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Warum brauchen wir Rückbauforschung?
Mit der Abschaltung der letzten drei deutschen Kernkraftwerke am 15. April 2023 ist der Ausstieg Deutschlands aus der Stromerzeugung durch Kernenergie vollzogen. Die außer Dienst gestellten Anlagen müssen nun sicher, verantwortungsvoll und umweltverträglich stillgelegt, rückgebaut und die dabei anfallenden Abfälle entsorgt werden.
Für die nächsten Jahre und Jahrzehnte stehen herausfordernde Aufgaben an:
- Stilllegungs- und Rückbauarbeiten der abgeschalteten Kernkraftwerke
- parallele Fortsetzung des Rückbaus der stillgelegten kerntechnischen Pilot- und Versuchsanlagen
- Entsorgung der anfallenden radioaktiven Abfälle
Deutschland nimmt international eine Spitzenposition im kerntechnischen Rückbau ein und kann daher von einem soliden Fundament an Erfahrungen profitieren. Dieses gilt es zu erhalten und weiter auszubauen. Neben neuartigen technologischen Lösungen bedarf es dazu des Ausbaus spezifischer Fachkompetenzen und der Ausbildung dafür benötigter Fachkräfte.
Forschung für den Rückbau
So fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Forschung für den Rückbau kerntechnischer Anlagen:
- Im Rahmen der Rückbauforschung fördert das BMBF Forschungsprojekte bei Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Dafür stehen aktuell (Stand 2024) insgesamt etwa acht Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Ein spezieller Fokus liegt auf der Förderung der Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und der Industrie, um innovative Lösungen direkt in die wirtschaftliche Umsetzung zu bringen.
- Die in FORKA (Forschung für den Rückbau kerntechnischer Anlagen) geförderten Forschungsfelder sind vielseitig und interdisziplinär. Im Feedback mit der Forschungslandschaft und Industriepartnern werden die Forschungsthemen in Strategieseminaren und Evaluierungen laufend aktualisiert, damit FORKA die aktuellen Entwicklungsbedarfe abbildet. Geforscht wird zu den Themen:
Zerlege- und Dekontaminationsverfahren
Weiterentwicklung und Optimierung bestehender Zerlege- und Dekontaminationsverfahren hinsichtlich Automatisierung, erhöhter Sicherheit, Robustheit und Wirtschaftlichkeit, Minimierung radioaktiver Sekundärabfälle sowie Entwicklung kurzfristig verfügbarer Lösungen für konkrete Problemstellungen
Freigabeverfahren und konventionelle Entsorgungswege
Entwicklung und Optimierung von Verfahren zur Freigabe der beim Rückbau kerntechnischer Anlagen anfallenden Reststoffe: vereinfachte beziehungsweise automatisierte Freimessung, digitale Erfassung und -darstellung von Raum-/Gebäudestrukturen und radiologischer Daten, Standardisierung, Kosten- und Abfallminimierung
Behandlung radioaktiver Abfälle
Entwicklung von Verfahren zur Reduzierung radioaktiver Abfälle unter Berücksichtigung der Endlagerkriterien, zur endlagergerechten Konditionierung problematischer (Alt-)Abfälle, zur Automatisierung von Konditionierungsprozessen, zum Recycling wertvoller Materialien und Komponenten
Abfalldeklaration und Zwischenlagerung
Entwicklung und Automatisierung von Verfahren für die zerstörungsfreie, stoffliche und radiologische Deklaration bzw. Analyse von (Alt)-Abfällen und die Charakterisierung langlebiger, schwer messbarer Aktivierungsprodukte sowie Themen der Zwischenlagerung und der Transportlogistik
Umwelt- und Strahlenschutz
Entwicklung von Verfahren zur Standortsanierung (zum Beispiel Phytoremediation), zur Charakterisierung, Handhabung und Aufbereitung kontaminierter Materialien und Medien sowie Materialentwicklung für Schutzanzüge (zertifiziert für verschiedene Bereiche)
Mensch, Technik und Organisation
Entwicklungen zur Digitalisierung, Standardisierung und Prozessoptimierung, zum Erhalt und Weiterentwicklung der Sicherheitskultur, der Planungsinstrumente und (digitaler) Hardware sowie zum Wissensmanagement und Ausbildung.
Bei FORKA stehen insbesondere die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler im Vordergrund. So werden in FORKA-Projekten laufend rund 50 Doktorandinnen und Doktoranden beschäftigt. Exzellente Postdocs können sich auf die Förderung einer eigenen Nachwuchsgruppe bewerben, die ein Sprungbrett für eine wissenschaftliche Hochschulkarriere sein kann.
Als weitere Maßnahme zur Förderung der Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung ermöglicht FORKAStart Postdocs im direkten Anschluss an die Promotion, ein eigenes Forschungsvorhaben mit Bezug zum Rückbau kerntechnischer Anlagen selbständig zu leiten. Durch die Betreuung von Abschlussarbeiten und Beteiligung an Lehrangeboten können junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen so erste Führungserfahrungen sammeln und Studierende früh für das Thema Rückbau begeistern.
Das Netzwerk im Rückbau stärken
Durch die Aufnahme in die FORKA-Förderung haben die Akteure Zugriff auf ein großes Netz an nationalen und internationalen Kooperationspartnern. Diese Kontakte werden regelmäßig auf Tagungen und Seminaren gepflegt. Zusätzlich dazu veranstaltet das BMBF für die FORKA-Community regelmäßig Statusseminare und Nachwuchsworkshops speziell für die jungen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.
Auch im Rahmen des Euratom-Programmes stehen Fördermittel für Stilllegungs- und Rückbauforschung zur Verfügung. Die Nationale Fachkontaktstelle (NKS) Rückbau ist hierfür der direkte Ansprechpartner und berät unter anderem zu aktuellen Ausschreibungen, Fördervoraussetzungen, zur Einordnung von Ideen und Einreichung von Anträgen sowie im Einzelfall zu einer etwaigen nationalen Kofinanzierung für nur anteilig geförderte EU-Projekte.
Weitergehende Informationen und die Kontaktmöglichkeiten: Nationale Kontaktstelle Rückbau NKS, Euratom (grs.de)
Hinweise zur Einreichung von Projektskizzen
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Prüfung der Relevanz
1.
In einem ersten Schritt steht Ihnen der Projektträger GRS für eine Beratung zur Relevanz von Projektideen für das Förderkonzept, den formalen Anforderungen für die Begutachtung und der Finanzierung zur Verfügung:
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Projektskizze
2.
Entsprechend den Anforderungen in der Förderrichtlinie können Sie Ihre Projektidee in einer Skizze darstellen. Für Hinweise und Beratung zur Skizzenerstellung wenden Sie sich bitte an den Projektträger. Die Einreichung der Skizze erfolgt über das Portal Easy-online. Diese bildet die Grundlage für die fachliche Begutachtung des Projektes im nächsten Schritt.
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Fachliche Begutachtung
3.
Die fachliche Begutachtung erfolgt circa im halbjährlichen Rhythmus durch einen unabhängigen Gutachterkreis. Positiv bewertet werden neben fachlichen Aspekten besonders Maßnahmen zur Nachwuchsförderung (insbesondere Promotionen aber auch Bachelor- und Masterarbeiten), Konsortien aus Universitäten beziehungsweise außeruniversitären Forschungseinrichtungen gemeinsam mit Industriepartnern sowie die Einbindung internationaler, assoziierter Partner.
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Antragstellung
4.
Wird bei einer positiven fachlichen Bewertung vom BMBF die Förderentscheidung getroffen, kann der formale Antrag eingereicht werden. Antragsberechtigt sind Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, die zum Zeitpunkt der Auszahlung einer gewährten Zuwendung eine Betriebsstätte oder Niederlassung in Deutschland haben.