etwa durch eine verbesserte Datenlage unterstützt. Zudem wird die gesellschaftliche Relevanz von Forschung und die Aufgeschlossenheit gegenüber Innovationen durch die Einbindung der Praxis erhöht. Bürgerinnen und Bürger wiederum können durch einen Einblick in wissenschaftliche Arbeitsweisen ihre Wissenschaftsmündigkeit (Scientific Literacy) stärken und je nach Thema Bereiche ihrer Lebenswelt aktiv mitgestalten. Kurzum, Citizen Science kann als zukunftsweisender Ansatz eine innovative und exzellente Wissenschaft voranbringen.
Citizen-Science-Förderrichtlinien
Gesellschaftlichen Zusammenhalt verstehen, neue Erkenntnisse zu seltenen Erkrankungen untersuchen oder mit Drohnen-Aufnahmen aus der Arktis das Auftauen des Permafrostes analysieren. Das und noch viel mehr konnten Bürgerinnen und Bürger in 15 vom BMBF geförderten Citizen-Science-Projekten zusammen mit Forschenden sowie Partnerinnen und Partnern aus der Zivilgesellschaft beforschen (2021-2024; rund 9 Millionen Euro).
Erfahren Sie in der Broschüre Gemeinsam forschen! die Ergebnisse aus der zweiten Citizen-Science-Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2021-2024) mehr zu den Projekten und ihren Ergebnissen.
Hier stellen sich die Projekte selbst vor:
Projekte der zweiten Förderrichtlinie (2021-2024)
Be WIZZARD
In Be WIZZARD erforschten interessierte Bürgerinnen und Bürger Probleme, Ressourcen und Lösungen zur Langzeitpflege in einer ländlichen Region und leiteten daraus Empfehlungen für die Lokalpolitik ab.
CS:iDrop
Im Projekt CS:iDrop untersuchten Bochumer Bürgerinnen und Bürger ausgewählte chemische Parameter ihres Trinkwassers gemeinsam mit Forschenden und kommunalen Partnerinnen und Partnern.
IncluScience
Citizen Science soll inklusiv gedacht werden. Hierfür entwickelte das Projekt IncluScience die Wheelmap weiter und setzte sich für eine stärkere Ausrichtung von Citizen Science an Inklusionszielen ein.
IGAMon-Dog
Im Projekt IGAMon-Dog wurden Artenspürhundeteams ausgebildet und eingesetzt, um invasiv gebietsfremde Pflanzenarten zu erfassen.
FamGesund
In FamGesund wurden Bildungs- und Lernprozesse sowie Unterstützungsbedarfe von Familien erforscht, bei denen ein Elternteil körperlich schwerwiegend und chronisch erkrankt ist.
FLOW
Im FLOW-Projekt wurde ein bundesweites Fließgewässermonitoring mit Citizen Scientists aufgebaut.
GINGER
Im Projekt GINGER leisteten Citizen Scientists in unterschiedlichen Dialog- und Beteiligungsformaten einen Beitrag zum Verstehen des Phänomens Gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Gruß & Kuss
Im Projekt Gruß & Kuss erforschten und digitalisierten Bürgerinnen und Bürger gemeinsam Liebesbriefe aus dem Liebesbriefarchiv.
Mein Ding
Im Projekt Mein Ding wurde untersucht, ob und inwieweit Maßnahmen zum Dokumentieren, Reflektieren und Reduzieren von materiellem Besitz dazu beitragen können, den eigenen Besitz langfristig zu reduzieren und Neuanschaffungen zu vermeiden.
MigOst
Das Projekt MigOst machte vielfältige Lebensgeschichten in Ostdeutschland sichtbar. Aus einer Alltagsperspektive wurden Erfahrungen von Menschen mit Migrationsgeschichte zu Zeiten der DDR über die Wiedervereinigung bis in die Gegenwart thematisiert.
Pflanze KlimaKultur!
Im Projekt Pflanze KlimaKultur! erforschten Citizen Scientists die Phänologie von Pflanzen und entwickelten dabei lokal umsetzbare Ansätze zur biodiversitätsfreundlichen und klimaresilienten Gestaltung urbaner Grünflächen.
SelEe
Betroffene von Seltenen Erkrankungen sind oft Expertinnen und Experten ihrer Erkrankung. Im Projekt SelEe wurde diese Expertise mit Hilfe eines Citizen-Science-Ansatzes genutzt.
Social Media History
Das Projekt SocialMediaHistory untersuchte, wie Geschichte auf Instagram und TikTok produziert, dargestellt und wahrgenommen wird – und auch, welche Themen und Akteurinnen und Akteure dabei außen vor bleiben.
Undercover Eisagenten
Im Projekt UndercoverEisAgenten sammelten junge Citizen Scientists in Nordwest-Kanada mit Hilfe von Drohnen hochauflösende Luftaufnahmen der Arktischen Erdoberfläche, während Schülerinnen und Schüler in Deutschland die Bilder per Web-App auswerteten.
Wohnqualität
Das Projekt C/O___ untersuchte die Wohnrealitäten junger Menschen in Berlin Neu-Hohenschönhausen.
Diese zweite Citizen-Science Förderrichtlinie wird neben der ersten Förderrichtlinie und anderen Förderaktivitäten des BMBF im Bereich Citizen Science begleitend extern bis 2025 evaluiert.
In zwei Förderrichtlinien hat das BMBF insgesamt 28 Citizen-Science-Projekte gefördert. Zu vielfältigen Themen hat sich die Gesellschaft daran beteiligt: von Jugendlichen, Seniorinnen und Senioren über interessierte Bürgerinnen und Bürgern hin zu unmittelbar Betroffenen.
Die Initiative Plastic Pirates - Go Europe! untersucht im Auftrag der EU-Kommission die Verschmutzung durch Plastikmüll an und in europäischen Flüssen, Ozeanen und Meeren. Auf Basis eines Citizen-Science-Ansatzes sammeln Schulklassen und Jugendgruppen aus ganz Europa Plastikproben an den Ufern und erheben Daten, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ausgewertet werden. Die Kampagne der Plastikpiraten wurde im Rahmen des deutschen Wissenschaftsjahres Meere und Ozeane 2016 ins Leben gerufen und wird weiterhin vom BMBF gefördert. Die Plastikpiraten sind inzwischen in vielen europäischen Ländern aktiv.
Gesellschaftliche Beteiligung in Citizen-Science-Projekten
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18800
Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich in den 28 Projekten
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26
Stunden beteiligten sich Bürgerinnen und Bürger pro Durchschnitt im Projekt
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89
Prozent der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürgern vertrauen Wissenschaft
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90
Prozent der Bürgerinnen und Bürger würden wieder an einem Citizen-Science-Projekt teilnehmen.
Strukturen, Vernetzung und Kompetenzaufbau
Sind Sie neugierig geworden, selbst an einem Citizen-Science-Projekt mitzuwirken? Auf der Plattform mit:forschen! Gemeinsam Wissen schaffen können Sie sich über laufende Citizen-Science-Projekte informieren. Sie bietet zudem Weiterbildungen an und leistet wichtige Arbeit in der Vernetzung innerhalb Citizen-Science-Community, national und auch international. Seit 2013 wird die durch das Museum für Naturkunde Berlin und Wissenschaft im Dialog betriebene Plattform vom BMBF gefördert. In 2023 verlieh die Plattform erstmalig den Wissen der Vielen – Forschungspreis für Citizen Science. Prämiert werden Forschende, die besonders exzellente und innovative Forschungsarbeiten durch die Anwendung des Citizen-Science-Ansatzes hervorgebracht und veröffentlicht haben.
Neben mit:forschen! existieren auch Netzwerke an außeruniversitären Forschungseinrichtungen, etwa Citizen Science@Helmholtz und der Leibniz-Arbeitskreis Citizen Science, oder Anlaufstellen an Universitäten, wie die Stabsstelle Bürgeruniversität der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Auch der strategische Dialog zur Erarbeitung des Weißbuchs Citizen-Science-Strategie 2030 für Deutschland (2022) und des Grünbuchs Citizen-Science-Strategie 2020 für Deutschland wurde vom BMBF unterstützt.
Leitfäden
Der vom Museum für Naturkunde Berlin entwickelte Leitfaden für rechtliche Fragen in Citizen-Science-Projekten gibt einen Überblick der relevanten rechtlichen Fragestellungen in der Planung und Durchführung von Citizen-Science-Projekten, speziell zu den Themen Versicherungsschutz, Datenschutz und Urheberrecht.
Der Praxisleitfaden Gemeinsam. Lokal. Forschen. Einblicke, Tipps und Praxisbeispiele aus dem Wettbewerb Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt, liefert Empfehlungen zum Netzwerkaufbau und Erhalt von Kooperationen, zur Finanzierung und strategischen Planung. Umgesetzt wurde der Wettbewerb vom Museum für Naturkunde Berlin und Wissenschaft im Dialog.
Der Leitfaden Datenmanagementpläne in Citizen-Science-Projekten liefert eine schrittweise Anleitung zur Anwendung des Datenmanagementplan-Tools für Citizen-Science-Projekte. Datenmanagementpläne helfen dabei die Erstellung, Verarbeitung, Sicherung und Veröffentlichung von Forschungsdaten zu definieren und zu dokumentieren. Sie sind damit ein wichtiger Schritt hinzu gutem Forschungsdatenmanagement in partizipativen Projekten.
Redaktionsschluss dieses Textes: 01.11.2024