Nukleare Sicherheits- und Strahlenforschung

Umwelt und Gesellschaft

Aussteigen und trotzdem am Ball bleiben: Warum die Nukleare Sicherheits- und Strahlenforschung für Deutschland trotz Atomausstieg von steigender Bedeutung ist.

Chancen

  • Die Sicherheit der nuklearen Entsorgung ist vor allem nach dem Kernenergieausstieg wichtig, um die Wechselwirkungen und die Verteilung von Radionukliden in der Natur zu verstehen.
  • Im atomaren Störfall muss auch Deutschland wissen, was zu tun ist: Deutschland benötigt nach wie vor Kompetenz über die Sicherheit von Reaktoren.
  • In der Medizin kann Forschung zu einer optimierten Strahlentherapie und -schutz bei Krebserkrankungen beitragen.
  • Wenn wir Strahlen besser verstehen, können wir Strahlenschäden am Erbgut des Menschen charakterisieren und effektiver behandeln.

Wir brauchen die nukleare Sicherheits- und Strahlenforschung auch nach dem Atomausstieg: Richtig eingesetzt kann Strahlung zum Beispiel im Bereich der Krebstherapie oder medizinischen Diagnostik das Leben vieler Menschen verbessern.

Auch für die Risikobewertung und den Schutz vor Strahlung, beispielsweise bei Flugreisen oder für medizinisches Personal, braucht es weiterhin engagierte Forschung. Außerdem müssen die nuklearen Abfälle auf sichere Weise entsorgt werden.

Kompetenzerhalt trotz Atomausstieg 

Der nuklearen Sicherheits- und Strahlenforschung in Deutschland kam jahrzehntelang eine Vorreiterrolle im internationalen Vergleich zu. Ab den 1990er Jahren waren die Forschungsmittel dazu rückläufig und die Wiederbesetzung von Lehrstühlen teilweise schwierig. Doch Deutschland braucht trotz Atomausstiegs Expertinnen und Experten, die die internationalen Entwicklungen beobachten und im Ernstfall reagieren können. Um dem Kompetenzverlust entgegenzuwirken, entwickelten das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukelare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) 2008 das Programm zur Nuklearen Sicherheits- und Strahlenforschung.

Bis Mitte 2024 konnten insgesamt rund 340 Forschungsvorhaben mit rund 240 Millionen Euro durch das BMBF gefördert werden. Mit Hilfe dieser Fördermaßnahmen wurden mehr als 320 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Doktoranden oder weiterführende Postdoktoranden an das wichtige Gebiet der Nukleare Sicherheits- und Strahlenforschung herangeführt. Auch weiterhin liegt das Hauptziel des BMBF in der Nachwuchsförderung.

Wie gelange ich zur Förderung?

Von der Projektidee zur Förderung: Die folgen Schritte sollen Ihnen einen ersten Einblick in den Ablauf der Projektförderung im Bereich der Nukleare Sicherheits- und Strahlenforschung geben. Im Bereich der Nukleare Sicherheits- und Strahlenforschung findet ein zweistufiger Prozess mit Skizzen- und Antragsverfahren statt.

  1. Projektidee und Forschungsfragen

    1.

    In einem ersten Schritt steht Ihnen der Projektträger Karlsruhe (PTKA) für eine Beratung bezüglich der Relevanz von Projektideen für das Förderkonzept, den formalen Anforderungen für die Begutachtung und der Finanzierung zur Verfügung: www.ptka.kit.edu

    E-Mail: E-Mail: Nachricht schreiben

  2. Skizzenerstellung und Einreichung

    2.

    Entsprechend den Anforderungen in der Förderrichtlinie können Sie Ihre Projektidee in einer Skizze darstellen. Für Hinweise und Beratung zur Skizzenerstellung wenden Sie sich bitte an den Projektträger. Die Einreichung der Skizze erfolgt über das Portal Easy-online. Diese bildet die Grundlage für die fachliche Begutachtung des Projektes im nächsten Schritt.

  3. Fachliche Begutachtung durch den Expertenkreis

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    Die fachliche Begutachtung erfolgt durch einen unabhängigen Gutachterkreis. Positiv bewertet werden neben fachlichen Aspekten besonders Maßnahmen zur Nachwuchsförderung (insbesondere Promotionen, aber auch Bachelor- und Masterarbeiten), Konsortien aus Universitäten beziehungsweise außeruniversitären Forschungseinrichtungen gemeinsam mit Industriepartnern sowie die Einbindung internationaler, assoziierter Partner.

  4. Antragstellung und Bewilligung

    4.

    Wird bei einer positiven fachlichen Bewertung vom BMBF die Förderentscheidung getroffen, kann der formale Antrag eingereicht werden. Antragsberechtigt sind Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, die zum Zeitpunkt der Auszahlung einer gewährten Zuwendung eine Betriebsstätte oder Niederlassung in Deutschland haben.

Rückbauforschung

(Anfang)

Der Rückbau kerntechnischer Anlagen ist eine Aufgabe, die noch lange Zeit bestehen wird.  Dabei steht die Industrie vor immer neuen Herausforderungen. Das BMBF stellt Fördermittel bereit, um dafür innovative Lösungen im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie zu finden. Mehr über die Rückbauforschung

KERNthemen

Im Bereich der Nuklearen Sicherheits- und Strahlenforschung gibt es seit 2023 im angedacht zweijährigen Rhythmus die Veranstaltung KERNthemen. Das BMBF bringt hier die Akteure der laufenden Projekte, den wissenschaftlichen Nachwuchs und die interessierte Fachgemeinschaft zum interdisziplinären Austausch zusammen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist Strahlenforschung?

Von der Radioökologie über die Strahlenphysik bis hin zur Strahlenbiologie und Strahlenepidemiologie: Die Strahlenforschung umfasst ein breites Themenspektrum. Sie befasst sich mit gesellschaftlich wichtigen und wissenschaftlich anspruchsvollen Themen mit hohem Forschungsbedarf. So steigt etwa der Bedarf an wissenschaftlichen Erkenntnissen zu medizinischen Anwendungen von Strahlung und an entsprechendem Fachpersonal nach wie vor stark an.

Was ist Reaktorsicherheitsforschung?

Durch den deutschen Weg des Atomausstiegs liegt der Schwerpunkt auf dem Kompetenzerhalt und dem Strahlenschutz beim Rückbau der kerntechnischen Anlagen sowie der Beobachtung internationaler Entwicklungen. Dies ist notwendig, damit auch in Deutschland im Ernstfall gut ausgebildete Experten zu Rate gezogen werden können. Die Förderung des BMBF umfasst beispielsweise Projekte, die mit Simulationen und Modellierungen arbeiten.

Weitere Forschungsthemen können sich auf folgende Forschungsgebiete beziehen:

  • Sicherheitsaspekte im Nachbetrieb und während der Stilllegung von Kernkraftwerken,
  • Sicherheitskonzeption und Betrachtung möglicher Störfälle beziehungsweise Auswirkungen,
  • Kernmaterialüberwachung sowie
  • innovative Werkstoffe, Fertigungs- und Prüfverfahren.

Insbesondere gilt es hier, neue wissensbasierte Entscheidungssysteme und Künstliche Intelligenz für die Forschungsarbeiten zu nutzen und sinnvoll in den verschiedenen Technologien zum Einsatz zu bringen.

Was ist Entsorgungsforschung?

Die abgebrannten Brennelemente nach der Kernenergie enthalten nach wie vor radioaktives Material. Neben Plutonium und Uran können Transurane und diverse Spaltprodukte enthalten sein. Derzeit wird in Deutschland eine Endlagerung angestrebt, wobei ein Eintrag der radioaktiven Verbindungen in die Biosphäre zum Schutz von Mensch und Umwelt vermieden werden soll. Das BMBF fördert die Forschung zur Behandlung hochradioaktiver Abfälle. Gefördert werden Fragestellungen zur Langzeitsicherheit von Behälterwerkstoffen, Messtechniken zur Charakterisierung radioaktiver Abfälle, Modellierung geochemischer Prozesse, zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz und zur innovativen Abfallbehandlung- und -konditionierung – vorrangig mit dem Ziel, die radioaktive Last zu reduzieren.

Redaktionsschluss dieses Textes: 01.11.2024