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Quantensysteme: Zukunftstechnologien für Innovation und Fortschritt : Datum: , Thema: Forschung

Ob Hochleistungsrechner, leistungsstarke Sensoren oder abhörsichere Kommunikation: Wer die Quantenwelt und das Licht beherrscht, kann die Welt verändern. Das BMBF fördert Quantentechnologien und Photonik, um selbstbestimmt die Zukunft zu gestalten.

Ionenfalle für eine Atomuhr höchster Genauigkeit, die mit einem Laser ausgelesen wird. © Physikalisch-Technische Bundesanstalt

Unsere Welt ist eine Quantenwelt, in der auf der Ebene der Atome und ihrer Bestandteile die Regeln der Quantenmechanik gelten. Das sind eigenartige Regeln, die unserem Alltagsverständnis in manchen Punkten zu widersprechen scheinen: So kann etwa ein Teilchen gleichzeitig in mehreren (Quanten-) Zuständen existieren. Ein Beispiel: Während normale Computer, Smartphones & Co. entweder mit Nullen oder Einsen rechnen, kann ein Quantencomputer beide Zustände gleichzeitig annehmen. Das ermöglicht Berechnungen in Bruchteilen von Sekunden, für die ein klassischer Computer tausende Jahre brauchen würde.

Quantencomputer sind nur ein Beispiel, welche technologischen Sprünge die Beherrschung der Quantenwelt und des Lichts ermöglichen. Weitere Bereich sind Quanten-Kommunikation, -Sensorik, -Messtechnik, -Materialien und -Simulation. Der Schlüssel dafür sind Quantentechnologien und die Photonik („Lehre von Lichtteilchen“). Beide Zukunftstechnologien fasst das Bundesforschungsministerium unter dem Begriff Quantensysteme zusammen. Mit dem im Juni 2022 veröffentlichten Forschungsprogramm „Quantensysteme – Spitzentechnologie entwickeln. Zukunft gestalten.“ bündelt das BMBF nun erstmals die beiden Zukunftsthemen unter einem gemeinsamen Dach. Das Programm bildet den strategischen Rahmen für die Forschungsförderung des BMBF in dem Themenfeld in den nächsten zehn Jahren.

Aufbruch in ein Innovationsjahrzehnt für die Quantensysteme

Die Mission hinter dem Programm ist ehrgeizig: Deutschland und Europa sollen in den nächsten zehn Jahren im Quantencomputing und in der Quantensensorik in die Weltspitze aufsteigen. So will das BMBF die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in den Quantensystemen ausbauen. Gleichzeitig gilt es, durch Spitzentechnologien made in Germany die technologische Souveränität Deutschlands und Europas zu sichern. Das bedeutet: Die europäische Wertegemeinschaft legt gemeinsam fest, welcher technologische Wandel für Wirtschaft und Gesellschaft erstrebenswert ist. Abhängigkeiten von Ländern, die nicht die europäischen Werte teilen, darf es nicht geben.

Das Programm basiert auf den Erkenntnissen der Agenda Quantensysteme 2030, in der über 300 Fachleute aus Wissenschaft und Industrie die Forschungsbedarfe und Herausforderungen der nächsten Jahre zusammengetragen haben. Bis Anfang 2022 wurden beide Zukunftsfelder durch das BMBF-Programm „Photonik Forschung Deutschland“ und das Programm der Bundesregierung „Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt“ gefördert.

Was sind Quantensysteme?

Photonik und Quantentechnologien sind technologisch eng verwandt. Erst seit wenigen Jahren sind die Kontrolle und Manipulation einzelner Quantenzustände außerhalb hochkomplexer Laboraufbauten überhaupt möglich. Photonische Technologien wie Quellen für einzelne Photonen, Detektoren oder hochintegrierte photonische Bauelemente wie photonisch integrierte Schaltkreise sind hier Wegbereiter. Die Photonik ist eine zentrale Basistechnologie für die Quantentechnologien. In Ansätzen wie der Quantenbildgebung oder beim photonischen Quantencomputing wird sie selbst zur Quantentechnologie.

Handlungsfelder des Forschungsprogramms

Handlungsfeld I: Technologische Grenzen verschieben – Quantensysteme erforschen und weiterentwickeln

Um die vielfältigen Möglichkeiten der Quantensysteme für Wirtschaft und Gesellschaft nutzen zu können, müssen zahlreiche wissenschaftliche und technologische Herausforderungen gemeistert werden. Es gilt, sowohl die wichtigen Basistechnologien zu beherrschen als auch neue Möglichkeiten für die wirtschaftliche Realisierung praxistauglicher Quantensysteme zu schaffen.

Handlungsfeld II: Quantensysteme in die Anwendung bringen – Lösungen für Wirtschaft und Gesellschaft vorantreiben

Die Erforschung von Quantensystemen eröffnet völlig neue Perspektiven für die Lösung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen. Das Spektrum reicht von leistungsfähigeren Komponenten für die vernetzte Welt über innovative Werkzeuge für die Produktion oder die Bekämpfung von Krankheiten bis hin zu Lösungen für die nachhaltige Energieerzeugung, einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen sowie den Klimaschutz.

Handlungsfeld III: Ökosysteme gestalten – Neue Innovationsketten schaffen, die besten Köpfe gewinnen, die Menschen mitnehmen

Das Potenzial der Quantensysteme ergibt sich aus der Überführung der grundlegenden Quantenphysik in neue industrielle oder gesellschaftliche Anwendungen. Dafür müssen zahlreiche Forschungsfelder wie die Physik, Mathematik, Informatik, Chemie, Medizin und Ingenieurwissenschaften zusammenarbeiten. Ebenso müssen sich Unternehmen mit Hochschulen bzw. Forschungseinrichtungen vernetzen.

Schwerpunkte der Forschung und Entwicklung in Deutschland

Quantencomputer

Im Unterschied zu den Bits von Digitalrechnern sind die kleinsten Recheneinheiten der Quantencomputer, die „Quantum Bits“ (Qubits), in der Lage, sich untereinander nach speziellen Gesetzmäßigkeiten der Quantenmechanik zu verbinden und damit einen wesentlich komplexeren Gesamtzustand anzunehmen. Die Realisierung von Quantenrechnern und -simulatoren ist jedoch mit außerordentlichen Herausforderungen verbunden. Derzeit werden daher noch sehr unterschiedliche Hardware-Plattformen und Architekturen für Quantencomputer diskutiert.

Quantenkommunikation

Ein zentrales Thema der Quantenkommunikation ist die Sicherheit des Datentransfers. Bei der Quantenkryptografie oder Quantenschlüsselverteilung erzeugt man den Schlüssel zu einer geheimen Information auf Basis von einzelnen Quantenzuständen. Im Unterschied zu gebräuchlichen kryptographischen Verfahren beruht die Sicherheit hier auf einem physikalischen Naturgesetz und nicht auf einem mathematischen Prinzip. Damit werden erstmals Kommunikationsverbindungen möglich, deren Sicherheit physikalisch basiert und nicht lediglich mathematisch berechnet ist.

Quantenbasierte Messtechnik

Quantenzustände sind gegenüber Umwelteinflüssen sehr fragil. Dies bietet eine hohe technische Messempfindlichkeit. Mit Quantensystemen lassen sich daher physikalische Größen wie Druck, Temperatur, Position, Zeit, Geschwindigkeit, Beschleunigung, elektrische und magnetische Felder oder Gravitation extrem präzise messen. Atomuhren auf der Basis atomarer Quantenzustände dienen bereits seit Jahrzehnten als Zeitreferenz für Präzisionsmessungen, wie beispielsweise im Rahmen des europäischen Galileo-Navigationssystems oder des Global Positioning Systems (GPS) zur Navigation.

Basistechnologien für Quantensysteme

Aktuell werden in Deutschland Investitionen in einem Umfang von ca. 100 bis 150 Mio. Euro im Jahr für Laborausstattung im Bereich der Quantentechnologien getätigt. In den letzten Jahren entstand in Deutschland überwiegend aus der universitären Grundlagenforschung heraus bereits eine Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, die in diesem speziellen, meist auf hochspezialisierte Kleinserien ausgerichteten, internationalen Markt erfolgreich tätig sind.